FDP-Parteitag: Riskieren die Liberalen in Berlin den Ampel-Bruch?
FDP-Parteitag als Ampel-Showdown? SPD-Chefin meldet sich mit erhobenem Zeigefinger zu Wort
Die FDP fordert drastische Wirtschaftsreformen: Vor dem Parteitag stoßen die Pläne jedoch auf Verärgerung – vor allem bei der SPD. Der News-Ticker.
Das Wichtigste in
diesem News-Ticker
- Regierung am Ende? - Noch lehnt die FDP den Bruch mit der Ampel-Koalition ab.
- Zwölf-Punkte-Plan der FDP - Koalitionspartner SPD reagiert verärgert auf Vorstoß
Update vom 27. April, 7.45 Uhr: Vor dem FDP-Parteitag hat die SPD-Vorsitzende Saskia Esken die Gemeinsamkeiten des Koalitionsprojekts beschworen und die Freidemokraten davor gewarnt, Zweifel am Zusammenhalt zu nähren. „Angesichts der gegenwärtigen internationalen Krisen widerspräche es staatspolitischer Verantwortung, die deutsche Position zu schwächen, indem man die Koalition infrage stellt“, sagte Esken dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag). Sie fügte hinzu: „Wir haben noch einiges gemeinsam vor. Und man darf bei allen Differenzen nicht vergessen: Vieles wird ohne jeden Streit - beschlossen und umgesetzt.“
Die SPD-Chefin verwies auf die Gründungsidee des Ampel-Bündnisses: „Wir haben diese Koalition mit viel Mut geschlossen - und auch aus staatspolitischer Verantwortung. Die Idee war, dass sehr unterschiedliche Partner das Land genau dadurch voranbringen können, dass sie ihre unterschiedlichen Ideen zusammenfügen.“
Mit Vorschlägen zur Wirtschaftsbelebung durch Steuerentlastungen und Verschärfungen bei Sozialleistungen hatte die FDP bereits vor dem Delegiertentreffen vor allem die SPD gegen sich aufgebracht - und Spekulationen angeheizt, ob die Koalition wegen sehr unterschiedlichen Positionen von SPD, Grünen und FDP durchhält.
FDP-Parteitag: Ansichten mit Koalitionspartnern SPD und Grüne liegen weit auseinander
Erstmeldung: Berlin – Nach zweieinhalb Jahren Regierungsbeteiligung befindet sich die FDP in einer Umfrage-Krise. Grund dafür – glaubt man einigen Vertreterinnen und Vertretern der Partei – soll die Politik der Bündnispartner in der Ampel-Koalition sein.
Ein Zwölf-Punkte-Plan der FDP soll Deutschlands Wirtschaft fit machen und die Partei zugleich aus der Krise führen. Die wirtschaftspolitischen Forderungen der FDP und die Ansichten der Ampel-Partner SPD und Grünen liegen allerdings weit auseinander. Vor allem die SPD reagierte verärgert. Nach dem FDP-Präsidium sollen beim Parteitag in Berlin am Wochenende (27./28. April) nun auch die Delegierten für den Plan stimmen. Legt es die FDP darauf an, die Koalition womöglich zerbrechen zu lassen?
Regierung am Ende?
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„Solche taktischen Spielchen sind der Situation nicht angemessen“, verneint Christian Dürr, Fraktionsvorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, dem Handelsblatt. „Das Signal des FDP-Bundesparteitages wird sein, dass wir Deutschland wieder auf Wachstumskurs bringen wollen.“ Auch Verkehrsminister Volker Wissing lehnt ein Ausscheiden der FDP aus der Koalition ab: „Ich kann nur davor warnen, in einer komplexen Gesellschaft immer weiter zu vereinfachen nach dem Motto: Die Ampel ist blöd“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. „Das ist der Parteitag der FDP, nicht der Ampel“, betonte er.
FDP-Plan zur „Wirtschaftswende“ soll „kein Scheidungspapier“ sein
Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat die Spekulationen über einen Koalitionsbruch ebenfalls zurückgewiesen: „Wir haben am kommenden Sonntag einen Bundesparteitag der FDP. Dies ist ein Leitantrag hierfür und kein Scheidungspapier“ – wie CSU-Chef Markus Söder den Plan genannt hatte – sagte sie gegenüber IPPEN.MEDIA.
Gleichzeitig bekräftigten vor dem Bundesparteitag der FDP am Wochenende führende Liberale ihre Forderungen nach Wirtschaftsreformen – und forderten die Partner in der Ampel-Koalition zur Mitarbeit auf. „Wir haben die eindeutige Erwartungshaltung an SPD und Grüne, die Wirtschaftswende für Land und Bürger zu unterstützen“, sagte FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer der Nachrichtenagentur AFP. „Menschen, Industrie und Betriebe zählen auf die Koalition, hier dürfen wir nicht enttäuschen.“

Ähnlich äußerte sich Bundestagsfraktionschef Christian Dürr. „Auch unsere Koalitionspartner wollen nicht vor die Wählerinnen und Wähler treten und sagen: ‚Sorry, das mit dem Wirtschaftswachstum hat halt nicht geklappt‘“, sagte Dürr dem Handelsblatt. Deutschland brauche Reformen. „Und es spricht alles dafür, dass wir das als Koalition hinbekommen.“
Meyer kündigte an, die FDP werde auf dem Parteitag „wenig überraschend einen klaren Beschluss mit liberalen Positionen beschließen, nicht mit roten oder grünen.“ Die Partei stelle „Erwirtschaften, Unternehmertum und die Innovationskräfte des Mittelstands in die erste Reihe, nicht Umverteilung oder Planungswirtschaft“, sagte er der AFP. „Wir machen Vorschläge, wie die Wirtschaftswende aus liberaler Sicht gelingen kann und dazu gehören Bürokratieabbau, Steueranreize und mehr Effizienz im Sozialstaat.“
Zwölf-Punkte-Plan der FDP
Das Zwölf-Punkte-Papier der FDP zur Wirtschaftswende, das unter anderem Einschnitte in den Sozialstaat vorsieht, verärgert die Koalitionspartner – und stieß eine Debatte über den möglichen Bruch der Ampel-Regierung an. Allerdings wäre das, sollte es dann Neuwahlen geben, womöglich verheerend für die FDP.
FDP-Parteitag soll „Wirtschaftswende“ einläuten – SPD skeptisch
„Wenn man im Schwimmbad auf dem Sprungturm steht und große Sprüche macht, muss man gucken, ob Wasser im Becken ist“, zitiert die AFP den SPD-Abgeordneten Ralf Stegner dazu. Sonst könne die Landung schmerzhaft ausfallen. Der Politologe Uwe Jun hält das Bild für richtig. Beim Thema Neuwahlen müsse die FDP „immer situativ abwägen, wann die Wasserhöhe für sie am besten ist.“
Das FDP-Papier sieht etwa eine Reform des Bürgergelde sowie eine steuerliche Begünstigung von Überstunden vor. Auch die Abschaffung der Rente mit 63 und des Solidaritätszuschlags sind Teil des Plans.
Umfrage-Problem für die FDP
Die FDP hat bei der letzten Bundestagswahl mit 11,5 Prozent vergleichsweise gut abgeschnitten“, sagt Andrea Wolf von der Forschungsgruppe Wahlen, die die „Politbarometer“-Umfragen für das ZDF ausführt. Doch dann folgte der Absturz. „Die Zustimmung für die FDP sank im Verlauf der Regierungszeit der ‚Ampel‘ in der Politbarometer-Projektion nahezu kontinuierlich“, sagte Wolf der AFP. Seit Anfang des Jahres liege die FDP unter fünf Prozent. Würde jetzt eine Bundestagswahl stattfinden, könnten die Liberalen den Einzug ins Parlament verpassen.
Auf die Nachfrage, ob man auf dem Parteitag den Frust der Delegierten befürchte, sagte Dürr, dass die FDP eine Partei sei, die „nicht andauernd auf Umfragen schaut und sich mit sich selbst beschäftigt“. Stattdessen beschäftige man sich mit dem „Wirtschaftsstandort Deutschland“. (lrg/dpa/afp)