„Zu 100 Prozent ein bodenständiger Mensch“: Wolfratshauser erinnert sich an Franz Beckenbauer

Видео по теме

" frameborder="0" allowfullscreen allow="accelerometer; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture">
  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Geretsried-Wolfratshausen
  4. Wolfratshausen

„Zu 100 Prozent ein bodenständiger Mensch“: Ex-Mitspieler erinnert sich an Franz Beckenbauer

Kommentare

Shakehands und Wimpeltausch gehören zum guten Ton beim Freundschaftsspiel. So wie 1975 zwischen dem FC Bayern – vertreten durch Franz Beckenbauer (li.) – und dem TSV Wolfratshausen mit Kapitän Georg Benke. © Privat

Franz Beckenbauer hinterließ Spuren in Wolfratshausen: Er kickte vor tausenden Fans in der Loisachstadt - und war mit Hubert Windsperger eng befreundet. Der erinnert sich.

Wolfratshausen – Für die meisten Fußballfans war er der Kaiser, die Lichtgestalt. Für Hubert Windsperger war der jetzt verstorbene Franz Beckenbauer nur „mein Freund, der Franz“. Jahrzehntelang verband den Wolfratshauser eine enge Verbindung mit der wahrscheinlich prägendsten Figur des deutschen Fußballs. Gemeinsam schlossen sie die Ausbildung bei der Allianz-Versicherung ab, stiegen 1964 mit dem FC Bayern in die Bundesliga auf und feierten 1966 den zweiten Pokalsieg der Vereinsgeschichte. Sogar im Tonstudio standen sie zusammen. Damals nahm Beckenbauers Zweitkarriere als Sänger gerade Fahrt auf, und die Bayern-Mitspieler sangen den Hintergrund von „Gute Freunde kann niemand trennen“.

Franz Beckenbauer und Hubert Windsperger
Gemeinsam feierten sie den Aufstieg: Hubert Windsperger und Franz Beckenbauer als junge Bayern-Profis. © Privat

Franz Beckenbauers Spuren in Wolfratshausen: Tausende jubelten ihm zu - einer nannte ihn seinen Freund

Die Kernaussage von Beckenbauers Schlagerhit trifft auch auf die jahrzehntelange Verbindung Windspergers mit dem Münchner zu. Selbst nachdem der Wolfratshauser direkt nach dem Pokalsieg gegen den Meidericher SV – einer der Torschützen beim 4:2: Beckenbauer – die Säbener Straße verließ und bei Preußen Münster anheuerte, blieb der Kontakt bestehen. „Wir haben immer wieder telefoniert und uns noch regelmäßig gesehen.“ Das ging Jahrzehnte so weiter. Auch die Söhne der beiden einstigen Teamkollegen – Stephan Windsperger und der 2015 verstorbene Stephan Beckenbauer – kickten gemeinsam im Bayern-Nachwuchs. Die Nachricht vom Tod des langjährigen Freundes „hat mich schon sehr berührt, weil wir so eine enge Freundschaft hatten“, sagt der 79-jährige Wolfratshauser. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Bundesliga-Aufstiegsmannschaft von 1964 möchte er die Trauerfeier für den Kaiser besuchen. Kennengelernt hatten sich Windsperger und Beckenbauer übrigens abseits des Fußballplatzes. In der Berufsschule saßen die jungen Männer in einer Klasse. „Der Franz hat mich dann zum FC Bayern geholt“, erinnert sich Windsperger. Damals waren beide noch Jugendkicker.

74 Weltmeister, 75 im Isar-Loisach-Stadion: Franz Beckenbauer kickte im neuen Stadion

Etwas mehr als zehn Jahre danach wurde Beckenbauer zur Lichtgestalt: Er führte die Nationalmannschaft als Kapitän zum Weltmeistertitel 1974. Ein Jahr nach dem Triumph gastierte er in Wolfratshausen. Nicht alleine, sondern als Kapitän des FC Bayern München. „Es war ein gigantisches Erlebnis“, sagt Gerdi Benke über den 29. Juli 1975. Die Wolfratshauserin war und ist glühender Fußballfan. Ihr heutiger Mann, Georg, schüttelte dem Kaiser direkt vor dem Anpfiff die Hand. Benke als Kapitän des TSV Wolfratshausen, Beckenbauer als Bayern-Spielführer. Ein postergroßes Foto erinnert noch heute im Hause Benke an die Wimpelübergabe zwischen den Kickern.

FC Bayern zu Gast beim TSV Wolfratshausen - Beckenbauers Wutausbruch macht Schlagzeilen

Aus sportlicher Sicht war das 2:19 eine erwartbar klare Angelegenheit für den heutigen deutschen Rekordmeister. Trotzdem schaffte es der Oberland-Testkick in die Bild-Zeitung – was direkt mit dem Weltmeisterkapitän zu tun hatte. Schuld war der wohl einzige Moment, in dem der Kick kurzzeitig so wirkte, als sei das Freundschaftsspiel ausgeglichen. Nach 16 Minuten traf der Wolfratshauser Maximilian Auer zum 1:1-Ausgleich. Und dem FCB-Libero verging gründlich die Laune. „Ja, sind wir denn nur Blinde“, tobte der 29-jährige Beckenbauer.

„Zu 100 Prozent ein bodenständiger Mensch“: Hubert Windsperger erinnert sich an seinen Freund

Und weil das Wort Beckenbauers schon damals Gewicht hatte, hatte so ein kleiner Wutausbruch auf dem Fußballplatz Folgen. In diesem Fall bedeutete das: Die Münchner rissen sich zusammen und schenkten den Wölfen noch 18 Tore ein. Zwei davon schoss Beckenbauer höchstselbst – bejubelt von rund 6000 Zuschauern, die dem Spektakel beiwohnten. „Schon eine Stunde vor dem Anpfiff herrschte Hochstimmung“, erinnerte sich Heinz Richter an die Partie – der spätere Mitarbeiter unserer Zeitung war damals Trainer der Wölfe. Tausende Fans feierten anschließend den Fußballer Beckenbauer. Windsperger kannte den Menschen dahinter. „Er war immer und zu 100 Prozent ein bodenständiger Mensch“ und über Jahrzehnte hinweg ein loyaler Freund.

Mehr News finden Sie in unserer brandneuen Merkur.de-App, jetzt im verbesserten Design mit mehr Personalisierungs-Funktionen. Direkt zum Download, mehr Informationen gibt es hier

Tod von Franz Beckenbauer - Edmund Stoiber „sind die Tränen gekommen“

Der Tod von Franz Beckenbauer hat weltweit Trauer ausgelöst. Mehr als 40 Jahre war Bayerns Ex-Ministerpräsident, Wolfratshausens Ehrenbürger Dr. Edmund Stoiber, mit dem Verstorbenen befreundet. Stoiber gehört als Vorsitzender des Verwaltungsbeirats des Fußball-Rekordmeisters FC Bayern München auch dem Aufsichtsrat des Vereins an. „Meine Frau und ich waren gerade spazieren, als unser Sohn Dominic anrief und die Todesnachricht überbrachte“, sagt er. „Das hat mich sehr, sehr getroffen. Abends sind uns beiden die Tränen gekommen“, gibt der 82-Jährige ehrlich zu.

Das erste Mal gesehen habe er Beckenbauer 1963 während seiner Studienzeit. „Ich bin früher nach der Uni öfter an der Säbener Straße vorbeigefahren und habe beim Training zugeschaut.“ Dort sei ihm ein ungewöhnlich talentierter, extrem sportlicher, damals 18-jährige Spieler aufgefallen. „Ich habe einen Mann neben mir gefragt, wer das ist, und er meinte zu mir: ,Der heißt Beckenbacker oder so’“, erinnert sich Stoiber und lacht. „Ab Mitte der 1980er-Jahre, als ich schon Leiter der bayerischen Staatskanzlei war, hatten wir natürlich immer wieder miteinander zu tun, und es hat sich eine Freundschaft entwickelt.“ Einige Geburtstage habe man zusammen gefeiert und natürlich auch viele Bayernspiele als Sitznachbarn im Stadion gemeinsam gesehen. Bis heute ist Stoiber bei den meisten Heimspielen in der Allianz-Arena. „Ich bin ein großer FC-Bayern-Fan. Der Fußball war mir immer eine emotionale Stütze.“

Der Tod Beckenbauers ist laut Stoiber ein großer Verlust für den deutschen Fußball. „Jemanden wie ihn gibt es kein zweites Mal. Er war ein Weltklassespieler, hat als Trainer Deutschland zum Weltmeister gemacht und große Verdienste daran, dass 2006 die WM hier ausgetragen wurde.“ Trotz seiner Berühmtheit sei Beckenbauer stets bodenständig gewesen. „Ob Wachmann oder Bedienung, er ist jedem auf Augenhöhe begegnet, ihm war kein Autogramm zu viel.“ Stoiber betont: „Diesen Wesenszug hat nicht jeder Superstar und Beckenbauer war definitiv der beste deutsche Fußballer aller Zeiten.“ (feb)

Auch interessant

Kommentare