Hisbollah-Führung ausgeschaltet: Miliz plötzlich offen für Waffenstillstand mit Israel
Obwohl sie mit dem Rücken zur Wand steht, gibt sich die Hisbollah kämpferisch. Gleichzeitig bringt sie einen Waffenstillstand mit Israel ins Spiel.
Beirut – Die Hisbollah-Miliz im Libanon steht derzeit enorm unter Druck. Ende September marschierte die israelische Armee in den Süden des Landes ein und rückt seitdem immer weiter vor. Kurz vor Beginn der Bodenoffensive hatte Israel Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah getötet – weitere Führungsfiguren der Terrormiliz folgten. Während sich die Schlinge um den Hals der Hisbollah augenscheinlich immer weiter zuzieht, gibt sich die Miliz selbst kämpferisch.
In einer Videobotschaft hat sich jetzt einer der wenigen noch lebenden Führer der schiitischen Organisation zu Wort gemeldet. Scheich Naim Kassim ist seit 1991 Vize-Generalsekretär und war damit Stellvertreter des getöteten Nasrallahs. Rund eine halbe Stunde dauerte seine Rede, in der er den Libanon auf einen „langen und harten Kampf“ einschwor. Dabei bestritt Kassim auch, dass die Führung der Gruppe zerschlagen und die Waffenlager dezimiert seien.

Trotz Bodenoffensive der israelischen Armee – Hisbollah im Libanon zeigt sich kämpferisch
Kassim versicherte, für jeden amtierenden Führer stehe Ersatz bereit. Darüber hinaus gebe es auch ausreichend Waffen für weitere Angriffe auf Israel. Nach seinen Worten zeigen das auch die jüngsten Raketenattacken der Hisbollah. Weiter sagte Kassim, man sei Israel überlegen. Deshalb hätten die israelischen Truppen auch nicht tief ins Landesinnere des Libanons vorrücken können. Wörtlich fügte er hinzu: „Wir sind am Boden stark. Bald werdet ihr die Hilfeschreie der Israelis hören.“
Offenbar um die Kampfansage zu unterstreichen, feuerte die Hisbollah zeitgleich zur Ausstrahlung der Rede 135 Raketen auf den Norden Israels ab. Die meisten dieser konnte die israelische Armee eigenen Angaben zufolge abfangen. Eine Frau sei bei einem Einschlag leicht verletzt worden. Israel gab jedoch auch bekannt, dass man nun auch im Südwesten des Landes mit Bodeneinsätzen begonnen habe. Israels Ziel ist es eigenen Angaben nach, die Hisbollah aus allen Grenzgebieten zu vertreiben.
Hisbollah im Krieg gegen Israel möglicherweise offen für Waffenstillstand
Die Videobotschaft von Scheich Naim Kassim hielt jedoch auch andere Töne bereit. So richtete Kassim ein Verhandlungsangebot an Israel. Demnach könne man die Details einer Vereinbarung zu einem späteren Zeitpunkt regeln. Allerdings müssten die Bedingungen gerecht sein. Als möglichen Mittelsmann für Verhandlungen über einen Waffenstillstand brachte Kassim den Parlamentspräsidenten des Libanons, Nabih Berri, ins Spiel.
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Das Angebot Kassims könnte ein Indiz dafür sein, in welcher prekären Lage sich die Hisbollah mittlerweile offenbar befindet. Ob damit ein baldiger Waffenstillstand tatsächlich wahrscheinlicher geworden ist, bleibt vorerst offen. Ein Erfolg hängt auch davon ab, welche Forderungen die Hisbollah und Israel stellen. Auch die Hamas aus dem Gazastreifen hatte Israel immer wieder Angebote unterbreitet – allerdings mit Forderungen, die für Israel nicht akzeptabel waren, wie dem vollständigen Rückzug der israelischen Truppen.