Wohnraumvernichtung stoppen: Online-Petition für Erhalt der Schwarzbauten gestartet

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Sollen abgerissen werden: Die drei Schwarzbauten am Isarspitz 24, 24a und 25 in Wolfratshausen. Gegen diese Entscheidung haben der Bauherr und die Eigentümerin der Häuser Rechtsmittel beim Verwaltungsgericht München eingelegt. © Sabine Hermsdorf-Hiss/Archiv

Die „Bürgerschafts-Initiative gegen Wohnraumvernichtung, Baurechtsmissbrauch und Behördenwillkür“ hat eine Online-Petition gestartet. Das Ziel: Die Duldung und Nutzung der drei Schwarzbauten in Wolfratshausen für soziale Zwecke.

Wolfratshausen – Vor knapp einem Jahr bekamen der Bauherr und seine Tochter, die Eigentümerin der drei Einfamilienhäuser am Isarspitz 24, 24a und 25 im Wolfratshauser Ortsteil Weidach, Post von der Unteren Bauaufsichtsbehörde am Landratsamt in Bad Tölz. In den Briefumschlägen steckten Abrissanordnungen für die drei Schwarzbauten. Wie zu erwarten, legten der Geretsrieder und seine Tochter Rechtsmittel ein. Die drei Häuser stehen noch immer. Das soll nach Meinung der wie berichtet im Oktober gegründeten „Bürgerschafts-Initiative gegen Wohnraumvernichtung, Baurechtsmissbrauch und Behördenwillkür“, kurz BIWOB, auch so bleiben. Die Initiative hat eine Online-Petition für den Erhalt der Schwarzbauten angestoßen.

„Es ist bedauerlich, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts München mit Blick auf die Einsprüche des Bauherrn und der Eigentümerin der drei Schwarzbauten am Isarspitz gegen die erteilten Abrissanordnungen noch immer auf sich warten lässt“, sagt Wolfratshausens Rathauschef Klaus Heilinglechner. „Für mich ist das Thema aber abgeschlossen.“ Für den Kochler Peter Pauker und den Geretsrieder Burkhard Stüwe, die Sprecher der BIWOB, nicht.

„Die Intension, die Häuser zu retten, um diese sozialen Zwecken zur Verfügung zu stellen, fand bisher eine breite Zustimmung“, stellt Pauker in einer Pressemitteilung fest. Der Bauingenieur und der Kommunikationswissenschaftler Stüwe wollen eine Duldung der Schwarzbauten erwirken. Der Träger eines Sozialprojekts könnte anschließend jeweils ein Haus „für einen symbolischen Euro“ zuzüglich Betriebs- und Nebenkosten mieten. Trotz Duldung bliebe die Tochter des Bauherrn Eigentümerin der Immobilien, „darf die Häuser aber nicht nutzen“, so Stüwe. Sowohl für das Landratsamt als auch für die Stadt Wolfratshausen kommt eine solche Lösung nicht in Frage.

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BIWOB-Sprecher Pauker beteuert, dass die Initiative nicht aus Eigennutz handele und sich vom Geretsrieder Bauherrn auch nicht instrumentalisieren lasse. Ein extra eingerichteter Arbeitskreis, dem laut Pauker zwölf Personen, darunter Juristen, Architekten und Bauingenieure, angehören, bereite derzeit „den Schriftverkehr mit dem Wolfratshauser Stadtrat und dem Kreisbauamt in Bad Tölz vor“. Dass dies in den vergangenen Wochen noch nicht geschah, erklärt der Kochler so: „Unser Arbeitskreis reibt sich in der Vielzahl von Meldungen betroffener Bauherren auf, die mit der kompromisslosen Gangart der Baubehörde, mit den gängigen Repressalien überfordert sind und möglichst anonym bleiben wollen – aus Angst vor Schikanen.“ Daher „können wir unsere ursprüngliche Arbeit, den Abriss der drei Häuser zu verhindern, kaum noch bewältigen“.

Gemeinderäte und Bauausschuss beurteilen offensichtlich oft nicht nach Sach- und Rechtslage, sondern entscheiden subjektiv basierend auf Seilschaften, die keinem Rechtsprinzip gehorchen.

Zeitnah wolle die Bürgerschafts-Initiative jedoch „die Kommunikation mit dem Bauamt verbessern“ und außergerichtliche Lösungen „anschieben“. Statt wie am Isarspitz „ein Exempel“ an einem Schwarzbauer zu statuieren, sollte laut Pauker „ein sozialer Ansatz auch per Gesetz angesetzt werden – hier ist die Politik gefordert“.

Der BIWOB-Sprecher kennt nach eigenen Angaben viele Bauherrn, die sich „den Behörden gegenüber ausgeliefert“ sehen würden und „negative Erfahrungen“ gemacht hätten. Pauker fällt ein Pauschalurteil: „Gemeinderäte und Bauausschuss beurteilen offensichtlich oft nicht nach Sach- und Rechtslage, sondern entscheiden subjektiv basierend auf Seilschaften, die keinem Rechtsprinzip gehorchen.“ Einheimische oder „Privilegierte“ würden bevorzugt behandelt. Besonders bei dem sensiblen Thema Bauen im sogenannten Außenbereich – dort sind die drei inzwischen bayernweit bekannten Schwarzbauten errichtet worden – seien Entscheidungen der Behörden oft nicht nachvollziehbar. Diese würden Genehmigungen, im Außenbereich bauen zu dürfen, ablehnen – obwohl „Ähnliches in der Nachbarschaft bereits genehmigt wurde“.

Angst vor „Repressalien“: Viele Unterstützer der BIWOB „agieren nur im Hintergrund“

Für „unverhältnismäßig und willkürlich festgesetzt“ hält der Kochler Geldbußen für ertappte Schwarzbauer. In Bayern existiere kein entsprechender Bußgeldkatalog. Der Bauingenieur gibt zu bedenken: „Verfahrenskosten, parallele Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht und hohe Anwaltskosten bedeuten für die meisten normal verdienenden Bauherren zusätzlich zu den finanziellen Belastungen des Bauvorhabens eine kaum zu stemmende Hürde.“ Weil Betroffene „Repressalien“ der Behörden fürchten müssten, würden viele Unterstützer der Bürgerschafts-Initiative „nur im Hintergrund agieren“, so Pauker geheimnisvoll.

Seit 7. Dezember fanden sich 14 Unterstützer für Erhalt der Schwarzbauten

Zurück an den Isarspitz: Die BIWOB fordert eine soziale Lösung im Streit um die drei Schwarzbauten und appelliert an alle Sozialverbände, sich der Initiative anzuschließen. Online hat die BIWOB am 7. Dezember auf der Plattform „openPetition“ unter dem Titel „Gegen Wohnraumvernichtung durch Behördenwillkür“ eine Unterschriftenaktion ins Leben gerufen. Bis Donnerstagnachmittag fanden sich 14 Unterstützer für die Petition. (cce)

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