"Ich komme wieder": Abschiebe-Doku in ARD zeigt das deutsche Migrationsdilemma

„Mir geht es schlecht, ganz schlecht“, sagt der Mann in der schwarzen, dicken Daunenjacke. „Sie haben mich von meinem Kind getrennt. Beschissen geht es mir. Ich bin seit 20 Jahren in Deutschland.“ 

Das Gesicht des Mannes ist in der Doku des ARD-Senders HR ("Mittendrin: Abschiebung am Flughafen Frankfurt", Mittwoch um 21 Uhr auf HR) unkenntlich gemacht worden. Das hat seinen Grund. Der Mann, der sich hier ungerecht behandelt fühlt, hat in Deutschland schwere Straftaten begangen und kommt direkt aus der Abschiebehaft. 

Diesen Teil seines Lebenslaufs erzählt der Mann nicht. Stattdessen erklärt ein sogenannter Escort-Leader, der für die Abschiebungen am Frankfurter Flughafen zuständig ist: „Der Mann kennt das Geschäft. Er wurde schon dreimal abgeschoben.“ Es sei deshalb auch damit zu rechnen, dass der polizeibekannte Albaner ein viertes Mal nach Deutschland einreisen wird. Abschiebung ist ein mühsames Geschäft.

Knapp 18.000 Menschen wurden 2025 abgeschoben

Der "Hessische Rundfunk" hat eine seltene Drehgenehmigung für die sensiblen Bereiche des Frankfurter Flughafens bekommen. Von hier aus starten in Deutschland ein Drittel aller Abschiebungen. Die Zahl der Abschiebungen per Flugzeug ist zuletzt um 30 Prozent gestiegen: Bundesweit waren es insgesamt zwischen Januar und September 17.651 Ausländer, die in ihre Heimatländer abgeschoben wurden. 

Unauffällig werden die Betroffenen in einen gesicherten, abgegrenzten Bereich im Terminal gebracht. Dort warten sie, bis ihr Charterflieger abflugbereit am Gate steht. Die Bundespolizei ist für die Rückführung verantwortlich, die von mehreren Organisationen und Ärzten begleitet wird. Fast jede Woche startet ein Flugzeug mit Frauen, Männern und ganzen Familien aus Deutschland und den angrenzenden Ländern.

Flüchtlinge verletzen sich selbst, um Abschiebung zu entgehen

Der Aufwand ist enorm. „Wir haben Kleidung, Babynahrung und Kinderspielsachen“, erklärt der Sprecher der zuständigen Bundespolizei, Jörg Martinsen. Er selbst hat mittlerweile 200 Maßnahmen ins Ausland begleitet. „Das ist jedes Mal eine Herausforderung, aber auch eine rechtsstaatliche Pflicht.“ 

Zwei Bundespolizisten begleiten einen Abgeschobenen vom Abflug bis zur Ankunft am Zielflughafen und übergeben ihn in die Hände der dortigen Behörde. Jeder bekommt einen Verpflegungsbeutel, zusätzliches Essen an Bord und darf vor dem Abflug noch mal telefonieren. Auch werden sämtliche Taschen sorgfältig kontrolliert. 

Jörg Martinsen erklärt: „Oft kommt es vor, dass sich die Personen selbst verletzen, um den Rückflug zu verhindern.“ Dafür verstecken sie Rasierklingen in Jacken, Schuhen, Hosen oder sogar im Mund. Auch das Flugzeug wird vor dem Boarding detailliert abgesucht.

So teuer ist eine Abschiebung in Deutschland

Der Mann verdeutlicht seine Verzweiflung, keine richtige Heimat zu haben: „Ich bin Schwabe, kein Albaner“. Er führt aus, dass er gelernter Schreiner sei, die Hauptschule besucht und eine deutsche Frau habe. Wo er in Albanien wohnen kann, weiß er nicht. Vielleicht bei seinem Vater. „Ich weiß nicht, ich muss gucken. Ich habe noch keine Wohnung.“ 

In seiner Abschiebung sieht der Albaner ohnehin keinen Sinn. Die Behörden müssten doch eigentlich wissen, dass er sowieso wiederkäme. „Das bringt doch nur Kosten“, sagt er. 

Tatsächlich kostet die Abschiebung per Flug pro Person 10.000 Euro. Die deutschen Behörden versuchen, diese Ausgaben von den Betroffenen zurückzufordern. Oft vergeblich. Einreisesperren von zwei bis fünf Jahren sollen verhindern, dass es noch teurer wird. Aber die Ausgeflogenen wissen genau, wie der Weg zurück nach Deutschland funktioniert. Oft genug gelingt es den Behörden nicht mal, die Personen ohne Aufenthaltsrecht überhaupt in Deutschland aufzufinden. Der Flieger des Albaners war für rund 80 Personen gebucht, tatsächlich sitzen gerade 43 an Bord. Grundsätzlich taucht die Hälfte der Betroffenen vor der Abreise unter.

Beamte am Flughafen
Jörg Martinsen von der Bundespolizei hat mittlerweile 200 Abschiebungen ins Ausland begleitet. HR-Screenshot

Migration muss gesteuert werden

Die Doku des Hessischen Rundfunks bewirkt Kopfschütteln. Der deutsche Staat bezahlt Unsummen an Steuergeldern, um Menschen zurückzuschicken, die unter anderem das deutsche Gastrecht für Straftaten missbraucht haben. Das ist auch unter Friedrich Merz nicht anders. 

Der Einzelfall des Albaners belegt, wie sich manch Ausländer sein neues „Heimatland Deutschland“ vorstellt: Hierzulande Straftaten zu begehen, ist für ihn offenbar kein Problem. Nur wenn der Staat Zwangsmaßnahmen vollstreckt, beruft sich der Mann darauf, dass er „Schwabe“ sei, und jammert, dass er sein Kind nicht mehr sehen könne. 

Interessant wäre es zu wissen, wie oft sein Kind den Vater im Knast besucht hat. Natürlich darf dieser Fall nicht verallgemeinert werden, aber er zeigt doch ein grundlegendes Dilemma. Deutschland braucht ein funktionierendes Einwanderungssystem, bei dem sich der Staat seine Bewohner aussucht – und nicht umgekehrt. Migration muss gesteuert werden.