Schriften, Schreibmaschinen, Schmarrn: Wir gehen auf Schatzsuche in der Rumpelkammer der Redaktion
Raum „04“ ist nicht einfach eine Rumpelkammer. Es ist eine Zeitkapsel. Hier stauben historische Zeitungsbände, Aktenordner - und Stücke, die Rätsel aufwerfen.
Zur Einstimmung auf Weihnachten laden wir Sie, liebe Leserinnen und Leser, heuer dazu ein, einen Blick hinter ein Fenster oder eine Tür im Landkreis zu werfen, die für die Öffentlichkeit in der Regel verschlossen bleibt. Heute blicken wir in einen kaum bekannten Raum unserer Redaktion: die Rumpelkammer.
Schund, Schriften, Schreibmaschinen: Wir durchsuchen die Rumpelkammer unserer Redaktion
Wolfratshausen – Wenn etwas in der Redaktion gesucht wird, das lange niemand gesehen hat, dann wird diese Tür geöffnet. Einen anderen Grund kenne ich nicht. Außer, man möchte etwas für sehr, sehr lange Zeit zwischenlagern. Auf dem grauen Schild zwischen einem ungenutztem Schreibtisch und einem leerem Garderobenständer erfahre ich, was sich hinter der Holztür versteckt: „04. Anzeigen. Lager.“ steht darauf. Das klingt netter als „Rumpelkammer“. Das fände ich aber deutlich ehrlicher.
Dort stehe ich einem deckenhohen Schrank gegenüber, in dem historische Zeitungsbände stehen, links von mir zwei ausrangierte Schreibtischstühle. Darüber im Regal drei Kaffeemaschinen, durch die schon lange keine Heißgetränke mehr gelaufen sind. Was zu gut ist für den Müll, aber zu schlecht für den Alltag, das landet hier. In den Schränken um mich herum setzen Aktenordner Staub an. „Mai-Madl“ steht auf einem – ein Titel, den unsere Zeitung schon seit Jahren nicht mehr verliehen hat. In einem weiteren Leitz-Ordner wurden Beilagen in den Jahren 2009 und 2010 gesammelt – wo sie hin sind, weiß niemand: Die Ordner sind leer.
Was schlummert im Verborgenen? Redakteur Dominik Stallein geht auf Schatzsuche
In manchen Kartons schlummern Schätze. Keramik und Porzellan finde ich in einem. Wieso unsere Redaktion eine große Tasse mit dem Logo der Königlich-Privilegierten Feuerschützen aus Kochel am See besitzt, weiß ich nicht. Wer ernsthaft noch einen Blick in den „Sport Kurier“ zur Eishockey-Bundesliga 92/93 werfen will: Ebenfalls ein Rätsel. Die Karamalz-Werbung („Fit wie ein Profi“) auf dem Cover sieht in etwa so modern aus wie es die mit Negativen gefüllten Filmdosen sind, die gegenüber in der Regalwand darauf warten, dass irgendwann jemand kommt und sich über die mutmaßlich schönen, und sicherlich historischen Bilder freut. Teile davon wurden unserer Redaktion geschenkt, von einem Königsdorfer, dessen Fotografien wir vor Jahrzehnten veröffentlicht haben. Heute sind es wertvolle Relikte, die da zwischen deutlich weniger wertvollem Ramsch lagern. Beispiele? Da liegen beispielsweise leere Sektflaschen. Ich kann mich an wenige Anlässe erinnern, zu denen im Redaktionsalltag Sekt ausgeschenkt wurde. Die Schwarz-Weiß-Fotos aus den späten 1990er-Jahren sind höchstens noch von sentimentalem Wert. Der Tischkalender aus dem Jahr 2016 – eines der neuesten Schriftstücke im Kämmerchen – könnte für Paläografen interessant sein. Zumindest kann ich mir niemand anderen als einen Schriftforscher vorstellen, der aus dem Gekrakel noch einen Nutzen ziehen könnte.
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Einen kleinen Schatz habe dann aber tatsächlich gefunden zwischen Schreibmaschine (ja, wirklich) und roten Christbaumkugeln: eine Kerze. Sie ist rot-orange-grün-gestreift und hat die Form eines Teddybären. Wieso dieses praktische Ding zwischen all dem Gerümpel gelandet ist, das erschließt sich mir so gar nicht. Ich rette den Bären. Er riecht nach der Rumpelkammer, in der er schon Jahre auf mich gewartet hat.
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