Nach Helikopter-Crash Raisis - Der spontane Gedanke in Israel war: „Da muss unser Geheimdienst dahinterstecken“
Die ersten Meldungen über einen Hubschrauberabsturz, bei dem der Präsident und der Außenminister des Iran getötet wurden, jagten am Sonntagnachmittag manchen Israelis einen ziemlichen Schrecken ein. Der spontane Gedanke war: Da muss unser Geheimdienst dahinterstecken, und jetzt wird der Iran furchtbar zurückschlagen.
Frisch in Erinnerung ist noch die Nacht Mitte April, als mehr als 300 iranische Selbstmorddrohnen, Marschflugkörper und Raketen in Richtung Israel geflogen sind. Doch als dann klar wurde, dass Ebrahim Raisi nicht dem Mossad, sondern dem Nebel und dem schwierigen Gelände zum Opfer gefallen ist, war die israelische Reaktion eine Mischung aus Gleichgültigkeit, Befriedigung und Schadenfreude.
Raisi-Schweigeminute: „Was kommt als nächstes? Eine Schweigeminute an Hitlers Todestag?“
Die Regierung hüllte sich in Schweigen, während der rechtsgerichtete Oppositionspolitiker Avigdor Lieberman, ein früherer Verteidigungs- und Außenminister, es auf den Punkt brachte: „Wir werden keine Träne vergießen.“
Beileidsbekundungen durch die europäische Politik wurden in Israel kaum registriert, offizielle Empörung wurde aber über eine im UN-Sicherheitsrat für Raisi abgehaltene Schweigeminute ausgedrückt: „Was kommt als nächstes? Eine Schweigeminute an Hitlers Todestag?“, wetterte UN-Botschafter Gilad Erdan.
Zu dem Absturz an der iranisch-aserbaidschanischen Grenze, in gut 1500 Kilometern Entfernung von Israel, sagte ein nicht namentlich genannter israelischer Funktionär der Nachrichtenagentur Reuters lakonisch: „Wir waren es nicht“, und das ist plausibel. Israel wurden in der Vergangenheit zwar Dutzende Anschläge gegen iranische Militärs oder Nuklearwissenschaftler zugeschrieben, aber eine Operation gegen einen Top-Politiker wie Raisi wäre einerseits viel zu heikel und andererseits den Aufwand nicht wert gewesen.
Israel erwartet keinen Regime-Wechsel im Iran nach Raisis Tod
Nach vorherrschender Meinung israelischer Experten kam Raisi keine große Bedeutung zu. Als Nummer drei in der Hierarchie nach dem Obersten Führer Ali Khamenei und dem Kommandanten der Revolutionsgarden, Hussein Salami, sei Raisi eher ein Exekutor als ein Entscheidungsträger gewesen, hieß es.
Die aggressive, durch tiefe Feindschaft gegen den Westen und Israel geprägte, auf Destabilisierung der Region abzielende Außenpolitik habe er zwar begeistert mitgetragen, aber eben nicht vorgegeben, und durch Raisis Abgang würde sich nichts ändern.
Insbesondere erwartet Israel auch keine Veränderung in der aktuellen Kriegssituation. Alle Feinde, die Israel aktiv bekämpfen – die Hamas im Gazastreifen, die Hisbollah im Libanon, die Huthis im Jemen, schiitische Milizen in Syrien –, werden weiterhin vom Iran finanziert, ausgerüstet und gelenkt werden.
Einer Denkschule zufolge könnte der Hubschrauberunfall aber insofern Folgen haben, als er eine weitere Erschütterung für die Mullah-Diktatur darstellt. Es gibt Berichte von Freudenkundgebungen über den Tod des „Schlächters von Teheran“, die das Regime als Bedrohung sieht und im Keim zu ersticken versucht. Langfristig liegt die große Hoffnung der Israelis in einem Regime-Wechsel im Iran – das würde Israels Lage dramatisch verbessern.