Trumps Zölle auf Importe: Hilfe, in meinem Depot ist alles rot – wie ich nun darauf reagiere
Jetzt geht also die Welt unter? Den Eindruck bekomme ich, als ich heute morgen die Redaktion betrete. Auf der Hinfahrt war ich noch optimistisch, wir haben schon so viel gestemmt in den vergangenen Jahrzehnten und jetzt soll Donald Trump die ganze Welt in den Abgrund reißen? Aber beim Börsenteam herrscht Vollalarm. Mein Kollege Markus Voss nimmt sein aktuelles Börsenvideo auf. Er sagt: "Das wird die ganze Welt in eine Rezession stürzen. Niemand kann da gewinnen!" Das klingt verdammt nach Weltuntergang und kurz schwanke ich in meiner tiefsten Investment-Überzeugung: "Solange die Welt nicht untergeht, sind Aktien eine gute Investition".
Ich schaue kurz in meine Depots. Es ist 8.23 Uhr. Die Börsen in Deutschland sind noch geschlossen. Trotzdem sehe ich sofort: Meine ETF-Position auf den MSCI World, auf den ich seit einigen Jahren als eine Art "etwas unsicheres Tagesgeld" gesetzt habe, ist im Minus. Das war sie noch nie, seit ich hier zum ersten Mal investiert habe. Dass mich ausgerechnet der MSCI World als erster im Stich lässt, nervt mich - wenn auch angesichts der Gewichtung kein Wunder.
Welche Werte sind von den Zöllen betroffen?
Ich checke mein zweites Depot, hier halte ich meine Einzelaktien. Die haben sich bisher kaum bewegt. Kein Wunder. Es wird noch nicht gehandelt. Ich überfliege sie einmal. Ich frage mich nur kurz: Welche Werte sind wohl von den Zöllen betroffen, muss ich irgendwas schnell loswerden? Länger überlege ich, welche Werte auf meiner Watchlist und in meinem Depot jetzt als Nachkauf interessant werden.
Mein Chef ruft an und sagt, ich soll diesen Artikel schreiben. Ich erzähle stolz, dass es noch gar nicht so schlecht aussieht und er schaut mich aus der Webcam mitleidig an. Ok. Ich verstehe.
Ich schreibe meinem Freund: "Mach noch mal nen Screenshot von deinem Depot. So grün wird's nicht bleiben." Seine Antwort: "Da kauft man dann halt günstiger nach😇."
Jetzt sind Schnäppchen dabei
Schon kurz nach neun freut sich auch mein Kollege gegenüber: "Top, da sind jetzt schon einige Schnäppchen dabei!" Sein Sitznachbar stimmt ihm zu: "Ich hab extra viel Cash grad, damit ich ordentlich einkaufen kann."
Na toll, denke ich, ich hab kein Cash. Im Gegenteil, mich erwartet eine fette Steuernachzahlung und ich renoviere meine Wohnung. Statt im MSCI World oder dem S&P 500 steckt mein Geld gerade in einem mühevoll selbstgebastelten Pax-Schrank und diversen Möbeln. Immerhin gabs da 10.000 Payback-Punkte für.
FOMO nennt man das wohl. "Fear of Missing Out", die Angst nicht dabei zu sein, wenn's richtig abgeht. Als jemand, der sich mit jeder Rate in den ETF-Sparplan, einem ruhigeren Ruhestand verspricht, stresst es mich mehr, jetzt eventuell kommende Gewinne zu verpassen als das Rot in meinem Depot zu sehen.
Ist nicht mein erster Crash
Es ist schließlich nicht mein erster Crash. Kurz vor dem Corona-Lockdown habe ich das erste mal große Summen an der Börse investiert. Da war mein Depot für einige Wochen tiefrot. Das Gute: Damals hatte ich Cash und habe kräftig nachgekauft. Seitdem lief mein Depot so erfolgreich, dass ich in jugendlichem Leichtsinn schon von der Rente mit 50 träumte. Ich bin eben Optimistin.
Für mich hat sich "Ruhe bewahren" ausgezahlt. Während manche Kollegen reden, als würde jetzt die Welt untergehen, versuche ich an das Positive zu glauben. Nach meinem Interview mit der Chefin des Start-up-Verbands Verena Pausder habe ich mir "Was wenn's klappt" als Jahresmotto in meinen Kalender geschrieben. Rein rational weiß ich außerdem, dass ich im schlimmsten Fall noch gute 30 Jahre habe, um eventuelle Verluste in meinem auszugleichen und trotzdem noch ein nettes Rentenpolster anzulegen.
Ich investiere weiter über den Sparplan
Verkaufen kommt für mich also nicht infrage. Und die FOMO ringe ich nieder. Ich investiere weiter über meinen Sparplan und profitiere dabei von niedrigen Kursen und in mein Depot schaue ich erst, wenn ich wieder genug Geld habe, um nachzukaufen. Solange lasse ich alles laufen wie bisher.
Ich zwinge mich, meine Banking-Apps zu schließen, schalte meine Kopfhörer auf Geräuschunterdrückung und mache mich an ein ganz anderes Thema, neue Vorgaben bei der Müllabfuhr. Ich hoffe, das lenkt ab. Heute Abend bin ich schon zum Wandern verabredet, die Bergnähe machts möglich. Bei einem Hüttenabend kann ich abschalten.