Wie schon im vergangenen Jahr war auch heuer der Bau des Multifunktionsgebäudes mit Dorfladen, Arztpraxis und Wohnungen das Hauptthema bei der Bürgerversammlung in Wildsteig. Mit den Projektgegnern ging der Bürgermeister hart ins Gericht.
Wildsteig – 1472 Einwohner sind mit Stand 31. Dezember vergangenen Jahres in Wildsteig gemeldet – um etliche mehr, als der Zensus ausweist. „Verstehe, wer will, wieso man da so ein hochbürokratisches Schätz- und Evaluierungssystem einrichtet, wenn am Ende nur Unsinn dabei rauskommt“, bemerkte Wildsteigs Bürgermeister Josef Taffertshofer bei der Bürgerversammlung, der auch an anderer Stelle deutliche Worte über den „bürokratischen Wahnsinn in Deutschland“ fand.
Dank an die Gewerbetreibenden
Die meisten Einnahmen konnte die Gemeinde im Jahr 2024 über die Einkommenssteuer generieren, gefolgt von Schlüsselzuweisungen, Grundstücksverkäufen und der Gewerbesteuer. Den Gewerbetreibenden galt Taffertshofers besonderer Dank: „Ihr schafft Arbeitsplätze und sorgt dafür, dass unser Dorf lebt.“

Bei den Ausgaben stand die Kreisumlage an oberster Stelle. Aber auch Darlehenstilgungen, Personalkosten und die Ausgaben für den Kindergarten schlugen zu Buche. Den Kindergarten bezeichnete Taffertshofer als „Wirtschaftsförderungsprojekt“ von Seiten der Gemeinde, das es den Frauen ermögliche, länger arbeiten zu gehen. „Wir machen das gerne und sind auch sehr zufrieden mit dem Personal, aber finanziellen Gewinn haben wir keinen.“
Aus dieser Aufstellung ergibt sich für das Jahr 2024 eine Zuführung zum Vermögenshaushalt von rund 300 000 Euro. Einen Rückgang verzeichnete man beim Schuldenstand, der zum Jahreswechsel bei rund 901 000 Euro lag.
Multifunktionsgebäude: Die Planung als größte Herausforderung
In seinem Tätigkeitsbericht über das abgelaufene Kalenderjahr wies Rathauschef Taffertshofer auf eine Vielzahl an Projekten hin, darunter der „Solarpark Ilchberg“, die Fertigstellung und Eröffnung der Pilgerherberge oder der Breitbandausbau. Das alles beherrschende Thema war aber einmal mehr der Bau des Multifunktionsgebäudes.
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Bei dem erwies sich laut Aussage des Bürgermeisters die Planung als größte Herausforderung: „Das liegt zum einen daran, dass es schwierig geworden ist, gute Planer zu finden. Zum anderen aber auch an der komplizierten Trassenführung“, erklärte Taffertshofer und wies darauf hin, dass für jedes Stockwerk eine andere Nutzung vorgesehen sei. „Durch unser gewissenhaftes Vorgehen wollen wir Mehrkosten durch bauliche Nachträge verhindern.“
An diversen Projektkritikern im Ort, die sich Sorgen um die Rentabilität des Baus machen, ließ Taffertshofer kein gutes Haar: „Wir errichten Kriegerdenkmäler und erneuern Pflastersteine, aber wenn es um unsere Grundversorgung geht, sollen wir sparen? Da sag‘ ich nur: Leute, habt’s Ihr noch alle Tassen im Schrank?“
Thema Wege- und Bankettschäden
Das Multifunktionshaus sei eine Investition in das soziale Miteinander, schaffe Arbeitsplätze und erhöhe die Attraktivität der Gemeinde Wildsteig. „Nur wenn wir investieren, können wir Werte schaffen“, erklärte der Bürgermeister und fügte schmunzelnd hinzu: „Wenn man zu viel Geld hat, wird man faul. Wenn man keins hat, muss man was tun. Was ist da wohl besser?“
Gemeinderat Florian Lang stellte anschließend den Zeitplan und das Konzept für den Bau des Dorfladens vor. Im März 2026, also in gut einem Jahr, soll der Holzbau stehen, Ende 2026 der Trockenbau, sodass mit Anfang 2027 die Innenräume eingerichtet werden können. Wenn alles funktioniert, könnte der Laden im Mai 2027 zu ersten Mal seine Türen öffnen.
Interessierte können sich für Mitarbeit im Dorfladen melden
Angeboten werden soll dort dann das komplette Sortiment an Lebensmitteln, vor allem aber Frischwaren. Geplant ist auch ein Bistro mit Mittagstisch. Wer an einer Mitarbeit im Dorfladen interessiert ist, könne sich schon jetzt bei der UG-Dorfladen melden.
In der anschließenden „Bürgersprechstunde“ im Rahmen der Bürgerversammlung spielten die Wege- und Bankettschäden, die man in Wildsteig immer wieder beobachte, eine zentrale Rolle. Ein Bürger klagte über die Säumigkeit der Gemeinde. Taffertshofer konterte, dass sich in Wildsteig jeder, der einen Bulldog und einen Kipper besitzt, kostenlos Kies holen und selbst tätig werden kann.
Mangelnde Beteiligung von Bauern und Helfern
In diesem Zusammenhang klagte der Wildsteiger Bürgermeister auch über die mangelnde Beteiligung am heurigen „Arbeitstag“, bei dem Bauern und Helfer aufgefordert waren, an der Weginstandsetzung mitzuwirken: „Ich sehe genau, in welchen Ortsteilen das klappt und in welchen nicht. Wenn wir uns die immensen Kosten für eine professionelle Wegsanierung sparen möchten, müssen wir alle zusammenhelfen. Es kann nicht sein, dass sich ein paar von uns ins Zeug legen, während die anderen Däumchen drehen“, redete Taffertshofer den Untätigen ins Gewissen.
Die Bankettschäden auf der Gemeindestraße führte er in erster Linie auf den Schwerverkehr zurück und verwies auf die Tonnagen-Beschränkung im Bereich von Unternogg. Für den Fall, dass die Bundesstraße 23 wegen Bauarbeiten gesperrt werde, erneuerte er seine Drohung einer Vollsperrung der Ausweichstrecke über Wildsteig.
Abschließend bedankte sich Wildsteigs Rathauschef Taffertshofer bei seinen Gemeinderäten, der Verwaltung, dem Kämmerer und einigen Bürgern, bevor er den gemütlichen Teil des Abends einleitete.