FDP windet sich um Ampel-Ende: Nur gemäßigte Kritik an Koalition bei Parteitag

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FDP-Chef Christian Lindner beim Parteitag. © Hannes P Albert/dpa

Die FDP schart sich um ihren Chef. Christian Lindner macht deutlich, er will nicht den Knall der Ampel, sondern einen knallharten Wirtschaftskurs. Kritik an SPD und Grünen kommt nur gemäßigt.

Berlin – Wachstumsförderung, Steuersenkungen und keine neuen Sozialleistungen: FDP-Chef Christian Lindner hat mit dem Ruf nach einer „Wirtschaftswende“ für Deutschland die volle Unterstützung des Bundesparteitages der Liberalen bekommen. Der Bundesfinanzminister forderte SPD und Grüne am Wochenende auf, einen wirtschaftlichen Aufschwung zur Priorität der gemeinsamen Koalition zu machen. Lindner warnte vor einem Abstieg des Landes mit negativen Folgen für Wohlstand und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

FDP-Parteitag dreht sich um Wirtschaft: „Die nächsten Jahre dürfen keine Jahre der Krise werden“

Zu den wirtschaftspolitischen Forderungen beschlossen die mehr als 600 Delegierten am Wochenende einen Leit-Antrag des Bundesvorstands. Das zugrunde liegende Zwölf-Punkte-Papier zur Wirtschaftsbelebung durch Steuerentlastungen und Verschärfungen bei Sozialleistungen hatte vor allem bei der SPD für Verärgerung gesorgt. „Wenn ein Land in zehn Jahren von Platz 6 der Wettbewerbsfähigkeit auf Platz 22 zurückfällt, was ist dann dringlicher als eine Wende?“, sagte Lindner. „Denn in den nächsten Jahren muss unser Ehrgeiz sein, von 22 wieder in die Weltspitze zurückzukehren.“ Die Delegierten feierten Lindner für seine Rede dreieinhalb Minuten lang mit Beifall.

Am Sonntag legte sein Generalsekretär Bijan Djir-Sarai nach. Er mahnte, Deutschland dürfe im Wettbewerb nicht immer weiter zurückfallen. „Die nächsten Jahre dürfen keine Jahre der Krise werden. Es müssen vielmehr einmal mehr Jahre des Aufschwunges und des Wohlstandes werden.“

Lindners Rede war nach dem Ärger in der Koalition über die zwölf Punkte mit Spannung erwartet worden. Allerdings machte er in seiner mehr als einstündigen Rede mehrfach deutlich, dass er einen Erfolg der Ampel will, kein vorzeitiges Ende. Scharf griff er die Union an. Seine Partei hatte bei der letzten Bundestagswahl 11,5 Prozent geholt und dümpelt nun in Umfragen bei fünf.

Lindner wirbt um knallharten Wirtschaftskurs: Nur wenig Kritik an Ampel-Koalition

Lindner beschrieb Deutschland als wirtschaftlichen Absteiger. Die mittelfristige Wachstumsperspektive vor wenigen Jahren habe noch bei 1,5 Prozent gelegen und sei nun auf 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes gesunken. In den USA betrage sie jährlich zwei Prozent. Am Rande des Parteitags gab er das Ziel aus, diesen Wert in Deutschland wieder auf ein Prozent zu heben. Der Ampel-Erfolg hänge an der Wirtschaft.

„Wir haben tatsächlich die Köpfe. Wir haben das Know-how. Wir haben das Kapital. Aber unser Land steht sich zu oft selbst im Weg“, kritisierte Lindner in der Parteitagsrede. „Wir müssen uns selbst den Weg freigeben, denn wir haben keine Zeit zu verlieren.“

Wirtschaftlicher Niedergang ist aus seiner Sicht auch ein Demokratie-Risiko. Menschen mit dem Gefühl, sie seien von Abstieg bedroht oder andere kämen leichter voran als sie selbst, würden kritisch den demokratischen Rahmen hinterfragen. „Die Wirtschaftswende ist das beste Demokratiefördergesetz, das man haben kann.“

Bürokratiestress hat einen Vornamen: Ursula.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki rief SPD und Grüne zu Gesprächen über das FDP-Konzept auf. „Ich kann nur dringend von hier aus appellieren: Nehmen Sie die Gespräche mit uns auf. Denn wenn nicht gesprochen wird, wird es auch keine Zukunft dieser Koalition geben.“ Ein Aufkündigen der bei vielen an der FDP-Basis unbeliebten Koalition war beim Parteitag aber kaum Thema. „Raus aus der Ampel“ war nur von einem Delegierten zu hören – Beifall erhielt er dafür nicht. Die FDP-Kritik an einzelnen Projekten der Ampel wie am Konzept der Kindergrundsicherung von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) ging nicht über das übliche Maß hinaus.

Während die FDP das Koalitionsklima erkennbar nicht weiter strapazieren wollte, schoss sie umso auffälliger gegen die Union. Ein Grund ist sicher der Europawahlkampf, ein anderer, dass die FDP-Spitze annimmt, Wähler vor allem an CDU/CSU verloren zu haben. Lindner machte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) für den überbordenden Verwaltungsaufwand in Unternehmen verantwortlich. „Bürokratiestress in unserem Land hat einen Vornamen: Und der ist Ursula.“ (Carsten Hoffmann, Ulricht Steinkohl)

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