Rache für Nawalnys Tod: Hacker stellen Putin mit Cyberangriff bloß
Neue Enthüllungen aus Russland: Kurz nach dem Tod von Alexej Nawalny sollen sich Hacker Zugang zum russischen Online-Gefängnissystem verschafft haben.
Moskau - Kremlfeindliche Hacker sollen kurz nach dem Tod des Oppositionsführers Alexej Nawalny einen Cyber-Angriff auf das Computernetzwerk des russischen Gefängnissystems gestartet haben. Wie die IT-Experten unter Anonymität im Gespräch mit dem US-Sender CNN berichteten, veröffentlichten sie unter anderem ein Foto von Nawalny mit einer Botschaft auf der Website des gehackten Gefängnisbetreibers und sicherten persönliche Daten von weiteren Gefängnisinsassen.
Der Hackerangriff habe bereits einige Stunden nach der offiziellen Verkündung am 16. Februar stattgefunden, dass Alexej Nawalny im sibirischen Straflager „Polarwolf“ verstorben ist. Die Verantwortlichen stellten CNN einen Screenshot von ihrem Cyberangriff zur Verfügung. Auf der Website prangte demnach die Nachricht „Lang lebe Alexej Nawalny“ auf Russisch, begleitet von einem Foto von Nawalny und seiner Frau Julia bei einer politischen Kundgebung. Auf dem Screenshot sind ebenfalls auf Englisch die Worte „Liebe Russland“ und „Kein Putin“ zu sehen.
Rache für Nawalnys Tod: Hacker stellen Putin bloß – Angehörige konnten Essen für 1 Cent für Häftlinge kaufen
Die Hacker behaupten weiter, sich Zugriff zu einem offiziellen Online-Kaufportal verschafft zu haben, über das Familien und Angehörigen in 34 Regionen Russlands Lebensmittel für die Häftlinge kaufen können. Für mehrere Stunde hätten sie die Preise für Produkte wie Nudeln und Rindfleisch manipuliert, sodass die Familien das Essen für einen Rubel (etwa 0,010 Euro) einkaufen konnten. Die Reporter von CNN hätten nach eigenen Angaben Screenshots und Videos von Einkäufen im Online-Laden gesehen, die die vorübergehend niedrigen Preise zeigen würden.

Das Online-Kaufportal mit den Namen JSC Kaluzhskoe teilte am 18. Februar tatsächlich eine Systemstörung auf russischen sozialen Netzwerken mit, „in deren Folge die Preise für Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs falsch wiedergegeben wurden“. Weiter hieß es in der Mitteilung, dass die „am 18.02.2024 aufgegebenen Bestellungen, die Waren mit falschen Preisen enthalten, storniert“ wurden. Ein Cybersecurity-Experte mit Erfahrung in der Analyse von Datendumps habe CNN zudem bestätigt, dass die durchgesickerten Daten authentisch wirken und höchstwahrscheinlich aus dem gehackten Gefängnisladen stammen.
Hackerangriff auf russisches Gefängnissystem - könnten geleakte Daten Aufschluss über Nalwanys Tod geben?
Die regierungskritischen Hacker stammen nach eigenen Angaben aus verschiedenen Ländern. Einige Mitglieder der Gruppe seien ausgewanderte Russen, andere Ukrainer. Sie sollen offenbar auch eine Datenbank mit Informationen über Hunderttausende russische Gefangene und deren Angehörige und Kontakte gestohlen haben. Einige der Daten würden Informationen über Gefangene in der sibirischen Strafkolonie enthalten, in der auch Nawalny im Februar ums Leben kam. Man wolle die verschiedenen Daten, zum Beispiel Telefonnummern und E-Mail-Adressen von Insassen, nun nutzen – „in der Hoffnung, dass jemand mit ihnen in Kontakt treten und verstehen kann, was mit Nawalny passiert ist“, sagte ein Hacker den Reportern.
CNN hat laut eigener Aussage versucht, die Daten zu überprüfen. Da einige Doppelungen festgestellt wurden, sei es möglich, dass die Zahl der geleakten Daten in Wahrheit etwas niedriger als die angegebenen 800.000 ist. Dafür seien die Informationen authentisch. Zahlreiche Namen seien mit Personen abgeglichen worden, die sich auch laut öffentlichen Aufzeichnungen derzeit in russischen Gefängnissen befinden.
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Kurz nach Nawalnys Tod: Kreml brachte Hackerangriff wohl erst nach Tagen unter Kontrolle
Dem zuständigen russischen Sicherheitspersonal sei es zwar innerhalb weniger Stunden gelungen, auf die Probleme in ihren Online-Systemen aufmerksam zu werden. Teils habe es jedoch Tage gedauert, sie zu beheben.
Alexey Nawalny zählte zu den berühmtesten Oppositionsführern in Russland. Nachdem er bereits 2020 nur knapp einen Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok überlebt und sich in Deutschland zurück ins Leben gekämpft hatte, ging er nach seiner Genesung freiwillig nach Russland zurück, wo er offiziell festgenommen und in das sibirische Straflager „Polarwolf“ gebracht wurde. Das Gefängnis gilt aufgrund der extremen Bedingungen und Folterungen der Insassen als eine der härtesten Strafkolonien in Russland. Am 16. Februar wurde Nawalnys Tod verkündet. Nach offiziellen russischen Angaben habe er einen Schwächefall erlitten. Kremlkritiker sehen in dem Todesfall jedoch klar einen Mord. Kurz nach dem Tod wurde auch der Anwalt der Familie verhaftet. (nz)