„Leben in einem Rechtsstaat“: Gemeinde in Oberbayern klagt gegen Flüchtlingszuweisung
Die Gemeinde Dietramszell reicht Klage ein. Dass sie der Landkreis - wie angekündigt - zur Aufnahme von Flüchtlingen zwingt, will die Gemeinde nicht hinnehmen.
Dietramszell – Die Gemeinde Dietramszell klagt gegen die Zwangszuweisung von Asylsuchenden. „Wir leben in einem Rechtsstaat“, sagt Bürgermeister Josef Hauser (Freie Wähler) im Gespräch mit unserer Zeitung. „Wir erfüllen die Aufgaben, die uns per Gesetz zugewiesen wurden. Nach unserer Auffassung gibt es aber keine Rechtsgrundlage dafür, dass uns der Landkreis zwangsweise Flüchtlinge zur Aufnahme schickt.“ Deshalb habe die Gemeinde eine Feststellungsklage beim Verwaltungsgericht München eingereicht.
Der Beschluss war Anfang November im nicht öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung gefallen. Zuvor hatte das Gremium in einer Sondersitzung im August – ebenfalls unter Ausschluss der Öffentlichkeit – dafür votiert, rechtliche Beratung zu diesem Thema einzuholen. Ende November reichte die beauftragte Anwaltskanzlei die Klage gegen den Freistaat Bayern ein, der durch das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen vertreten werde, so Hauser. Kläger ist die Gemeinde Dietramszell. Ziel sei es, „dass der Landkreis es unterlässt, uns ohne einen vollzugsfähigen Beschluss Asylsuchende ins Gemeindegebiet zu verbringen“. Unabhängig von Dietramszell hat auch die Gemeinde Greiling im Oktober gegen die Zuweisung von Flüchtlingen Klage eingereicht.
Asylstreit vor Gericht: Dietramszell klagt gegen Zwangszuweisungen
Der gesetzlich festgelegten Mitwirkungspflicht sei die Klostergemeinde umfassend nachgekommen, betont Hauser. Wie berichtet bot sie dem Landkreis im August vier kommunale Liegenschaften zur Unterbringung von Asylbewerbern an: das stillgelegte Hallenbad und den ehemaligen Kindergarten in Ascholding, die alte Schule in Linden sowie ein Wohnhaus in Untermühltal. Andere gemeindliche Gebäude gebe es nicht. Außerdem habe er „proaktiv darauf hingewirkt“, sagt der Rathauschef, dass das in Privateigentum befindliche Tagungshaus in Linden zur Flüchtlingsunterkunft umfunktioniert wird. Dort könnten nach einer entsprechenden Nutzungsänderung rund 120 Menschen untergebracht werden. Aber: „Bis zum heutigen Tag haben wir zu keiner dieser Liegenschaften eine Nachricht vom Landratsamt bekommen.“
Grundsätzlich ist der Landkreis für die Unterbringung zuständig. Dass die Kommunen verpflichtet sind, Asylsuchende aufzunehmen, gehe aus dem bayerischen Flüchtlingsaufnahmegesetz laut dem Anwalt der Gemeinde nicht hervor. Sollten im kommenden Januar die angekündigten Zwangszuweisungen in Dietramszell ankommen, obwohl Unterkünfte fehlen, will die Gemeinde einen Antrag auf einstweilige Verfügung stellen. „Nur dann ist die Eilbedürftigkeit gegeben“, erklärt Hauser. Denn bis über die Feststellungsklage entschieden wird, vergehen unter Umständen Jahre.
Flüchtlinge in Oberbayern: „Kann man Rechtsmittel einlegen“, sagt Bürgermeister zu Zuweisung
Ohnehin könne der Landkreis nach Hausers Rechtsauffassung erst dann einen Bus mit Flüchtlingen schicken, wenn der Gemeinde zuvor ein vollzugsfähiger Bescheid zugegangen sei. „In dem muss die Anzahl der Personen und ganz unten eine Rechtsbehelfsbelehrung stehen. Und dagegen kann man dann Rechtsmittel einlegen“, so der Rathauschef.
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Ein Verteilungsschlüssel oder die Tabelle mit der Zahl der aufzunehmenden Personen reiche dafür nicht aus. Wenn es eine Rechtsgrundlage gebe, so Hauser, gebe es auch einen Rechtsweg. „Daran halten wir uns. Wir lassen uns nicht immer unter Druck setzen.“