Ampel nach Zwölf-Punkte-Plan der FDP vor dem Aus: Lindners Zeitenwende

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Nach dem FDP-Plan zur “Wirtschaftswende“ scheint sich die Geschäftsgrundlage der Ampel erledigt zu haben: (v. re.) Kanzler Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) und Finanzminister Lindner (FDP) auf der Regierungsbank. Ein Kommentar von Merkur-Chefredakteur Georg Anastasiadis. © Christoph Soeder/dpa/Klaus Haag

Mit dem Zwölf-Punkte-Plan der FDP zur „Wirtschaftswende“ scheint die Ampel-Regierung vor dem Aus zu stehen. Zu weit auseinander liegen inzwischen die Weltanschauungen von FDP, SPD und Grünen, kommentiert Georg Anastasiadis.

Hat die FDP den Rubikon schon überschritten? Nach dem Zwölf-Punkte-Plan zur „Wirtschaftswende“, den Bundesfinanzminister Lindner gestern von der Parteispitze hat beschließen lassen, gibt es für die Liberalen kaum noch einen Weg zurück. Bürgergeld-Streichungen, Steuerentlastungen, ein Einfrieren der Sozialleistungen für drei Jahre – jede einzelne dieser Forderungen böte Grund genug für die Aufkündigung der Koalition, so unüberbrückbar sind die Differenzen zu den Vorstellungen von Grünen und SPD. Doch belässt es der kleinste Koalitionspartner nicht dabei. Lindners zwölf Punkte dokumentieren den Wegfall der Geschäftsgrundlage der Ampelkoalition, indem es das Bild einer wankenden Industrienation zeichnet, die nur durch einschneidende Reformen auf den Erfolgsweg zurückfinden kann.

Ein für alle Beteiligten gesichtswahrender Kompromiss ist nicht mehr möglich

Schon dieser Befund ist eine Kampfansage an einen Kanzler, der seit Monaten mit einer ganz anderen Botschaft durch die Lande tingelt: Deutschland gehe es gut, und jeder, der das Gegenteil behaupte, wolle das Land schlecht reden. Gespenstisch muten inzwischen die Parallelwelten an, in denen sich die Ampelpartner bewegen: Just zur selben Zeit, als die FDP ihren Scheidungsbrief verfasste, rühmte Scholz auf der Hannovermesse seine Politik.

Doch jenseits der Auftritte des um Haltung bemühten Kanzlers zeigen die schrillen Reaktionen von Grünen und SPD, dass man sich im linken Lager der Dramatik der Lage bewusst ist. Die FDP hat die Erwartungen ihrer Wähler so weit nach oben geschraubt, dass ein für alle Beteiligten gesichtswahrender Kompromiss nicht mehr möglich ist. Dass SPD und Grüne ihrerseits wütend das Ende der Schuldenbremse fordern, ist bereits dem aufziehenden Wahlkampf geschuldet. Unvorstellbar, dass FDP, Grüne und SPD ihre unterschiedlichen Weltanschauungen nochmal in einem gemeinsamen Haushalt werden zusammenführen können. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai probte gestern schon mal den Konter, mit dem die Partei die erwartbaren Angriffe auf die liberale Zeitenwende abwehren will: „Wir stellen fest, dass die Welt heute eine andere Welt ist als zur Zeit des Koalitionsvertrages.“ Er könnte auch zutreffend sagen: Die Zeit ist über die Ampel hinweggegangen.

Georg Anastasiadis

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