Reaktionen auf Zölle: Die "Bazooka" ist die schärfste Waffe der EU
Tag zwei nach dem Zollhammer von US-Präsident Donald Trump. Noch versuchen Investoren, Politiker und Ökonomen gleichermaßen die Folgen abzuschätzen und sich zu positionieren. An den Börsen kehrt bisher noch keine Ruhe ein, auch am Freitag fallen die Kurse weiter. Eine Stabilisierung bleibt bisher aus. Bei Euro-Dollar-Wechselkurs scheint immerhin der Fall gebremst. Am Donnerstag hatte der Dollar gegenüber dem Euro massiv abgewertet, ein Euro war zwischenzeitlich mehr als 1,11 Dollar wert. Nun zumindest eine leichte Erholung auf 1,10 Dollar.
Was die Folgen für die Wirtschaft angeht, haben erste Ökonomen ihre Prognosen angepasst. Das Ifo-Institut etwa schätzt, dass die Zölle die deutsche Wirtschaft um 0,3 Prozent negativ beeinträchtigen könnte. Damit würde Deutschland in der Rezession verharren. Für die Eurozone senkte die Deutsche Bank ihre Wachstumsprognose von 0,8 Prozent auf einen Bereich von 0,25 bis 0,5 Prozent.
Die genauen Auswirkungen auf das Wachstum werden aber auch von Reaktionen in den Hauptstädten und in Brüssel abhängen: Was werden die Regierungen unternehmen, um die eigene Wirtschaft zu stützen? Und wie werden die Gegenmaßnahmen der EU aussehen?
Konkrete Schritte hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen noch nicht verkündet. „Wir wollen nicht unbedingt Vergeltung üben“, hatte sie vor Trumps Zoll-Beschluss klargemacht. Wenn dies notwendig werde, gebe es aber einen starken Plan in der Schublade, der auch genutzt werde. Europa verfüge über „alle Mittel“, um „die Menschen in Europa und unseren Wohlstand zu schützen“. Noch hofft die EU, mit Gesprächen einen echten Handelskrieg zu vermeiden.
Wie die EU Trump treffen könnte
Doch wenn die Verhandlungen scheitern sollten – wie könnte die EU reagieren? Und welche Maßnahmen würden die USA schmerzhaft treffen, um Trump zum Einlenken zu bewegen?
- Gegenzölle
Erste Gegenzölle sollen Mitte April kommen. Dabei geht es um derzeit ausgesetzte Sonderzölle auf US-Produkte wie Jeans, Bourbon-Whiskey, Motorräder des Herstellers Harley-Davidson und Erdnussbutter. Diese Abgaben sind aber keine Reaktion auf die neuesten Ankündigungen Trumps, sondern auf US-Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte, die bereits gelten.
Bei den Gegenzöllen will die EU aber nicht pauschal alle US-Produkte belegen. Wenn es keine Alternative gebe, solle es keine Gegenzölle geben, heißt es bei der Kommission. Eine knapp 100 Seiten lange Liste mit Waren, die von Gegenmaßnahmen betroffen sein könnten, hatte die Kommission Mitte März veröffentlicht. Neben Lebensmitteln sind Seifenprodukte, Teppiche und Kleidungsstücke aufgelistet.
- Digitalsteuer
Abgaben auf digitale Dienstleistungen von US-Unternehmen in der EU könnten die Plattform X von Trump-Unterstützer Elon Musk und Firmen wie Google, Amazon oder Netflix treffen. Für sie ist die EU mit ihren rund 450 Millionen Einwohnern ein äußerst lukrativer Markt.
Zudem betont die EU-Kommission, dass die USA deutlich mehr Dienstleistungen in die EU exportieren als aus der EU importieren. Dabei geht es EU-Zahlen zufolge um 396,4 Milliarden Euro Exporte im Vergleich zu Importen in Höhe von 292,4 Milliarden Euro.

- Die „Bazooka“
Auch wegen einer möglichen Wiederwahl Trumps hatte die EU sich bereits 2023 auf ein weitreichendes Sanktionsinstrument geeinigt. Der Vorsitzende des Handelsausschusses des EU-Parlaments, Bernd Lande (SPD), bezeichnet es als „Bazooka“ der möglichen Gegenmaßnahmen., der etwas formellere Name ist Anti-Coercion Instrument.
Das Instrument kann zum Einsatz kommen, wenn Drittstaaten Zwang auf Europa ausüben und die "strategische Souveränität" der EU unterminieren wollen. Weitreichende Maßnahmen sind dann möglich, wie zum Beispiel US-Unternehmen den Zugang zu Kapitalmärkten beschränken, die Einfuhr chemischer Produkte unterbinden oder US-Bieter von öffentlichen Ausschreibungen ausschließen. Als mögliche Sanktionen können auch der Zugang zur Vergabe öffentlicher Aufträge aus der EU oder der Marktzugang allgemein begrenzt werden.
Intensivere Handelspartnerschaften
Abseits von Sanktionen ist ein anderer Weg, neue Märkte zu erschließen. So hat die EU-Kommission jüngst Verhandlungen über eine riesige Freihandelszone mit dem südamerikanischen Staatenbündnis Mercosur abgeschlossen. Die Einigung kann aber immer noch scheitern, in jedem Fall muss etwa das EU-Parlament zustimmen.
EU-Ratspräsident António Costa rief nach den Zollankündigungen von US-Präsident Donald Trump dazu auf, dass es nun an der Zeit sei, das Abkommen auch zu ratifizieren. Darüber hinaus wird geprüft, inwieweit weitere Partnerschaften intensiviert werden könnten, etwa mit Mexiko oder mit von US-Zöllen besonders getroffenen Ländern.