Zeitreise im Brunnen: Ebersberg feiert 70 Jahre Stadterhebung mit humorvollem Theaterabenteuer

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Auftakt zur Zeitreise: Historiker Dr. Ludwig Rottenmeier (Franz Reiner, Mitte) und Reporterin Franziska Siebenböck (Christl Bergmeier, 2.v. li.) vor ihrem Sturz in den Brunnen mit weiteren Journalisten an der Fundstelle. © SRO

Ein Theaterstück im Alten Speicher in Ebersberg nimmt die Zuschauer mit auf eine humorvolle Zeitreise. Die Hauptdarsteller stolpern durch verschiedene Epochen der Stadtgeschichte von Ebersberg. Doch wer hat den mysteriösen Brunnen im Wald gegraben?

Ebersberg – Mit der Zeitreiserei ist es so eine Sache. Tritt man in der Vergangenheit den falschen Käfer tot, wachsen schlimmstenfalls in der Zukunft die Bäume mit den Wurzeln voraus aus dem Boden. Aber die Neugier im Ebersberger Alten Speicher war am Ende größer als die Sorge um das Raum-Zeit-Kontinuum. Pünktlich zum 70-jährigen Jubiläum der Stadterhebung musste ans Licht, welche mysteriösen Gestalten „Am Brunnen tief im Walde“ gegraben hatten.

Den Premierengästen des gleichnamigen Theaterstücks am Freitag im nahezu bis auf den letzten Platz gefüllten Alten Speicher versprach der Initiator und Chef des Verschönerungsvereins, Georg Schuder: „Sie werden überrascht sein!“, um nachzuschieben: „Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft mitgestalten.“

Ein Sturz in den geheimnisvollen Brunnen - und in die Vergangenheit

Und so stürzte die Schauspielertruppe aus durchaus renommierten Laienschauspielern und bekannten Ebersberger Gesichtern das Publikum in den geheimnisvollen Brunnenschacht, und damit in ein humoriges Zeitreiseabenteuer. Getragen wurde die Geschichte von den Hauptdarstellern Christl Bergmeier und Franz Reiner. Reiner musste als der Historiker Dr. Ludwig Rottenmeier, den er verkörperte, viel Geduld mit seiner Zeitreisepartnerin aufbringen – sie und das Publikum gleichermaßen lernten aus seinen Erklärungen wie von einem Reiseführer, wie es in den verschiedenen Epochen der Ebersberger Geschichte zuging. Bergmeier spielte die Journalistin Franziska Siebenböck, die dem Geschehen mit viel schauspielerischem Herzblut, viel Mimik und Körpereinsatz Tempo und Komik verlieh – etwa, wenn sie mit einem herzhaften „Ja, leck mich am Arsch!“ zeitreisespinnert aus dem Brunnen ins nächste Abenteuer taumelte.

Altbürgermeister Walter Brilmayer als Graf Eberhard.
Altbürgermeister Walter Brilmayer als Graf Eberhard. © SRO

Das Duo purzelte von 1654, als in Ebersberg die Jesuiten das Sagen hatten, ins Jahr 954. Dort begegneten sie dem leibhaftigen Grafen Eberhart – verkörpert von Ebersbergs Altbürgermeister Walter Brilmayer, dem die Rolle wie auf den Leib geschneidert war. Doch hörten sie wie auch in der Römerzeit, 254, immer wieder den Satz: „Der Brunnen war immer schon da!“

Was das Publikum zum Lachen brachte

Das Publikum genoss die kleinen Seitenhiebe. Etwa wenn den Jesuiten der Klingelbeutel näher als das Seelenheil war, wie die gottesfürchtige Klosterladenmieterin Annamirl (Barbara Stinauer) zu ihrem Entsetzen vom findigen Pater Ignatius (Christoph Probstmeier) lernte, der nicht nur lateinische Sprüche, sondern auch den Mehrfachverkauf von Reliquien beherrschte.

Klosterladenmieterin Annamirl (Barbara Stinauer) und Pater Ignatius (Christoph Probstmeier) zur Zeit der Jesuiten.
ebe-theater-brunnen-04.jpg © SRO

Die großen Lacher erntete Wolfgang Oppler, Münchner Turmschreiber, Ebersberger und Autor des Stücks, mit Situationskomik und Wiedererkennungswert. Etwa, als Bürgermeister Uli Proske und TSV-Chef Martin Schedo als orientierungslose Römersoldaten über die Bühne turnten und sich Neu-Römerin und eigentlich Alteingesessene Sulpicia (Elfriede Brilmayer) über das „neumodische Zeig“ der Römer lustig machte, etwa einen geplanten Turm auf der „Ludovicus-Höhe“.

Sulpicia und Flavia (Elfriede Brilmayer und Angela Warg) machen sich über die Römersoldaten, verkörpert von Bürgermeister Ulrich Proske und TSV-Chef Martin Schedo, lustig.
Sulpicia und Flavia (Elfriede Brilmayer und Angela Warg) machen sich über die Römersoldaten, verkörpert von Bürgermeister Ulrich Proske und TSV-Chef Martin Schedo, lustig. © SRO

Und natürlich dauerte es nur bis zum zweiten Aufzug, bevor das dem mittelalterlichen Ebersberger Gerstensaft unterlegene Bier aus der Region Erwähnung fand – der Hieb in Richtung Grafing brachte den Saal zum Johlen. Ebenso der Geister-Kurzauftritt der ehemaligen Stadtarchivarin Antje Berberich als Weiße Frau aus dem Ebersberger Forst.

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Die ehemalige Stadtarchivarin Antje Berberich als Weiße Frau aus dem Ebersberger Forst.
Die ehemalige Stadtarchivarin Antje Berberich als Weiße Frau aus dem Ebersberger Forst. © SRO

Starke musikalische Umrahmung des Theaterstücks

Bis in die Steinzeit und schließlich in die Zukunft führte die augenzwinkernde Zeitreise auf den Spuren des Brunnens. Die musikalische Umrahmung der Szenenwechsel erwies sich dabei als viel mehr als nur ein Lückenbüßer. Mit großem Applaus quittierte das Publikum die teils selbst komponierten Musikstücke der Familienmusik Augenstein und des Blechbläser-Quintetts Liab Braas unter der Leitung von Martin Augenstein. Mit Gong, Holzrechen und Alphorn sorgten sie für besondere musikalische Momente und moderierten die Aufzüge an – etwa mit selbst komponierter Kieselstein-Percussion und dem Flintstones-Titelsong, als es ganz weit in die Vergangenheit ging.

Die Familienmusik Augenstein und des Blechbläser-Quintetts Liab Braas unter der Leitung von Martin Augenstein.
Die Familienmusik Augenstein und des Blechbläser-Quintetts Liab Braas unter der Leitung von Martin Augenstein. © ja

Zukunft und Vergangenheit: Der Brunnen und seine nicht ganz ernste Geschichte

In Zukunft, erfuhren die Gäste, 2054, zum Hundertjährigen der Stadterhebung, spielt der TSV Ebersberg in der Fußballbundesliga. Der Weltfrieden ist gesichert und der Ebersberger Brunnen rangiert, was den Bedeutungsgrad angeht, auf einer Ebene mit Stonehenge und den ägyptischen Pyramiden. Bevor sich die Journalistin und der Historiker in einem Liebesfinale um den Hals fallen, fällt ein Satz über Ebersberg, den das Publikum ohnehin schon im Herzen trug, bewies der Applaus: „Das klingt ja wie das Paradies auf Erden!“

Das gesamte Ensemble auf der Bühne, als es in die Zukunft geht – in der Mitte als Benediktinerpater Wolfang Oppler, der Autor des Stücks.
IMG20240614201707.jpg © ja

Bliebe nur noch zu klären, wann und wer jetzt diesen verhexten Brunnen im Forst gegraben hat. Es war 2954 vor Christus, lüftet Steinzeitmann Klumphax (Robert Bauer) das Rätsel unter großem Gelächter: Der Verschönerungsverein war’s, damals schon, weil Ebersberg eine Touristenattraktion gebraucht hat. Und da das Theaterstück „Am Brunnen tief im Wald“ den Anspruch hat, „die vielleicht einzig wahre Geschichte Ebersbergs“ zu erzählen, wird es wohl so gewesen sein.

Axtvertreter Marcus Müller verkauft den Steinzeitmännern Klumphax (Robert Bauer) und Buckel (Helmut Stalla) ein „Kupfi 3000“-Kupferbeil.
Axtvertreter Marcus Müller verkauft den Steinzeitmännern Klumphax (Robert Bauer) und Buckel (Helmut Stalla) ein „Kupfi 3000“-Kupferbeil. © ja

*Das Theaterstück „Am Brunnen tief im Walde“ wird am Samstag, 15. und Sonntag, 16. Juni nochmals aufgeführt, Veranstaltungsbeginn jeweils 19 Uhr. Restkarten an der Abendkasse erhältlich..

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