USA - Gen Z-Bewerber ghosten Unternehmen, ehe sie überhaupt eingestellt sind
Immer mehr junge Arbeitssuchende ghosten potenzielle Arbeitgeber während des Bewerbungsprozesses plötzlich. Das bedeutet, sie melden sich nicht mehr, sind nicht mehr erreichbar und verschwinden sozusagen von der Bildfläche, so berichtet „Newsweek“.
41 Prozent der Gen-Z-Bewerber geben zu potenziellen Arbeitgeber zu ghosten
Eine aktuelle Umfrage von Number Barn zeigt, wie verbreitet dieses Phänomen vor allem in der Generation Z ist. Rund 41 Prozent der Gen-Z-Bewerber geben zu, potenzielle Arbeitgeber während des Bewerbungsprozesses zu ghosten. Bei den Millennials sind es nur 37 Prozent.
Die Ergebnisse basieren auf den Antworten von 1500 Einwohnern der 30 größten Ballungsräume in den USA. Die Städte mit den höchsten Ghosting-Raten während des Bewerbungsprozesses sind dabei laut „Newsweek“ Washington, D.C., Tampa, San Francisco, Austin und Las Vegas
„Jetzt werden die Unternehmen mit ihren eigenen Waffen geschlagen“
Der Personalberater Bryan Driscoll erklärte gegenüber Newsweek: „Die Generation Z ist nicht aus dem Nichts heraus so mit Arbeitgeber umgegangen. Diese haben schon seit Jahrzehnten von ihrer Seite aus mögliche Kandidaten plötzlich geghostet. Jetzt werden sie mit ihren eigenen Waffen geschlagen.“
Das bedeute zwar nicht, dass er mit dem Ansatz beider Seiten einverstanden sei, aber er verstehe ihn. Viele Unternehmen seien lange von der Annahme ausgegangen, dass Arbeitssuchende für jede Gelegenheit dankbar sein sollten. Deshalb haben sie sie mit endlosen Vorstellungsgesprächen, unbezahlter Arbeit, vagen Zeitvorgaben und zwischendurch immer wieder mit Funkstille hingehalten.
Gen Z lässt sich schlechte Behandlung durch Arbeitgeber nicht mehr bieten
„Jetzt, da jüngere Arbeitnehmer mehr Möglichkeiten und Macht haben, lassen sie sich diesen Umgang nicht mehr gefallen“, fügte Driscoll hinzu. Auch der Finanzexperte und CEO der 9i Capital Group äußerte gegenüber Newsweek Verständnis für diesen Trend: „Jüngeren Generationen sind misstrauisch gegenüber Unternehmen geworden - nicht aus freien Stücken, sondern aus Erfahrung. Viele haben gesehen, wie ihre Eltern von ihren früheren Arbeitgebern behandelt wurden.“
Alex Beene, Dozent für Finanzwissen an der University of Tennessee erklärt laut „Newsweek“, dass die Gen Z das Ghosting vor allem dann einsetzt, wenn sie das besprochene Gehaltspaket nicht für ausreichend hält. Das Problem dabei sei allerdings, dass man sich auf diese Weise leicht eine Tür verschließt, die in der Zukunft offen sein könnte.
„Anstatt Gen Z die Schuld zu geben, sollten Unternehmen dies als Weckruf verstehen“
Die Unternehmen, die echte Beziehungen zu den Bewerbern aufbauen und wettbewerbsfähige Stellen anbieten, werden wahrscheinlich nicht mit dem Ghosting-Problem konfrontiert, so der Personalberater Driscoll.
„Dieser Wandel spiegelt eine wachsende Ablehnung überholter Arbeitsplatznormen wider. Jüngere Arbeitnehmer wissen, was sie wert sind, und haben keine Angst, Jobs zu kündigen, die nicht ihren Erwartungen entsprechen. Anstatt der Generation Z die Schuld zu geben, sollten Unternehmen dies als Weckruf verstehen. Wenn sie wollen, dass sich die Bewerber engagieren, müssen sie anfangen, sie wie Menschen zu behandeln“, unterstreicht er.
Gen Z krempelt Bewerbungsprozess um und will Lebensläufe abschaffen
Die Gen Z hat ganz neue Ansprüche an Arbeitgeber und möchte die vorherrschenden Bewerbungsprozesse am liebsten vollständig umstellen: Eine Umfrage von CVwizard.com zeigt, dass 62 Prozent der Generation Z glauben, traditionelle Lebensläufe werden bis 2028 obsolet. Experten wie Alex Beene von der University of Tennessee stimmen zu, dass sich Bewerbungen zunehmend über soziale Medien oder firmeneigene Portale abwickeln werden.
Auch wenn sie bereits eingestellt sind, nutzen Arbeitnehmer der Generation Z das Ghosting, traditionellen Arbeitsstrukturen entgegenzutreten. „Office Ghosting“ ist dabei besonders problematisch und sorgt für viel Unmut auf Arbeitgeberseite.
Es tritt insbesondere in der Arbeitswelt nach Corona auf. Angestellte behaupten, im Büro zu sein, erscheinen jedoch selten. Dies beeinträchtigt das Büroklima und die Produktivität. Eine Umfrage von „Intelligent“ ergab, dass mehr als die Hälfte der Unternehmen im letzten Jahr Gen Z-Mitarbeiter aufgrund mangelnder Arbeitsmoral und fehlender Berufserfahrung entlassen haben.