Uralt-Programm und banale Tipps: Es wird Zeit für Hitzefrei von ARD und ZDF
Das Bundesverfassungsgericht zeigte sich diese Woche, sagen wir einmal: zurückhaltend. Es hat eine Klage aus dem Raum Leipzig nicht angenommen. Der Mann hatte die Beitragserhebung fürs öffentlich-rechtliche Fernsehen für rechtswidrig erklären lassen wollen.
Tatsächlich ging es nur um 299 Euro, inklusive Säumniszuschlag.
Es ging aber auch ums Große und Ganze. Denn der Beinahe-Kläger hatte argumentiert, dass dem Mitteldeutschen Rundfunk die Transparenz in den Aufsichtsgremien fehle, die Staatsferne sei mangelhaft. Die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist eher nicht mein Thema.
Die Folge, mit der der Mann aus dem Raum Leipzig argumentiert hatte, allerdings schon. Die großen Sender bieten in diesen Sommerwochen keine Programmvielfalt. Was mich als gebührenzahlenden Zuschauer unglaublich nervt, ist das genaue Gegenteil: Programmeinfalt.
Alzheimer-TV? Zynisch. Aber wahr
Wer sich mit dem Programmangebot seit Wochen intensiver beschäftigt, dem bleibt ein Gedanke: ARD und ZDF arbeiten Schulter an Schulter an der Einführung eines Alzheimer-TV. Zugegeben, die beiden Fernseh-Dinos haben es sich schon oft genug vorwerfen lassen müssen, dass mit ihnen ihr Publikum alt und älter wird.
Aber muss man daraus gleich ein Programmprinzip machen? Tatsächlich ist Vergesslichkeit für die Zuschauer der großen Öffentlich-Rechtlichen ein Segen. In diesen Sommertagen läuft zur besten Sendezeit ein „Stubbe“ von 2020. Das scheint in der Wahrnehmung der Programmmacher ein besonders guter Jahrgang gewesen zu sein.
Denn gleich tags darauf folgt „Blind ermittelt“, ebenfalls fünf Jahre alt. Diesen Freitag dient uns das ZDF „Jenseits der Spree“ an, fast schon taufrisch von 2022. Noch jünger wird’s am Samstag mit „Spurlos in Athen“, anno 2023.
Im Gegenzug entstaubt das ZDF am Sonntagabend die laue Romanze von 2021 „Ein Sommer in Antwerpen“. Alzheimer als Segen? Das ist natürlich zynisch. Allerdings wird uns tatsächlich ein Programm geboten, das nur mit hinreichend Vergesslichkeit zu ertragen ist.
Die Banalität des Blöden
Wenn niemand etwas Neues weiß: Wetter geht immer. So müssen es sich ARD und ZDF wohl ebenfalls im Schulterschluss ausgedacht haben. Für den bisher heißesten Tag des Jahres lassen sie sich tatsächlich etwas Aktuelles einfallen. Das Erste begnügt sich nach der „Tagesschau“ noch mit einem maßvollen „Brennpunkt“.
Richtig wild treibt es das ZDF. Auf 50 Minuten walzt es sein „ZDF spezial“ aus. Der Inhalt ist so originell wie der Titel: „Backofen Deutschland – Gluthitze in Europa“. Was wir darin erfahren, ist die Banalität des Blöden.
Es geht nach Dresden. Da erfahren wir, dass es Bauarbeiter in der Hitze nicht leicht haben – und wegen des Schutzes der Nachtruhe der Anwohner nicht die Morgenkühle früh um 6 nutzen dürfen.
Wir lernen, dass sich die Wurstbraterin in Berlin für den Sommer auch ganz gut eine Job-Alternative als Eisverkäuferin vorstellen könnte. Und im Kölner Zoo gibt’s für die Robben zur Abkühlung gefrorene Fische. Aber hoppala, Breaking News: In Spanien ist es glatt noch heißer! Wer hätte das gedacht.
Das wahre Trauerspiel: Geschaut wird, was auf den Schirm kommt
Wir Zuschauer haben uns offensichtlich eine dicke Hornhaut auf den Augen zugelegt. Die lebenspraktischen Sommer-Tipps, bei Hitze viel zu trinken und die Fenster tagsüber geschlossen zu halten, tun sich tatsächlich fast dreieinhalb Millionen Menschen im ARD-„Brennpunkt“ an.
Zweieinhalb Millionen dimmen ihr Gehirn beim „ZDF spezial: Backofen Deutschland“ auf Sparbetrieb herunter. Diese Quote legt das wahre Trauerspiel offen: Mangels Alternative wird geschaut, was auf den Bildschirm kommt. Ich glaube, es wird Zeit, hitzefrei zu machen. Auch als Zuschauer.