Bewusst und mit Persönlichkeit: Bioläden im Landkreis - trotz Inflation bleiben Kunden treu
Bioladenbesitzer im Landkreis haben dieselbe Erfahrung gemacht: Trotz Inflation bleiben viele Kunden den treu – und das hat konkrete Gründe.
Landkreis – Dieses Erlebnis hat Bioladenbesitzer Bernd Büttner Mut gemacht: „Eine Kundin kaufte für über 200 Euro bei mir ein, weil sie will, dass ich überlebe.“ Seit 2010 führt er einen Bioladen in Schäftlarn. Vor ein paar Jahren gab es noch drei von ihnen ihm Ort. Nur Bernd Büttners „Kapuziner Naturkost“ hat überlebt. Statt zum Edeka kommen die Menschen extra zu ihm. Solange er die Unterstützung der Menschen habe, gehe es weiter.
Damit ist Büttner nicht der einzige Bioladenbesitzer im Landkreis. Trotz Inflation kaufen viele Kunden weiter bei ihnen ein. Die Bürger konsumieren gern, das belegt eine Studie des Marktforschungsinstituts Gfk. Erneut besitzt der Landkreis die zweitstärkste Kaufkraft in Deutschland. Viele legen wohl auch einen Fokus auf nachhaltige Produkte. Das belegen die Biomarktbesitzer. Bisher können Bioläden nur über Wertschätzung gegenüber Discountern standhalten.
Der Kramerladenvon nebenan
Vor zehn Jahren scherzten die Bürger in Schäftlarn, wie drei Bioläden in einem Dorf überhaupt bestehen können. Die Hoffnung war groß – funktioniert hat es nicht. „Wir haben uns gegenseitig unterstützt“, sagt Büttner. Für bessere Konditionen bestellten die drei Besitzer beim selben Lieferanten. Offiziell war nicht die finanzielle Lage der Grund für die Schließungen. Die Inhaberin von „Biosfaire“ wanderte nach Spanien aus. Der Besitzer von „Naturgenuss“ zog zurück in die Heimat.

Wie hat Büttner es geschafft, zu überleben? „Ich habe einen klaren Standortvorteil.“ Sein Bio-Tante-Emma-Laden im Kapuzinerweg ist der einzige inhabergeführte Kramerladen im gesamten Isartal. Schäftlarner und Nachbarn kaufen bei ihm schnell mal eine Packung Milch oder Eier zum Frühstück. Man kennt sich, plaudert über den anstehenden Urlaub. Bis zum nächsten Donnerstag brauche Büttner keinen Heumilchkäse für den Reisenden zu bestellen. Ein Bergkäse pro 100 Gramm kostet 2,99 Euro. Für den selben Preis gibt es ein Kilo Äpfel vom Bodensee.
550 Quadratmeter Bio in Garching
Vor fast zehn Jahren eröffnete Martin Bauer (41) den „Biomarkt Garching“ in der Schleißheimer Straße. Auf 550 Quadratmeter sammeln sich über 8000 Artikel. „Die letzten zwei Jahre waren hart für die Branche“, sagt er. Die Kosten für Energie, Lebensmittel und Personal sind enorm gestiegen. Der Spielraum für Preiserhöhungen ist klein. Die Kundschaft hätte über die Zeit hinweggeholfen. Das Einzugsgebiet reicht von Freising bis nach Schwabing. „Wir haben tolle Kunden“, sagt Bauer. „Sie entscheiden durch ihr Kaufverhalten, wie unser Sortiment aussieht.“
Regelmäßig testet Bauer neue Produkte, die Kunden nach anfänglichem Zögern annehmen. So wie die Fischtheke. Ein Kilo frischer Lachs kostet im Biomarkt Garching 47,90 Euro. Wenn möglich, ist Regionalität die erste Wahl. „Kleine Erzeuger sollen überleben.“ Die Kartoffeln aus Erding kosten pro Kilo 2,69 Euro. Brot kommt von „Fritz Mühlenbäckerei“ aus Aying. Bauer wirft keine Ware weg. Für alle Sparfüchse macht er Sonderangebote. Auf eingedrückte Bananen gibt es 50 Prozent Rabatt. Älterer Emmentaler kostet 20 Prozent, ein Brötchen vom Vortag 30 Prozent weniger. Einmal wöchentlich holt die Tafel Lebensmittel ab.
„Bio ist ein stark wachsender Markt“, sagt Bauer. „Ich sehe es als positiv, dass die Supermärkte mehr Bioprodukte anbieten.“ Wenn sich jemand für Bio bei Lidl interessiere, sei der Weg in seinen Laden nicht mehr weit. Bei ihm gebe es „das exklusivere Angebot“.
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Unverpacktladen in Unterschleißheim
Christina Jung (35) zieht nach eineinhalb Jahren eine positive Bilanz für ihren Unverpacktladen „Luftülle“ in der Sportplatzstraße. Die Unterschleißheimer kommen mit einem Glas und füllen sich Spaghetti für 3,30 Euro oder Reis für 6,10 Euro das Kilo ab. Selbstverständlich alles regional, fair und bio. Jung ist überzeugt: „Wenn ich bewusst und nur die notwendige Menge einkaufe, habe ich gute Produkte und kann sogar sparen.“
Als sie den Laden im September 2022 eröffnete, war ihr der schwierige Weg bewusst. Trotz all der Herausforderungen glaubt Jung an das Konzept. Sie sagt: „Wir müssen verantwortungsvoller konsumieren.“ Viele Leute wüssten das, aber sie müssten das auch umsetzen.
Schlemmen in Unterhaching
Seit fast 30 Jahren führt Robert Schleißner (59) mit seiner Frau den „Naturkost-Schlemmerladen“ am Rathausplatz in Unterhaching. Der Bioladen ist fest im Ort etabliert. „Wir punkten mit Persönlichkeit“, sagt Schleißner selbstbewusst. Zu fast allen seiner Produkte kann er eine Geschichte erzählen. Bei Handelsreisen zu Avocadofeldern in Spanien und Olivenplantagen auf Sizilien schaut er sich die Produkte an, die am Ende in seinem Laden stehen.
Für das „Hachinger Bio G’wölb“ im Nachbarort Oberhaching hat es nicht gereicht. Gründe waren enormer Kostenanstieg und immer weniger Kunden. Nach 18 Jahren mussten die Besitzer schließen. Ehepaar Schleißner hingegen kann sich nicht beklagen. „Uns geht’s gut“, sagt Schleißner. „Wir machen Bio aus Überzeugung.“ Mit den Supermärkten könne und wolle er nicht mithalten. Und trotzdem kaufen die Leute Orangen aus Italien das Kilo für 4,99 Euro. An der riesigen Käsetheke wählt der Kunde gern den Wildblumenkäse, 100 Gramm für 3,50 Euro. Das muss sich eine Familie leisten können.
Doch der große Wochenendeinkauf sei nicht das Ziel. Schleißner rügt niemanden, der nur eine Orange und einen Joghurt mitnimmt. „Bei uns geht’s nicht um Mengen“, sagt er. Im Gegenteil: Masse sei bei Bio schwierig. Oft könnten Großbauern oder Ketten nicht mit den Bio-Standards mithalten. Er bleibe klein.