„Geisterjobs“: Warum immer mehr Kandidaten im Bewerbungsprozess ignoriert werden

Bei einer neuen weltweiten Erhebung von Criteria Corp gaben 48 Prozent der 2000 Befragten an, nach ihrer Bewerbung von Arbeitgebern keine Rückmeldung erhalten zu haben. Dies ist ein Zuwachs von zehn Prozent gegenüber der Erhebung vom Vorjahr.

Ein Grund dafür ist laut einer Studie von MyPerfectResume, dass Unternehmen Stellenanzeigen schalten, obwohl sie die ausgeschriebene Position gar nicht besetzen wollen. 81 Prozent der befragten Personaler in den USA gaben zu, dass ihr Unternehmen solche „Geisterjobs“ listet.

Unsicherheit und Überlastung: Warum Unternehmen Bewerber ghosten

Das Magazin „Newsweek“ berichtet über den Trend und hat darüber mit Experten gesprochen. Demnach sei ein Grund dafür die wirtschaftliche Unsicherheit. Zudem führe die Nutzung von künstlicher Intelligenz zu einer Flut von ungezielten Bewerbungen.

Zusätzlich sorge die Unsicherheit über die wirtschaftliche Zukunft dazu, dass Unternehmen den Einstellungsvorgang einfrieren, obwohl sie weiterhin Bewerbungen entgegennehmen. Kevin Thompson, CEO von 9i Capital Group, erklärte gegenüber dem Magazin, dass es für Unternehmen von Vorteil sein könnte, Bewerbungen zu sammeln. So könnten sie auf hochqualifizierte Bewerber warten und die Lohnkosten drücken.

8 Bewerber sitzen für einem Büro und warten auf Rückmeldung.
Durch KI erhöht sich die Zahl der Bewerbungen (Symbolbild). Getty, fotostorm

Was Bewerber tun können, wenn sie keine Antwort erhalten

Laut dem Recruiting-Experten Sladjan Petkovic ist das Phänomen bereits seit Jahren bekannt und tritt in allen Phasen des Bewerbungsprozesses auf. Selbst nach einem persönlichen Gespräch käme es vor, dass Unternehmen sich einfach nicht zurückmelden.

Der Experte nennt drei Hauptgründe für so ein Verhalten.

  1. Kommunikation in der Firma: Manchmal läge es nicht am Bewerber, sondern am Unternehmen. Petkovic kennt viele Fälle, in denen die Bewerbungsunterlagen im Unternehmen „versickern“ und sich niemand zuständig fühlt.
  2. Funkstille als Antwort: Viele Personaler machen es sich einfach: Wer keine Antwort erhält, hat den Job. Das sei zwar schlechter Stil, doch oftmals fehle schlicht die Zeit, um allen Bewerbern persönlich abzusagen, sagt der Experte.
  3. Prozess ist abgeschlossen: Manchmal reagieren Unternehmen nicht schnell genug, nachdem sie eine offene Position besetzt haben. Bewerber sollten daher immer auf den in der Anzeige angegebenen Bewerbungszeitraum achten. Manchmal haben Recruiter bereits einen Kandidaten im Auge und antworten deshalb nicht, berichtet der Personalberater. 

Petkovic rät dazu, nach einem Gespräch selbst dafür zu sorgen, dass die Kommunikation nicht abreißt. Eine Follow-up-Nachricht des Bewerbers könne eine wichtige Geste sein, um Wertschätzung und anhaltendes Interesse zum Ausdruck zu bringen. 

Bewerber drehen den Spieß um: Office-Ghosting und Karriere-Catfish

Allerdings ist der Arbeitsmarkt in vielen Branchen zunehmend eher bewerberorientiert. Der demographische Wandel und ein grassierender Fachkräftemangel gibt Bewerbern mehr Macht gegenüber den Arbeitgebern. Eine Umfrage von Number Barn mit Fokus auf große Ballungsräume in den USA zeigt, dass 41 Prozent der Bewerber aus der Generation Z und 37 Prozent der Millenial-Bewerber schon einmal ihren potentiellen Arbeitgeber geghostet haben.

Auch wenn bereits ein Arbeitsvertrag unterschrieben ist, können sich Unternehmen nicht sicher sein. Ein Eine Umfrage von CV-Genius unter 1000 Arbeitnehmern in Großbritannien zeigt, dass besonders junge Bewerber zum „Karriere-Catfish“ werden. Rund 34 Prozent der Befragten aus der Generation Z erschienen einfach nicht zum ersten Arbeitstag. Manchmal kommt es auch vor, dass neue Angestellte einfach abhauen und nur einen Zettel zurücklassen.