Berührend, fesselnd, zum Träumen schön: Lesetipps für die Ferien
Die Heimatzeitung und Erdinger Buchhändlerinnen geben Tipps für die Ferien-Lektüre.
Erding – Zum Sommer gehört für viele Menschen auch ein gutes Buch. Ob am Strand, am heimischen Badeweiher oder im eigenen Garten: Bücherfreunde aus unserer Redaktion geben zusammen mit Buchhändlerinnen Tipps für die Ferien-Lektüre.
Margit Inninger, Inhaberin der Buchhandlung Leseglück in Erding, empfiehlt den gerade erschienenen Roman „Am Himmel die Flüsse“ von Elif Shafak: „Sie verwebt meisterhaft Vergangenheit und Gegenwart, historische Fakten und Fiktion. In drei Handlungssträngen auf verschiedenen Zeitebenen erfährt man von der neunjährigen Jesidin Nasrin, die mit der Oma wegen eines Staudammbauprojekts der türkischen Regierung ihre Heimat verlassen muss; von Wissenschaftler Arthur Smyth in London, der den Gilgamesch-Epos entdeckt; und von einer Hydrologin, die ihr Leben dem Gedächtnis des Wassers widmet. Das Buch ist klug komponiert, beeindruckend in seiner bildhaften Sprache und weist auf gesellschaftliche und politische Missstände hin. Einzigartig!“
Kleine Abkühlung gefällig? Dann nichts wie ab in die eisige, aber auch irgendwie magische Zeit zwischen den Jahren mit Melanie Raabes „Die Kunst des Verschwindens“, rät Redakteurin Vroni Macht: „Ein bisschen Krimi, ein bisschen Roadmovie, ein bisschen – ja was eigentlich? Dieser Roman der Krimi-Königin Melanie Raabe ist kaum in eine Schublade zu stecken, er sprengt jede Genre-Grenze. Und genau das macht es so spannend, die Beziehung zwischen Fotografin Nico und ihrer Zufallsbekanntschaft, der Schauspielerin Ellen, zu verfolgen. Ums Verfolgen geht es wortwörtlich, aber auch um die große Frage, ob es Seelenverwandtschaft wirklich gibt. Ein berührendes Buch zum Wegträumen!“
Mehrfach habe er sich geärgert, erzählt Redaktionsleiter Dieter Priglmeir, als er „Die Geschichte der Bienen“ von Maja Lunde gelesen hat: „Gerade bastelt Biologe William in England 1852 an einem neuartigen Bienenstock, da geht’s nach China ins Jahr 2092, wo Tao Bäume von Hand bestäubt und auf der Suche nach ihrem Sohn ist. Manchmal tun die Cliffhanger so richtig weh, denn es sind zwei spannende Geschichten, die die norwegische Autorin erzählt. Fesselnd, berührend – was will man mehr? Einen dritten Handlungsstrang, der 2007 in Ohio spielt und das Schicksal des Imkers George sowie seine Nöte durch das Bienensterben schildert. Lunde spannt einen großen Bogen, aber es geht ja auch um existenzielle Fragen: Wie gehen wir mit der Natur um, was hinterlassen wir den nächsten Generationen? Die ehemalige Kinderbuch-Autorin hat gute Antworten darauf gefunden.“
„Mühlensommer“ von Martina Bogdahn legt Veronika Groschberger vom Leseglück den Lesern ans Herz: „Maria kehrt aus der Großstadt zurück auf den Hof ihrer Kindheit. Wir verbringen ein Wochenende mit der erwachsenen Maria, die uns immer wieder mitnimmt in ihre Kindheit, mit all der Schönheit, dem Abenteuer und auch der harten Arbeit, die so ein Aufwachsen auf einem Bauernhof mit sich bringt. Mit dieser Rückkehr zu den Wurzeln beginnt für Maria ein Nachdenken, ob und wie sich ihr gegenwärtiges Leben mit ihrem Ursprung vereinbaren lässt. Wunderbare Lektüre mit Herz und Humor, um es sich an den bevorstehenden Hundstagen an einem schattigen Plätzchen gemütlich zu machen.“
Für die Extraportion Nervenkitzel empfiehlt Redaktionsassistentin Sabrina Hanrieder „Cop Town“ von Karin Slaughter: „Die beiden Polizistinnen Kate Murphy und Maggie Lawson werden im Atlanta der 1970er Jahre nicht gerade mit offenen Armen im Polizeidienst empfangen. Zu allem Übel wird die Stadt von einer Serie brutaler Polizistenmorde heimgesucht, was die beiden Ermittlerinnen plötzlich selbst zu Gejagten macht. Die spannend erzählte Story, gepaart mit Themen, die auch heute noch hochaktuell sind, machen das Buch zu einem Geheimtipp für den Sommer.“
Fesselnd wie einen Krimi findet Redakteurin Alexandra Anderka die wahre Geschichte von Latife Arab, „Ein Leben zählt nichts – als Frau im arabischen Clan“: Latife Arab ist die erste weibliche Stimme, die aus dem inneren Kreis eines Clans berichtet und Einblicke in ein skrupelloses Familien- und Wertesystem gewährt – eine Parallelwelt, die mitten in den Großstädten Deutschlands existiert und so gar nichts mit der hiesigen Kultur zu tun hat. Es ist die Geschichte eines steinigen und gefährlichen Neuanfangs, der noch immer andauert, denn die Großfamilie lauert überall. Die aufwühlende Lebensgeschichte der zweifachen Mutter, die ihren Töchtern ein Leben in Freiheit bieten möchte, berührt, macht fassungslos und verdient höchsten Respekt vor dem Mut der jungen Frau, die sich erst beim siebten Fluchtversuch von der Clan-Familie lösen kann.“
Eine „wunderbar freche und inspirierende Sommerlektüre“ ist Emma Hambergs „Bonjour Agneta“, findet Anita Helfrich vom Leseglück: „Agnetas Mann ist im Fitnesswahn und hat neuerdings komplett andere Vorstellungen vom Leben, ihre Kinder melden sich ab und zu, sie selbst bleibt auf der Strecke. Spontan meldet sie sich auf eine Annonce als Au-pair nach Frankreich und landet in einem kleinen Dorf in der Provence. Anders als erwartet, kümmert sie sich um einen älteren, mehr und mehr dementen Herrn. Mit der Zeit entwickelt sich eine tiefe und besondere Freundschaft zwischen ihnen, und langsam findet Agneta zu sich selbst, zu ihren eigenen Bedürfnissen. Das kleine Dorf mit seinen liebenswerten, teils skurrilen Bewohnern, die traumhafte Gegend und Agneta, so sympathisch und offen für alles Neue .... Einfach schön zu lesen!“
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Mit „Windstärke 17“ knüpft Caroline Wahl an ihren erfolgreichen Debütroman „22 Bahnen“ an und entwickelt die darin erzählte Familiengeschichte weiter. Reporterin Vroni Vogel empfiehlt das Buch: „Ida, eine junge Frau, wirft sich als unerschrockene Schwimmerin in die aufgepeitschte Ostsee und als rebellische Sinnsucherin den Stürmen des Lebens entgegen. In knappen Dialogen und einer verdichteten Sprache werden große Gefühle und Themen behandelt. Trauer, Schmerz, Wut, Einsamkeit, unterstützende Freundschaft, eine zarte Liebe und der Beginn einer Schriftstellerexistenz – das alles ist mit Wucht und Leichtigkeit erzählt.“
„Dieser Roman ist wie ein guter Rock-Song. Er verführt und lässt einen komplett abheben“, sagt stellvertretender Redaktionsleiter Timo Aichele über „Vintage“ von Grégoire Hervier. „Der junge Gitarrist und Musik-Nerd Thomas findet sich auf einmal in einem Thriller-Strudel wieder, in dem sich alles um eine legendäre E-Gitarre dreht: die Gibson Moderne. In der Realität war dieses Modell nichts anderes als ein Flop, der nie wirklich verkauft wurde. Im Roman wird die Moderne zum Mysterium hochstilisiert, für das Sammler und rockende Okkultisten alles tun – bis hin zum Mord. Der Auftrag, dieses Rätsel zu lüften, führt Thomas von Paris in die frühere Villa von Jimmy Page am Loch Ness und am Ende nach Memphis, Tennessee. Am Ende steht auch er vor der Frage, ob er seine Seele für das perfekte Blues-Riff verkaufen würde.“