„Man müsste den Job kündigen“: Riesensorge bei Eltern - 80 Hortplätze fehlen

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Zuversichtliche Eltern? Die Worte sind ironisch gemeint, die die Eltern auf einen Karton geschrieben haben, hier vor dem Haupteingang des Penzberger Rathauses © Privat

Bei vielen Eltern herrschen in Penzberg große Sorgen und Nervosität. Zwei Monate vor Beginn des Kita-Jahres fehlen 80 Hortplätze in den Penzberger Einrichtungen. Manche Eltern fürchten bereits, ihren Job aufgeben zu müssen, um ihre Kinder zu betreuen. Grund für das Problem ist laut Stadt der Mangel an Personal beim Hort-Träger.

Zu einer kleinen Protest-Aktion trafen sich am Dienstagabend Väter und Mütter mit ihren Kindern auf dem Stadtplatz vor dem Rathaus. Zu einem „Picknick“, wie es eine Mutter sagte – samt Campingstuhl und Sonnenschirm. Kinder übten sich im Sackhüpfen oder spielten auf dem Boden. Damit wollten die Eltern an ihre Sorgen wegen fehlender Hortplätze erinnern. Sie fühlen sich von der Stadt im Stich gelassen. Auf einem Karton stand „Zuversichtliche Eltern“. Es war ironisch gemeint.

Damit griffen die Eltern eine Aussage von Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) auf, die er im Mai auf Nachfrage der Heimatzeitung bezüglich der Kita-Betreuung gemacht hatte. Er und Monique van Eijk, die die Kita-Koordination seitens der Stadt kurzfristig übernommen hat (diese Stelle ist unbesetzt), erklärten damals, sie seien zuversichtlich, dass alle Kinder einen Platz bekommen – und dass im AWO-Hort an der Winterstraße zusätzlich eineinhalb Gruppen geplant seien, aber der Träger dafür noch das Personal finden müsse.

„Geduld ist das Letzte, was man noch aufbringen kann“

Eine Mutter sprach im Vorfeld gegenüber der Heimatzeitung von einer „desolaten Lage“. Sie habe eine Tochter, die im September in die Grundschule komme, wo um 11.30 Uhr Schulschluss ist. Zweieinhalb Monate vor Schulbeginn gebe es immer noch keine klare Rückmeldung der Stadt bezüglich eines Hortplatzes oder in der Mittagsbetreuung. Eltern, sagt sie, müssen planen können, Arbeitgeber müssten benachrichtigt werden, zum Beispiel wegen Teilzeit oder Reduktion der Arbeitszeit. Alternativen müssten gesucht werden, ebenso Lösungen für den finanziellen Verlust, sollte man die Arbeitszeit drastisch reduzieren müssen oder ein Elternteil gar nicht mehr arbeiten können. „Da sind zwei Monate nicht viel Zeit, und Geduld ist so ziemlich das Letzte, was man zu diesem Zeitpunkt noch aufbringen kann.“

Stadt nennt Zahlen zur Kita-Situation

Angesichts der Verärgerung sah sich die Stadtverwaltung am Dienstagabend im Stadtrat dazu veranlasst, die aktuelle Bedarfssituation für die Kinderbetreuung zu nennen. Die Zahlen für den Hort, sagte danach eine Mutter, seien schockierend gewesen, schlimmer, als man gedacht habe. Sie fürchtet, dass es 2025 noch schlimmer wird.

Bürgermeister Korpan räumte in der Sitzung ein, dass man beim Hort „dieses Jahr tatsächlich Probleme“ habe. So fehlen nach derzeitigen Stand am AWO-Hort an der Winterstraße 51 Plätze und am AWO-Kinderhaus an der Birkenstraße 29 Plätze – insgesamt also 80 Hortplätze. Zur Birkenstraße erklärte er, dass zwar die Räume vorhanden sind, der Hort dies momentan personell aber nicht stemmen könne. Personalmangel, so Korpan, sei ein Thema, das auch viele andere Kommunen treffe. Ähnlich sei es an der Winterstraße: Dort könne man den Platzbedarf regeln, aber auch hier fehle das Personal.. „Wenn sie kein Personal finden, können wir nichts machen“, sagte Korpan. Zur Verärgerung der Eltern darüber, dass es keine Information gebe, erklärte er: „Wir können nicht mehr sagen. Wenn wir morgen die Mitteilung vom Träger bekommen, sie haben zwei Mitarbeiter gefunden, dann ist der Bedarf gedeckt.“

Job kündigen wegen fehlender Betreuung?

Eine Mutter, die am Dienstagabend die Stadtratssitzung verfolgte, erzählte, es gebe Eltern, die nach Penzberg gezogen sind, Vollzeit arbeiten und keine Großeltern in der Nähe haben. „Man müsste den Job kündigen.“ Bei ihr selbst sei es so. Sie sei nach Penzberg gezogen und habe sich erdreistet, ein Kind zu bekommen. Viele Eltern, so die Mutter, hätten Probleme, eine Arbeit aufzunehmen, weil sie keine Betreuung finden. Bei den hohen Mieten könne es sich auch nicht jeder leisten, nicht zu arbeiten. „Und jetzt heißt es ällerbätsch. Das ist sehr belastend.“ Der Stadt wirft sie vor, das Problem verschlafen zu haben. Ebenso kritisiert sie fehlende Kommunikation. Man sei vertröstet worden. Deshalb habe man mit der Aktion vor dem Rathaus Präsenz zeigen wollen.

Der Träger der zwei Horteinrichtungen, der AWO-Bezirk Oberbayern, teilte am Mittwoch auf Nachfrage mit: „Wir sind uns sehr bewusst, in welche Lage jeder fehlende Hortplatz Eltern bringt.“ Man hoffe, „baldmöglich Plätze anbieten zu können“. Sobald entsprechende Fachkräfte zur Verfügung stehen, würden die Einrichtungen in Penzberg wieder Betreuungsverträge abschließen. „Wir schöpfen alle Mittel des Recruitings aus, die uns zur Verfügung stehen, um qualifiziertes Personal für unsere Einrichtungen in der Winterstraße und in der Birkenstraße zu finden“, so der AWO-Bezirk.

Eine Mutter, die schon im Vorfeld von den 51 fehlenden Plätzen an der Winterstraße erfahren hatte, berichtete, dass man dort nicht besonders zuversichtlich sei, in der kurzen Zeit Personal zu finden. Sie selbst sehe jedenfalls keinen Grund mehr für Zuversicht.

Kita-Plätze

Die Stadtverwaltung nannte am Dienstagabend auch Zahlen zur Bedarfssituation bei Kindergarten und Krippe in Penzberg, bei denen es sich im Gegensatz zum Hort um gesetzliche Pflichtaufgaben handle, wie Bürgermeister Stefan Korpan erklärte. Bei der Krippe seien „auf dem Papier“ noch sechs Anmeldungen offen, man werde diesen Bedarf aber bis Anfang September decken können, sagte er. Im Kindergartenbereich haben ihm zufolge aktuell 18 Kinder noch keinen Platz. Bei jeweils zwei gehe es um das laufende Jahr und um einen Einrichtungswechsel. Der Bedarf von 14 Plätzen zum 1. September könne man aller Voraussicht nach mit einer Gruppe im städtischen „Kim Kita“ decken. Man werde dort eine Waldkindergruppe eröffnen, so Korpan. Man brauche dafür noch Personal, schränkte er ein. Er sei aber optimistisch.

Bei der Mittagsbetreuung fehlt ihm zufolge an der Birkenstraßen-Grundschule noch Platz für ein Kind. „Das werden wir schaffen“, so Korpan. An der Bürgermeister-Prandl-Schule sind es aktuell allerdings 40 Kinder. Dort gebe es einen Trägerwechsel zur Caritas. Es gebe Ideen für die Räumlichkeiten, sagte er. Und auch hier: Er sei zuversichtlich, so Korpan – wenn die Caritas Personal finde.

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