Provokation für Putin? EU uneins über Mission in der Ukraine
Während des Ukraine-Kriegs werden ukrainische Streitkräfte gegen Putins Russland auf EU-Boden ausgebildet. Mehrere Staaten wollen nun in der Ukraine ausbilden.
Brüssel – Die Lage im Ukraine-Krieg ist auch zweieinhalb Jahren nach dem Beginn des russischen Überfalls auf das Nachbarland unter Federführung von Wladimir Putin weiter explosiv. Der Kursk-Vorstoß der Ukraine als auch die Donbass-Offensive von Russland sind aktueller (30. August) Ausdruck dessen. Während viele Nato-Staaten der Ukraine unter anderem mit der Lieferung von F-16-Kampfjets zur Seite springen, bilden viele Länder der Europäische Union (EU) im Zuge des Ukraine-Kriegs ukrainische Soldatinnen und Soldaten aus.
Das bisher außerhalb der Ukraine. Vermehrt auf polnischem und deutschem Boden. Doch das kann sich nun ändern. Die Ausbildungsstätten könnten auch in der Ukraine liegen, bekräftigten am Freitag (30. August) Vertreterinnen und Vertreter mehrerer EU-Staaten bei einem Verteidigungsministertreffen in Brüssel.
Debatte zwischen EU-Staaten wegen Ukraine-Krieg entbrannt: Militär-Ausbildung in der Ukraine möglich?

„Wir müssen militärische und politische Überlegungen berücksichtigen, aber wir schließen diese Möglichkeit nicht aus“, sagte der schwedische Verteidigungsminister Pål Jonson. Ähnlich äußerten sich auch der estnische Minister Hanno Pevkur und sein niederländischer Kollege Ruben Brekelmans.
Der litauische Verteidigungsminister Laurynas Kasčiūnas sagte, niemand solle gezwungen werden, Ausbilderinnen und Ausbilder in die Ukraine zu schicken, aber es müsse zumindest im EU-Mandat für die laufende Ausbildungsmission im Ukraine-Krieg die Möglichkeit für einen Einsatz auch in der Ukraine geschaffen werden. Litauen setzt sich bereits seit längerem dafür ein, dem ukrainischen Wunsch nach Ausbildung auch auf ukrainischem Territorium nachzukommen.
EU-Ausbildung von Militär in der Ukraine: Frankreich prescht vor, Deutschland zurückhaltend
Prominente Unterstützung hatte das Land zuletzt von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bekommen, der innerländisch derzeit (30. August) um sein politisches Überleben kämpft. Er hatte im Juni gesagt, es sei unter gewissen Umständen deutlich effizienter und praktischer, auf ukrainischem Boden auszubilden. Das entspricht der Sichtweise Kiews um Präsident Wolodymyr Selenskyj, der sich für die EU-Ausbildung in der Ukraine stark macht.
Der in Vertretung des deutschen Verteidigungsministers Boris Pistorius (SPD) nach Brüssel gereiste Staatssekretär Thomas Hitschler äußerte sich nicht zum Thema. Er verwies lediglich auf das deutsche Ziel, in diesem Jahr 10.000 Soldatinnen und Soldaten aus der Ukraine in Deutschland auszubilden.
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Die Bundesregierung stand Überlegungen eines Ausbildungseinsatzes auch in der Ukraine bislang ablehnend gegenüber. In einem aktuellen EU-Papier dazu, das der Welt vorliegt, heißt es nämlich auch: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass eine militärische Präsenz der EU auf ukrainischem Boden von Russland als Provokation wahrgenommen würde.“
Auch logistische und moralisch fragwürdige Hürden für die Sicherheit potenzieller EU-Ausbilderinnen und EU-Ausbilder gebe es. Ausbildungsstandorte müssten dann mit Flugabwehrsystemen geschützt werden, die derzeit (30. August) unter anderem zum Schutz von ukrainischen Städten verwendet werden.
„Bedeutendes Risiko“: Sicherheit von EU-Kräften im Ukraine-Krieg ein Knackpunkt
Der estnische Minister Pevkur räumte ein, dass es je nach Umfang ein „bedeutendes Risiko“ geben könne. Wenn man ganze Brigaden in der Ukraine trainieren wolle, rede man von bis zu 5.000 Soldatinnen und Soldaten, sagte er. Ganz anders sei es allerdings, wenn man beispielsweise nur Expertinnen und Experten für die Minenräumung trainieren wolle. Das könne man aus seiner Sicht auch in der Ukraine ziemlich sicher tun.
Über die laufende EU-Mission wurden bislang bereits rund 60.000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten in der EU ausgebildet. Der Einsatz war im November 2022 von den Außenministerinnen und Außenministern der Mitgliedstaaten beschlossen worden. Die EU will mit ihm dazu beitragen, dass sich die ukrainischen Truppen künftig noch besser als bislang gegen die Angreiferinnen und Angreifer aus Russland verteidigen können.
EU-Mandat für Einsatz im Ukraine-Krieg soll verlängert werden und Ausbildungs-Zahl erhöht werden
Wie Politico berichtet, empfiehlt der Europäische Auswärtige Dienst, das EU-Mandat für den Ukraine-Krieg-Einsatz um zwei Jahre bis zum 15. November 2026 zu verlängern. Ferner soll in diesem Zug geprüft werden, ob man „Schulungen näher an den Grenzen der Ukraine“ abhalten könne.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte am Freitag (30. August), er wolle nach dem Verteidigungsministertreffen ein neues Ziel für die Zahl der auszubildenden ukrainischen Soldatinnen und Soldaten bekanntgeben. Estland hatte zuletzt vorgeschlagen, es auf 100.000 Soldatinnen und Soldaten zu erhöhen.
Unterstützung bekommt die Ukraine im Ukraine-Krieg indes auch von Putin-feindlichen Milizen. Die verübten nun einen filmreifen Kamikaze-Drohnen-Angriff gegen Russland. (dpa/pls)