Energiewende in Schongau: Diese Stellschrauben muss die Stadt angehen

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Die Abwärme des Heizkraftwerks Altenstadt könnte künftig genutzt werden, hieß es bei der Vorstellung des Energienutzungsplans in Schongau. © Hans-Helmut Herold

Nun liegt ein erster Überblick über den Energienutzungsplan der Stadt vor. Das Ziel: Schongau auf den Weg zu 100 Prozent erneuerbarer Energie zu bringen. Schon die Analyse des Ist-Zustands birgt Überraschungen.

Schongau – Im Februar 2020 war beschlossen worden, einen Energienutzungsplan aufzustellen, intensiv hatten Experten der Energiewende Oberland (EWO) im vergangenen Jahr daran gearbeitet – der Herr der Zahlen, wie Andreas Scharli seinen Kollegen Ludwig Hagelstein vorstellte, gab im Stadtrat nun einen kurzen Abriss über die Ergebnisse.

Untersucht wurde hierfür erst einmal der Ist-Zustand, und zwar auf Grundlage der Zahlen von 2021: „Strom und Wärme nehmen sich nicht viel“, so Hagelstein, der Energieverbrauch für Wärme liegt bei 49 Prozent, für Strom bei 45,2 Prozent. Der Gesamtenergieverbrauch beläuft sich im Jahr auf die gigantische Summe von 1858 Gigawatt-Stunden (GWh), 90 Prozent davon verbraucht das Gewerbe.

Ziel der Stadt Schongau: „Verbrauch vor Ort über erneuerbare Energien abdecken“

Betrachte man die Zahlen ohne die großen stromintensiven Industriebetriebe, bleiben noch 434 482 Megawatt-Stunden (MWh), wovon 54,6 Prozent auf das Gewerbe entfallen, 24,9 Prozent auf den Verkehr und 18,1 Prozent auf private Haushalte. 2,4 Prozent dieser Energie werden für kommunale Liegenschaften benötigt. Der Stromverbrauch liegt bei 842 160 MWh. 21,7 Prozent davon werden bereits über erneuerbare Energien erzeugt. „Ziel wäre, den gesamten Verbrauch vor Ort über erneuerbare Energien abzudecken“, so der Energiefachmann.

Ein besonders großes Potenzial bescheinigt die Untersuchung der Erzeugung von Strom über Photovoltaik-Anlagen (PV) auf dem Dach. Knapp 90 Prozent der Flächen seien ungenutzt, insgesamt könne man 56 632 MWh erzeugen, so die Beispielrechnung. Bei den Freiflächenanlagen sei schon viel in der Umsetzung. „Aber auch hier gibt es noch Flächen, die in Frage kommen“, so der EWO-Mitarbeiter.

Grundschule verbrauchte im Jahr 2022 besonders viel Energie

Für die Wärmeerzeugung werden 37,5 Prozent Erdgas verwendet und 27 Prozent Erdöl. Nur 7,6 Prozent werden gedeckt durch lokal erzeugte Energien. Der Gesamtbedarf bei der Wärme lag 2021 bei mehr als 900 000 MWh Endenergie, ohne die Großverbraucher UPM und Hochland bei 320 000 MWh im Jahr. „Es gibt eine große Lücke zwischen dem, was da ist, und dem, wo man hinwill – daran müssen wir arbeiten“, betonte Hagelstein.

Näher angeschaut hat man sich auch die kommunalen Liegenschaften mit Basis der Verbrauchszahlen aus den Jahren von 2021 und 2022. Die Grundschule sticht besonders heraus mit einem Rekordverbrauch 2022 von knapp unter 130 MWh. Stadtbaumeister Sebastian Dietrich erklärte dies mit der Lüftungssituation während Corona. Auch der Bauhof liege weit von den Werten entfernt, wo man hin will. „Das muss man sich anschauen“, hieß es dazu in der Sitzung des Stradtrats, zumal dort noch Heizöl verwendet wird. Auch im Rathaus ist der Wärmebedarf laut der EWO-Untersuchung enorm.

Viel Lob für das Team der Kläranlage: „Dort gib es zu sehen, wie Energieeffizienz funktioniert“

Interessantes wusste Hagelstein zu berichten zu den PV-Dachflächen für Kommunale Gebäude: Man habe Hunderte von Simulationen durchgemacht, das Potenzial sei riesig, sogar in der Altstadt. Die Anlagen hätten einen Amortisationszeitraum von zehn Jahren. Würde man die Schongauer Wasserpumpstationen mit PV ausstatten, sogar nur fünf Jahre.

Ein riesiges Lob gab es seitens Andreas Scharlis für das Team der Kläranlage: „Da fällt uns nicht mehr viel ein für die Verbesserung, wir haben da eine Mannschaft, die hinter jeder Kilowattstunde her ist, dort gib es zu sehen, wie Energieeffizienz funktioniert.“ Im Rahmen des Schongauer Klimafrühlings zwischen dem 18. April und dem 5. Mai – könne man sich das Klärwerk ansehen, warb er.

Ganz kurz wurde auch die geplante Fernwärmeleitungs-Erweiterung für Schongau angeschnitten für den Stadtteil Schongau-West: „Ein heißes Thema ist das Altholz in Altenstadt“, so Scharli. Ein großer Abnehmer könnte die Firma Hochland sein, man sei im Gespräch.

Zusammenarbeit zwischen Stadt und Land erforderlich

Beim Heizkraftwerk sei nun die Filteranlage im Bau für die Verwertung von Altholz. Diese gehe im Sommer in Betrieb. Auch stehe ein Generationenwechsel der Betreiber an: „Ich glaube, das erleichtert die Sache etwas“, so der Energiemanager. „Ich möchte niemandem zu nahe treten, aber da ist Musik drin, es könnten sich Synergien ergeben.“

Er gab aber auch zu: „Altholz ist per Definition Abfall“. Erdgas sei immer als so sauber dargestellt worden, aber nun müsse man ergebnisoffen an das Thema herangehen. Es könne auch dahin gehen, künftig ganz auf Erdgas zu verzichten. „Die Gemeinde Altenstadt ist offen.“

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Ziel sei weiterhin, in der Region bis 2035 unabhängig zu werden von erneuerbaren Energien. „Ob wir es schaffen, ist die Frage, aber auch wenn ich schon viele graue Haare habe, würde ich das gerne unterstützen“, so Scharli. Es müsse eine Zusammenarbeit geben zwischen Stadt und Land. „Der Pfad ist schwierig, aber ich würde mir wünschen, dass jede Gemeinde ihren Beitrag leistet.“

Der Stadtrat nahm die Ausführungen des Energienutzungsplans zur Kenntnis und beauftragte die Verwaltung, Vorschläge zur Umsetzung auszuarbeiten.

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