Ukraine-Experte der Bundeswehr enthüllt heftige Russland-Verluste – und zeichnet Putins Nato-Plan

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Die Berichte über massive russische Verluste häufen sich. Doch der Ukraine-Experte der Bundeswehr glaubt nicht daran, dass Russland schwächer wird. Im Gegenteil.

München – Russland bekommt in seinem Angriffskrieg auf die Ukraine Hilfe aus Nordkorea. Diese ist wohl dringend nötig, doch wohl nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Der Ukraine-Koordinator im Verteidigungsministerium, Generalmajor der Bundeswehr Christian Freuding, nennt exorbitante aktuelle Verlustzahlen der Putin-Armee. „Die russische Armee verliert täglich deutlich über 1500 Mann, da können Sie sich ausrechnen, was Sie mit 10.000 nordkoreanischen Soldaten erreichen können“, sagte er im Interview mit dem Handelsblatt.

Generalmajor zum Ukraine-Krieg: Nordkorea-Soldaten beeinflussen Kriegsverlauf nicht

Militärisch werde der Einsatz der Nordkoreaner weder qualitativ noch quantitativ den Kriegsverlauf beeinflussen, glaubt der Experte. Auch Ausrüstungsmängel, fehlende Kampferfahrung und Sprachbarrieren würden dabei eine Rolle spielen. Aber es sei „natürlich eine politische Eskalation, wenn es Putin gelingt, einen Partner aus einer anderen Weltregion in den Krieg hineinzuziehen.“

Die russischen Verluste wurden zuletzt von der Nato auf über 600.000 Tote und Verwundete beziffert. Westliche Geheimdienste sprachen von 200.000 Toten und 400.000 Verwundeten in den russischen Reihen. Eine von ukrainischer Seite veröffentlichte Auflistung russischer Verluste seit Kriegsbeginn spricht von über 722.000 getöteten oder verwundeten Russen. Zuletzt hatte die New York Times unter Berufung auf Militär- und Geheimdienstquellen der USA berichtet, dass bisher bereits 57.000 ukrainische Soldaten gefallen seien. Dies entspreche etwa der Hälfte der Verluste auf russischer Seite, hieß es in dem Bericht.

Riesige Verluste bei Russland – doch die Rekrutierung neuer Soldaten funktioniert

Russland bekäme auch ohne Nordkorea genug Nachschub, um seine Lücken zu füllen, so Generalmajor Freuding. „Die Rekrutierung in Russland funktioniert – mit einem perfiden System aus Anreiz und Zwang.“ Dabei helfen Anreize wie ausgesprochen hohe Bezahlung oder Vorteile beim Erwerb von Eigentum oder Zugang zu Universitäten. „Die Oblast-Gouverneure werden aber auch daran gemessen, wie viele Soldaten sie der Armee zur Verfügung stellen. Und da können wir uns bei einem autokratischen System vorstellen, welche Methoden dort dann zum Einsatz kommen.“

Zwischen acht und zehn Prozent seiner Wirtschaftsleistung gebe Russland für die Verteidigung aus. „Seine Kriegswirtschaft produziert in drei Monaten mehr Waffen, Munition und Rüstungsgüter als die europäischen Staaten in einem Jahr“, rechnet Freuding vor. „Es wird auch mehr produziert als an der Front verbraucht, Teile der Produktion gehen in die Depots. Wir müssen deshalb damit rechnen, dass der Krieg in dieser Intensität durchaus weitergeführt werden kann.“ Estland dagegen tat jüngst eine andere Meinung kund: Es rechnete vor, dass Russland angesichts seiner hohen Verluste bis 2026 ausbluten werde.

Bundeswehr-Generalmajor über Schreckensszenario: Russland könnte Nato-Staat angreifen

Freuding sieht das ganz anders: Wer glaube, die russische Armee sei durch die massiven Verluste geschwächt, irre sich. „Das beobachten wir nicht – im Gegenteil.“ Er spricht stattdessen von einem neuen Schreckensszenario: „Wir gehen davon aus, dass Moskau darauf abzielt, die russische Armee so schlagkräftig zu machen, dass sie in fünf bis acht Jahren auch das Potenzial hätte, einen Nato-Staat anzugreifen.“

Russlands Armee muss heftige Verluste verkraften. Plant Putin dennoch einen Angriff auf einen Nato-Staat? © Ramil Sitdikov/dpa; IMAGO / ITAR-TASS / Alexei Konovalov

Ein Angriff also auf Polen oder ein anderes Nato-Land, sobald die Ukraine besiegt ist? Beim derzeitigen Kriegsverlauf ist dies nicht undenkbar. Der Bundeswehr-Mann fordert daher „generell höhere Verteidigungsbudgets und eine bessere Rüstungskooperation, etwa durch den neuen EU-Verteidigungskommissar. Dann werden Produktionskapazitäten wachsen, die Budgets effizienter eingesetzt.“ (cgsc mit dpa)

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