Gegen F-16-Kampfjets: Putin erhält im Ukraine-Krieg neue Su-35 – doch die haben mehrere Probleme
Für Russland liegen jetzt neue Su-35-Kampfjets in den Ukraine-Krieg – welche die F-16 der Ukraine jagen werden. Gut ist die Maschine vor allem auf dem Papier.
Moskau – „Anfang 2022 war die russische Luftwaffe nach der US-amerikanischen und möglicherweise auch der chinesischen Luftwaffe die zweit- oder drittbeste der Welt“, schreibt David Axe. „Aber nur auf dem Papier“, ergänzt der Autor des britischen Telegraph. Offenbar ist Wladimir Putins Luftwaffe inzwischen stärker geworden. Wie das russische Magazin Military Watch schreibt, habe die Russlands Luftwaffe ihre erste neue Charge Su-35-Kampfflugzeuge dieses Jahres erhalten – über die Menge bestehen keine Angaben; möglicherweise ist sie klein.
Genaue Zahlen würden die Russen seit ihrem Angriff auf die Ukraine nicht mehr nennen, hatte im April vergangenen Jahres Patrick Zwerger geschrieben. Der Autor des Fachblattes Flugrevue berichtete über die Charge des Luftüberlegenheitsjägers, die der russischen Luftwaffe damals übergeben worden war: Aus offiziellen Bildern folgerte Zwerger, dass die Verstärkung aus gerade einmal zwei Flugzeugen bestanden hatte. Im ganzen Jahr 2023 hatten die staatliche United Aircraft Corporation (UAC) Russlands zehn Maschinen ausgeliefert.
Russland enttäuscht: „Insgesamt muten die Fertigungszahlen russischer Kampfjets eher bescheiden an“
„Insgesamt muten die Fertigungszahlen russischer Kampfjets weiter eher bescheiden an“, urteilt Fachjournalist Zwerger. Die Auslieferung der Maschinen erscheint insofern erstaunlich, als Russland mit den jetzt ausgelieferten Maschinen möglicherweise eine neue Bestellung ausgelöst hat, wie die Flugrevue andeutet: „Spannend wird die Frage sein, ob der Kreml bei UAC für die kommenden Jahre eine neue Order für weitere Su-35S aufgibt, oder ob sich die Bemühungen ab 2025 voll auf die Su-57 und den Superjet fokussieren“, schrieb Zwerger im April vergangenen Jahres.
„Ich würde im Kampf weder auf die Su-35 noch auf irgendein anderes Flugzeug russischer Bauart wetten“
Ihm zufolge habe die russische Regierung im August 2020 insgesamt 30 neue Su-35S bestellt; die sollten bis Ende 2024 ausgeliefert worden sein. Laut russischen Quellen seien davon fünf im Jahr 2021 und sieben Maschinen im Jahr 2022 ausgeliefert worden. Laut Zwerger könnten dann zehn Maschinen im Jahr 2023 ausgeliefert worden sein, und Military Watch berichtete Anfang 2025, dass die Luftwaffe 2024 insgesamt vier Chargen SU-35-Kampfflugzeuge erhalten habe – am 12. April, 8. Mai, 12. September und 11. November.
Das russische Magazin thematisierte auch Gerüchte, wonach der Ukraine-Krieg die beschleunigte Produktion der Su-35 provoziert hätte. Wie Military Watch schrieb, könnte dies der Fall sein, um Verluste auszugleichen, um die in die Jahre gekommenen Su-27 zu ersetzen oder tatsächlich die Su-35-Flotte zu ergänzen. Allerdings räumt das Magazin ein, dass mit Beginn des Jahres 2025 die Produktion dieses Typs für eigene Zwecke zurückgefahren werden solle, um den Export zu stärken.
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Putins Exportschlager: Einer der Interessenten ist Nordkoreas Diktator Kim Jong-un
Einer der Interessenten ist dabei Nordkoreas Diktator Kim Jong-un – der habe darauf spekuliert, sich den Einsatz seiner rund 10.000 Soldaten bei Kursk vergelten zu lassen mit der Lieferung von zwei bis drei Dutzend Suchoi Su-35-Kampfflugzeugen, wie Boyko Nikolov geschrieben hatte. Den Autoren des Magazins Bulgarian Military hat Military Watch insofern unterstützt, als dass das Magazin bekräftigte, dass diese Gerüchte bestünden. Ende 2023 hatte die Flugrevue gemeldet, dass der Iran Su-35-Maschinen erhalten würde – möglicherweise hat sich der nordkoreanische Armeeführer dadurch inspirieren lassen, das Alteisen seiner Korean People‘s Army Air and Anti-Air Force (KPAF) ebenfalls auszutauschen.
„Ich würde im Kampf weder auf die Su-35 noch auf irgendein anderes Flugzeug russischer Bauart wetten“, sagte Dan Hampton vor zwei Jahren gegenüber dem Medium Voice of America, wie das US-Magazin Newsweek den pensionierten Oberstleutnant der US-Luftwaffe zitiert hat – für ihn gilt die „Langlebigkeit“ des F-16 Fighting Falcons als entscheidend in einer Auseinandersetzung. Die Diskussion war aufgetaucht, weil Juri Ignat geäußert hatte, ohne eine eigene strukturierte Luftwaffe seien die an sein Land gelieferten F-16-Kampfjets den russischen Kontrahenten unterlegen, wie der Oberst und Leiter der Kommunikationsabteilung des ukrainischen Luftwaffenkommandos geklagt haben soll.
Die indische Economic Times hält die Su-35 tatsächlich für das entwickeltere Kampfflugzeug – für einen „beeindruckenden Gegner“, wie das Blatt schreibt – vor allem die Avionik, also die Gesamtheit der an Bord verbauten Technik – soll überlegen sein, daneben die Langstreckensensoren sowie die Waffen. Des Weiteren verfüge sie über zwei Triebwerke gegenüber dem einen der F-16; sie hätte also auch noch ein zweites, falls das erste ausfiele.
Ukraine-Krieg: Der Einsatz der Su-35 in der Ukraine stellt „das brutale Ende der Utopie“ dar
Michael Peck argumentiert eher zurückhaltend. Die F-16 entstamme in ihren Grundzügen den 1970er-Jahren, die Suchoi Su-35 wurde in ihrer aktuellen Version 2014 in Dienst gestellt. Aber der Autor des Magazins Popular Mechanics hebt vor allem das schwache Abschneiden der Su-35 sowie der gesamten sowjetischen Luftwaffe im Ukraine-Krieg hervor. Für das Magazin Armyrecognition stellte der „Einsatz der Su-35 in der Ukraine das brutale Ende der Utopie“ dar, wie das Magazin im Juni vergangenen Jahres urteilte.
Auf dem Papier sei die Su-35 zweifellos ein gefährlicher Kampfjet, schrieb das Magazin, beurteilte die Maschine aber von der Realität eingeholt. Die Maschine gilt als Zwischenstadium zwischen der vierten und der fünften Kampfjet-Generation und werde als „vierte Generation ++“ bezeichnet – das Flugzeug sei vergleichbar mit der neuen F-15EX Eagle II der US Air Force, so Armyrecognition: „Es verfügt über verbesserte Tarnkappenfähigkeiten, Radarsysteme der nächsten Generation und verbesserte Triebwerke, die alle eher in einer echten Plattform der fünften Generation als in einem System der vierten Generation zu finden sind.“
Wie das Magazin aufgrund verschiedener Quellen berichtet, habe die Maschine im Ukraine-Krieg bisher die Erwartungen enttäuscht. Als Beleg dafür nimmt Armyrecognition fünf abgeschossene Su-35 aus dem November 2023 und zwei zusätzliche Abschüsse von Anfang 2024. Selbst der Su-35-Hersteller UAC hätte eingeräumt, dass die Su-35-Maschinen im feindlichen Luftraum über der Ukraine den Erwartungen deutlich hinterher geflogen seien, so das Magazin.
Deren Autoren geben aber zu, das „angesichts des Ausmaßes der Fehlinformationen beider Seiten im Ukraine-Krieg“ kaum eine neutrale Sicht auf Effektivität oder Ineffektivität der Maschinen möglich würde. Sie gingen aber davon aus, dass der Ruf der Maschine nachhaltig beschädigt sei – nichtsdestoweniger berichtet Military Watch, dass der Iran weiter Interesse an der Maschine hegt sowie Indonesien. China war schon lange zuvor vom Kauf abgerückt und hatte sich auf Eigenentwicklungen fokussiert, so das Magazin.
Keine Kämpfe zwischen Kampfjets: Insofern ist auch eine neue Su-35 eine Maschine von gestern
Tatsächlich wäre ein russischer Geschäftspartner wie Indien an der leistungsstärkeren Su-57 interessiert gewesen, erwägt inzwischen aber den Kauf der US-amerikanischen F-35, einer Maschine der fünften Generation; die Inder argumentieren, dass sie keinen Luftüberlegenheitsjäger mehr benötigten, sondern eher ein vielseitig einsetzbares Flugzeug. Armyrecognition stellte insofern die Frage, welche Zukunft die Flugzeugklasse einer Su-35 überhaupt habe. Mit dem Empfang der neuen Charge scheint Russlands Luftflotte noch Bedarf zu demonstrieren.
Allerdings gilt unter Analysten als ausgemacht, dass Luftkämpfe kaum noch der Realität der Waffenentwicklung entsprächen und in der Zukunft noch viel weniger. Die Flugzeuge wären künftig lediglich reine Trägerplattformen für weit reichende Raketen und könnten insofern auch von den viel günstigeren Drohnen ersetzt werden. Einzelne Analysten fabulieren sogar schon von künftigen Drohnen, die selbst Luft-Luft-Raketen abschießen könnten. Insofern ist auch eine neue Su-35 eine Maschine von gestern, wobei das Magazin Armyrecognition zumindest im vergangenen Jahr noch ein halbwegs gnädiges Urteil getroffen hat: „Die Vorstellung, die Su-35 sei Schrott, ist jedoch übertrieben.“