Gegen Luftabwehr der Ukraine: Kiew-Angriff deutet auf neue Russland-Taktik hin
Russland verändert konstant seine Strategie im Ukraine-Krieg. Die Angriffe auf Kiew, die ein Kinderkrankenhaus trafen, weisen auf eine neue Taktik hin.
Kiew – Um die Schäden bei Attacken zu maximieren, verändert Russland im Ukraine-Krieg konstant seine Strategie. Auch hinter den Angriffen vom Montag (8. Juli), die unter anderem ein ukrainisches Kinderkrankenhaus trafen, könnte eine neue Strategie stecken. Ein Fokus ist laut dem früheren Sprecher für ukrainische Luftstreitkräfte, Yurii Ihnat, die Aufklärung und die Effizienz von Raketen und Drohnen.
Informationen des Oberst Ihnat zufolge, die er in einem Facebook-Beitrag teilte, sind die Raketen bei den Angriffen vom Montag auf besonders niedrigen Höhen geflogen, teils nur 50 Meter über dem Boden. So konnte seinen Angaben nach nur etwa drei Viertel der Raketen abgefangen werden. Für die Luftabwehr ist die Strategie eine Herausforderung, die sich in den Folgen des Angriffs vom Montag widerspiegelt.

Teil der Taktik Russlands? Angriff auf Kinderkrankenhaus wahrscheinlich mit Marschflugkörper
Laut Angaben der Tagesschau ging die UN bei dem Angriff auf das Kinderkrankenhaus Ochmatdyt „sehr wahrscheinlich“ davon aus, dass das Gebäude von einem russischen Marschflugköper getroffen wurde. Danielle Bell zufolge, die Leiterin der UN-Mission zur Beobachtung der Menschenrechte in der Ukraine, handelte es sich um einen Marschflugkörper des Typs CH-101. Der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU teilte diese Einschätzung. Russland streitet derweil ab, etwas mit dem Treffer zu tun zu haben.
Bei dem CH-101 handelt es sich um einen luftgestützten Marschflugkörper mit Tarnkappentechnik, die die Ortung der Rakete erschwert. Das Model ermöglicht einen sogenannten Konturenflug, der in einer Flughöhe von 30 bis 70 Meter erfolgt. Auch Drohnen erlauben jedoch niedrige Flughöhen. Sollte Russland die neue Strategie weiter verfolgen, lässt sich so davon ausgehen, dass beide Kriegsmittel in der Wichtigkeit für die russische Strategie weiter steigen.
Neue Strategie Russlands fordert die Luftabwehr der Ukraine
Durch die Taktik, die in den neuesten Angriffen im Ukraine-Krieg durchscheint, hat die ukrainische Luftverteidigung immer nur einen sehr kurzen Reaktionszeitraum, bis die Rakete nahe am Boden ist. Ihnat gab an, dass dann bei dem Abschuss durch die Luftverteidigung auch Schaden am Boden ausgerichtet würde. Verstärkt würde die durch die Taktik, elektromagnetische Erkennungszeichen wie ein GPS-Signal möglichst bis kurz vor dem Ziel zu minimieren, um die Erkennung durch das ukrainische Militär zu vermeiden.
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Die Ukraine hatte laut dem Institute for the Study of War in der Vergangenheit relativ gute Abfangraten bei CH-101-Raketen. Durch die Strategie aus minimierter Erkennung und vermehrten Konturenflügen steht das ukrainische Militär nun allerdings vor neuen Herausforderungen, an die es sich zwangsweise anpassen muss.
Generell lässt sich bei der Entwicklung der russischen Taktik ein Trend hin zu gezielteren Angriffen erkennen. So hatte Russland bereits vor einiger Zeit den Fokus auf kritische Infrastruktur in der Ukraine gesetzt oder mithilfe der sogenannten „Double Tap“-Strategie die Stärke von Angriffen auf ein bestimmtes Ziel verstärkt. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund befürwortet der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wohl auch die Zusage von weiteren Mitteln zur Luftabwehr beim Nato-Gipfel. (lismah)