Mehlbeere: Ein Baum, der Hitze und Schnee trotzt
Die Mehlbeere, Baum des Jahres 2024, ist ein wahres Kraftpaket. Sie hält extremen Temperaturen stand und spielt eine wichtige Rolle im Gebirge. Trotz ihrer geringen Größe kann sie bis zu 200 Jahre alt werden.
Sie ist einer der Zukunftsbäume weil sie besonders tolerant gegen Trockenheit und Hitze ist: die Mehlbeere. Ein Kuratorium, dem knapp 40 Verbände angehören, kürte sie zum Baum des Jahres 2024. Im Landkreis muss man genau hinschauen, um den Laubbaum zu entdecken. Und meistens hilft ein Blick auf die charakteristischen Blätter, um ganz sicherzugehen, dass man vor einem Exemplar der Mehlbeere steht.
Baum spielt eine untergeordnete Rolle im Wald
„Sie ist eine der am wenigsten bekannten Baumarten, weil sie wirtschaftlich bisher keine Bedeutung hatte“, berichtet Förster Robert Nörr. Die Mehlbeere sei sehr konkurrenzschwach und könne sich gegenüber den meisten anderen Bäume nicht durchsetzen. Und sie gehöre auch nicht gerade zu den mächtigsten Baumarten. Ein prächtiges Exemplar ist im Geretsrieder Stadtwald zu finden, und zwar am Radweg in Richtung Wolfratshausen. Knapp 15 Meter misst der Baum, den Robert Nörr an diesem Tag unserer Zeitung zeigt. „Und recht viel höher werden Mehlbeeren nicht“, berichtet der Fachmann. Immerhin können sie 200 Jahre alt werden – wenn man sie hegt und pflegt.
Auch wenn die Baumart im Wald eine untergeordnete Rolle spielt, hat sie eine wichtige Funktion. „Im Gebirge wird sie in Lawinenschutzstrichen sehr gerne gepflanzt, weil sie sich gut verwurzelt“, sagt Nörr. „Da will man oft eigentlich nicht diese ganz großen Bäume haben.“ Bei hohen Bäumen sei die Hebelkraft zwischen Boden und Krone stärker, und Unwetterschäden seien somit wahrscheinlicher. Zudem sei die Mehlbeere eine relativ widerstandsfähige Baumart. Laut Nörr verträgt sie Hitze und Schnee sehr gut. „Sie schafft 35 Grad plus und 30 Grad minus ohne Probleme“, ergänzt Inken Domany vom Umweltamt der Stadt Geretsried.
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Beeindruckend sind laut dem Verein, der die Mehlbeere zum Baum des Jahres gekürt hat, die großen, klebrigen, grünen Knospen, die sich ab Mitte März öffnen. Dann treten die von dichtem silbergrauen Haarfilz bedeckten Triebe, Blätter und Blütenknospen zutage. Diese Behaarung verschwindet nach und nach, bleibt aber an den Blüten, beziehungsweise späteren Fruchtstielen, und vor allem an den Blattunterseiten als Verdunstungsschutz bis in den Herbst erhalten. Wenn im Sommer ein leichter Wind die Blätter hebt und die Blattunterseiten sichtbar werden, ist die Mehlbeere auch aus größerer Entfernung an der silberflimmernden Baumkrone gut zu erkennen. Ab Mitte Mai – bei kühlerem Wetter auch später – beginnt die Mehlbeere zu blühen mit weißen, leicht cremefarbigen Blüten. „Wunderschön machen sich ab Mitte September dann auch die sich nach und nach orange bis scharlachrot färbenden Früchte in der sich nun gelb und letztlich goldbraun färbenden Laubkrone.“
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Dieses Farbschauspiel lässt sich auch bei der Mehlbeere im Stadtwald verfolgen, vor der Nörr steht. Sie hat eine schön ausgebildete Krone mit vielen Blättern. Damit sich der rare Laubbaum in der Natur behaupten kann, muss meistens nachgeholfen werden. Der für den Stadtwald zuständige Försterkollege habe dafür gesorgt, dass der Baum genügend Licht bekommt, so Nörr. „Sonst wäre sie wohl schon abgestorben“, mutmaßt der Fachmann. Sie schaut rustikal aus und steht ein bisschen schief. Das sei ganz normal, sagt der Waldexperte. „Alle Laubbäume wachsen in Richtung Licht.“
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Ihre Früchte werden Beeren genannt, obwohl es botanisch korrekt wäre, sie als Apfelfrüchte zu bezeichnen, so Nörr. Vögel, insbesondere Drosseln, Mäuse und Rehe mögen sie gerne. Möglicherweise rührt der Name des Baumes von den Früchten, die mehlig schmecken. „Die Härchen an den Blättern schauen aus wie mit Mehl bestäubt“, liefert Nörr eine weitere mögliche Erklärung. Über ihr Vorkommen sagt er: „Maximal bis zur Mitte von Deutschland, weiter nördlich wird es ihr zu kalt.“
Sie ist häufig an Steilhängen der Isar zu finden
In unserer Region ist sie auch noch auf einer Höhe von fast 1600 Metern anzutreffen. „Im Nordlandkreis stehen die Mehlbeeren häufig an Steilhängen runter zur Isar, gerade auf der Ostseite. „Da ist der Boden oft trocken, da tun sich andere Baumarten viel schwerer.“ Sie bevorzugt kalkreiche Böden. Anfangs ertrage sie noch viel Schatten. „Dann braucht sie extrem viel Licht.“ Für einen schönen, stufigen Waldrand sei sie eine tolle Baumart, findet Nörr.
Im Geretsrieder Stadtwald ist die Mehlbeere häufig zu finden. Auch im Stadtgebiet gibt es schöne Exemplare. Laut Umweltamtsmitarbeiterin Domany stehen unter anderem vor dem Museum an der Graslitzer Straße zwei schwedische Mehlbeeren. „Sie ist ein guter Straßenbaum“, sagt die Biologin. Denn sie würden zur Feinstaubbindung und Lärmminderung beitragen.

Steckbrief Mehlbeere
Blatt: oval bis eiförmig mit
filziger weißer Unterseite;
Rinde: anfangs rötlich glänzend; im Alter braun und rissig;
Früchte: rundlich-ovale Apfelfrüchte mit kleinen Kernen;
Wurzel: tiefwurzelnd;
Höhe: maximal 15 Meter;
Altersgrenze: 200 Jahre;
Vorkommen im Landkreis: sonnige Standorte an Waldrändern, an Steilhängen und auf Mager- und Trockenrasen;
Holzeigenschaften: Das Holz der Mehlbeere gehört zu den härtesten europäischen Hölzern. Es ist hell. Wenn es gedämpft wird, wird es hellbraun bis rosa und eignet sich für die Herstellung edler Möbel und Wandvertäfelungen.