Kritik an geplantem E-Auto-Privileg: Bürgermeister sehen Eingriff in Selbstverwaltung
Ab April 2025 sollen Elektroautos eine begrenzte Zeit auf allen öffentlichen Parkplätzen kostenlos parken dürfen. Bürgermeister aus dem Landkreis kritisieren diesen Beschluss.
Landkreis – Drei Stunden lang sollen Elektroautos ab 1. April 2025 auf allen öffentlichen Parkplätzen kostenlos stehen dürfen. Das hat, wie berichtet, der Ministerrat auf Vorschlag von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann am Dienstag beschlossen. Drei Bürgermeister aus dem Landkreis ordnen den Vorstoß exemplarisch ein.
Bad Wiessee
Klare Worte findet unter anderem Robert Kühn (SPD) zu dem geplanten Privileg. „Auf keinen Fall“ sollte der Beschluss so umgesetzt werden, findet der Bad Wiesseer Bürgermeister. „Das greift in die kommunale Selbstverwaltung ein und wird insbesondere in Tourismusregionen zum Problem.“ Schließlich sei auch ein E-Auto ein Auto. „Es steht im Stau und braucht einen Stellplatz wie alle anderen auch.“ Um den Verkehrsdruck zu reduzieren, müssten vielmehr Anreize für den Umstieg auf Bus und Bahn geschaffen werden und nicht für die Anreise mit dem Auto, findet Kühn.
Schon jetzt habe die Gemeinde Bad Wiessee mitunter die höchsten Parkgebühren im Landkreis, um den Parkraum zu regulieren, erklärt der Bürgermeister. Schließlich müssen die vorhandenen Flächen zwischen Einwohnern, Tagesgästen und Urlaubern irgendwie aufgeteilt werden. „Dieser Balanceakt ist sehr schwierig“, sagt Kühn. Der wohl gut gemeinte Beschluss greife außerdem in die Einnahmesituation der Gemeinde ein. Rund 450 000 Euro kommen durch die Parkraumbewirtschaftung jährlich zusammen, sagt Kühn. Das Geld werde für die Wiederherstellung der Infrastruktur benötigt.
Holzkirchen
Auch in der einwohnerstärksten Kommune im Landkreis ist der öffentliche Parkraum begehrt. Entsprechend kritisch sieht Holzkirchens Bürgermeister Christoph Schmid (CSU) den Vorstoß der Staatsregierung. Grundsätzlich könne er Bemühungen in der Transformation zur Elektromobilität zwar nachvollziehen, sagt Schmid. Auch privat sei er selbst bereits zwei Jahre lang ein Elektroauto gefahren. „Aber ein Auto ist ein Auto und braucht seinen Platz – unabhängig vom Antrieb“, findet auch er. Der öffentliche Raum sei ihm für eine generelle Privilegierung deshalb zu wertvoll.
Die Regelung sei zum jetzigen Zeitpunkt vermeintlich unproblematisch, weil noch verhältnismäßig wenige Elektroautos unterwegs sind. „Aber das kann man später nicht mehr einfangen“, befürchtet Schmid. Hätte die Marktgemeinde selbst entscheiden müssen, hätte er deshalb für einen Kompromiss plädiert: Für die Dauer der Ladevorgänge an öffentlichen Säulen sollten Elektroautos kostenlos parken dürfen. Auf allen anderen öffentlichen Parkplätzen sollte die Regelung einheitlich bleiben.
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Generell sei das Parken in Holzkirchen „vergleichsweise günstig“, sagt Schmid. Die Steuerung der Fortbewegung solle nicht mit der Brechstange durchgesetzt werden. Ein Stück Regulierungsmöglichkeit geht aber freilich verloren.
Miesbach
Ähnlich kritisch sieht auch Bürgermeister Gerhard Braunmiller (CSU) die Auswirkungen auf die Kreisstadt. „Das sollte unsere Sache sein“, sagt er. Jede Stadt sei anders und könne am besten selbst entscheiden, wie der Parkdruck reguliert werden soll. „Wir haben zwar viele Parkplätze“, sagt Braunmiller. „Aber man muss sie steuern.“ Er befasse sich dafür gerade mit Parkleitsystemen.
Dass durch den Erlass von Parkgebühren ein Anreiz für den Umstieg auf Elektroautos entsteht, glaubt der Miesbacher Rathauschef ohnehin nicht. „Dafür ist die Ersparnis zu gering.“ Außerdem dürfen Elektroautos für die Dauer des Ladevorgangs schon jetzt an den öffentlichen Säulen kostenlos parken, erklärt Braunmiller. nap