Wütend, weil er seine Pizza kurz vor Ladenschluss nicht mehr im Lokal essen durfte, hatte ein 31-Jähriger den Inhaber eines Weilheimer Restaurants attackiert und ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Der Angeklagte stritt vor Gericht ab, jemals in der Pizzeria gewesen zu sein.
Tja, welche Sprache spricht er denn nun, der Angeklagte. Unmittelbar nach Verhandlungsbeginn schauten die Verfahrensbeteiligten einander fragend an. Englisch ist es schon mal nicht. Bereits nach fünf Minuten durfte sich die Übersetzerin wieder auf den Heimweg machen. Den Verantwortlichen war bei der Wahl eines Dolmetschers offenbar nicht bewusst, dass es in Eritrea, dem Heimatland des Angeklagten, gleich drei Amtssprachen gibt: Arabisch, Englisch und Tigrinya. Er spreche Letzteres, erklärte der Beschuldigte, traute sich dann aber zu, der Verhandlung auf Deutsch zu folgen.
Falsche Dolmetscherin bestellt
Laut Anklage hatten der 31-Jährige und sein Spezl an einem Novemberabend im Jahr 2023 Pizzen bestellt. Nachdem sie in dem Weilheimer Lokal eingetroffen waren und das Essen bezahlt hatten, sollen sie sich aber nicht auf den Heimweg, sondern es sich mit den Pizzakartons in der Gaststube gemütlich gemacht haben. Da es bereits 21.45 Uhr und somit kurz vor Ladenschluss war, habe der 41-jährige Gastronom die beiden späten Gäste gebeten, das Restaurant zu verlassen und die Pizzen zu Hause zu essen.
Ein Vorschlag, mit dem der Angeklagte so gar nicht einverstanden gewesen sein soll. Nach einer kurzen „Schubserei“, in deren Verlauf der 41-Jährige auf dem Boden gelandet sei, habe der Beschuldigte zu einem gezielten Hieb ausgeholt, erinnerte sich der Restaurantbetreiber: „Als ich wieder gestanden bin, hatte ich schon die Faust im Gesicht.“ Ein Krankenhausaufenthalt sowie eine einwöchige Krankschreibung waren die Folge des gewaltsamen Übergriffs.
„Als ich wieder gestanden bin, hatte ich schon die Faust im Gesicht.“
Im Anschluss an den Faustschlag seien die beiden Männer aus dem Lokal geeilt, berichtete der Zeuge. „Sie sind sich ganz sicher, dass es der Angeklagte war, der Sie geschlagen hat?“, hakte die Richterin nach. Der 41-Jährige hatte keine Zweifel, was den Angeklagten regelrecht auf die Palme brachte. „Ich habe bei Ihnen Pizza bestellt? Ich habe nie Pizza bestellt!“, schimpfte der 31-Jährige kopfschüttelnd und behauptete, in einer Bar nebenan gewesen zu sein. „Mein Kollege kommt gleich. Mal schauen, ob er Sie auch erkennt“, schnaubte der Lokal-Besitzer und verließ den Sitzungssaal.
In der Tat: Während der Beschuldigte der Richterin eine Verwechslung nahelegte, war sich auch der zweite Zeuge sicher, dass es sich bei dem Angeklagten um den Schläger handelt. Bis auf kleinere Abweichungen war die Geschichte des 60-jährigen Kochs identisch mit der, die sein Chef geschildert hatte. Ihm zufolge sei der 41-Jährige zudem getreten worden, nachdem er zu Boden gegangen war. Unmittelbar nach der Tat habe ihm eine nicht näher bekannte Person ein Bild des Angeklagten zugeschickt, auf welchem er den Eritreer zweifelsfrei wiedererkannt haben will.
Krankenhaus und Krankschreibung
Die anfängliche Skepsis der Richterin verflog, als ein Polizeibeamter begann, von den Ermittlungen zu erzählen. Beide Zeugen hätten den Angeklagten nämlich unabhängig voneinander identifiziert. Und zwar bei der Vorlage von Wahllichtbildern. „Sie konnten sogar Nummer eins und Nummer fünf auseinanderhalten, obwohl ich mir da sehr schwertat“, ergänzte der Beamte und hielt die Zeugen deshalb für besonders glaubwürdig. Dass der Geschädigte Unsinn erzählt, konnte sich der Polizist ohnehin nicht vorstellen. Er kenne den Pizzeria-Betreiber und schätze ihn als „sehr ehrlichen Menschen“. Den Ursprung des Fotos, das der Koch zugeschickt bekommen hatte, kannte jedoch selbst der Beamte nicht. Möglicherweise stammt es aus den sozialen Netzwerken, mutmaßte er.
Meine news
Noch mehr aktuelle Nachrichten aus dem Landkreis Weilheim-Schongau finden Sie auf Merkur.de/Weilheim.
Obwohl der vorbestrafte Angeklagte behauptet, mit der Tat nichts zu tun zu haben, ist er von den beiden Zeugen „eindeutig wiedererkannt“ worden, fasste die Staatsanwältin den Sachverhalt zusammen. Sie forderte, den Faustschlag mit einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu je 45 Euro zu bestrafen.
Staatsanwältin fordert Geldstrafe
Da beide Zeugen den 31-Jährigen bei der Lichtbildvorlage erkannt hatten, war auch Richterin Stefanie Rainer überzeugt: „Sie müssen Sie gesehen haben“, richtete sie sich an den Angeklagten. Dass die Zeugenaussagen weitestgehend deckungsgleich sind, jedoch auch kleinere Abweichungen enthalten, spreche dafür, dass sie nicht abgesprochen waren. In den wesentlichen Punkten seien die Ausführungen aber identisch. Der Angeklagte habe sich daher sowohl der Körperverletzung als auch des Hausfriedensbruchs schuldig gemacht. Er wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt.