In das Goldene Buch einer Stadt haben normalerweise sehr wenige Menschen Einblick. In Bad Tölz ist das nun anders. Hier kann nun jeder digital durch die Seiten blättern.
Bad Tölz – Es ist immer ein besonderer Moment, wenn sich jemand in das Goldene Buch einer Stadt einträgt. Hochrangigen Vertretern aus Politik, Kultur, Sport und Gesellschaft ist die Ehre vorbehalten. Oft sind die Seiten schön gestaltet. Eigentlich schade, dass diesen Schatz kaum jemand zu Gesicht bekommt. Das dachte sich auch der Zweite Bürgermeister von Bad Tölz, Michael Lindmair. Er habe es immer bedauerlich gefunden, dass nur ein sehr ausgesuchter Kreis einen Blick in das Buch werfen durfte. „Die Seiten sind künstlerisch schön gestaltet. Das sollte man der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen.“ Auf den Seiten finde sich viel Geschichte. „Ich glaube schon, dass das einige interessiert.“ Auf Lindmairs Idee hin wurden die beiden Goldenen Bücher nun digitalisiert. Auf der Homepage der Stadt kann jetzt jeder durch die Seiten blättern. An diesem Mittwoch, 13. August, lohnt sich das besonders: Vor genau 100 Jahren erfolgte nämlich der erste Eintrag ins Buch.
Die ersten Zeilen stammen von Reichspräsident Paul von Hindenburg
Diese ersten Zeilen sind durchaus bedeutsam, stammen sie doch von Generalfeldmarschall und Reichspräsident Paul von Hindenburg. Zwischen 1922 und 1930 besuchte Hindenburg von seinem Urlaubsort Dietramszell aus fünfmal Bad Tölz. „Honoratioren und Einwohner bereiteten ihm stets einen begeisterten Empfang“, heißt es auf den Stelen entlang des Informationswegs an der Hindenburgstraße. Genau sie wurde 1925 nach Hindenburg benannt, ein Jahr später ernannte ihn die Stadt zum Ehrenbürger. Erst 2013 revidierte der Stadtrat diese Entscheidung. Doch statt den Straßennamen auch zu tilgen, wird heute auf Info-Tafeln Hindenburgs unrühmliche Rolle in der Geschichte beleuchtet. Auch die Einweihung der Stelen hat übrigens einen Eintrag im Goldenen Buch.
Das Buch wurde praktisch um die Unterschrift herumgebunden
Es ist aber auch eine interessante Geschichte, wie es zu diesem allerersten Eintrag 1925 kam. „Die Stadt hatte bis dahin kein Goldenes Buch. Und tatsächlich auch noch nicht, als Hindenburg im Juli 1925 zu Besuch war“, berichtet Stadtarchivar Sebastian Lindmeyr. Allerdings waren die Stadtoberen über den Besuch so begeistert, dass sie mit einigen edlen Papierbögen ausgestattet einige Wochen später zu Hindenburgs Sommerdomizil in Dietramszell fuhren, um den Reichspräsidenten unterschreiben zu lassen. Dabei sammelten sie auch gleich noch die Autogramme von Ministerpräsident Heinrich Held und Innenminister Karl Stützel ein. „Danach hat Buchbinder Hans Urban praktisch das Goldene Buch rund um diese Papierbögen gebaut“, sagt Lindmeyr.
Wurde die Seite mit Hitlers Unterschrift entfernt?
In den folgenden Jahren gibt es nur sehr vereinzelt Einträge. Das liegt übrigens nicht daran, dass – wie erzählt wurde – Seiten, unter anderem die mit der Unterschrift Adolf Hitlers, nach dem Krieg entfernt worden seien, sagt Lindmeyr. Es habe nie einen Eintrag Hitlers gegeben.
Eine feste Größe im Buch sind die Leonhardifahrten. Aber auch der Einweihung des Isarkraftwerks 1958, des Feuerwehrhauses 1964, der Umgehungsstraße 1984 und anderen Bauprojekten sind Seiten gewidmet, genauso wie der feierlichen Verabschiedung der städtischen Polizeibeamten aus Anlass der Verstaatlichung der Stadtpolizei 1972. Wichtige Sportereignisse finden sich ebenso im Buch: Dazu zählt die zweite Deutsche Eishockey-Meisterschaft des EC Bad Tölz am 6. Februar 1966. Kurios: Der Gewinn der ersten Meisterschaft 1962 ist kein Eintrag gewidmet. Der Olympia-Fackellauf am 25. August 1972 durch Bad Tölz ist dafür mit Unterschriften von Fackelläufern und drei Farbfotos verewigt.
Bundeskanzler Helmut Kohl unterschrieb 1994
Ab den 70er-Jahren sind die Seiten grafisch aufwändiger gestaltet. Farbige Zeichnungen illustrieren den Anlass. Das setzt sich im aktuellen, ebenfalls digitalisierten Goldenen Buch fort. Dieses umfasst den Zeitraum ab 1991 bis heute. Bundeskanzler Helmut Kohl verewigte sich darin bei seinem Besuch am 13. September 1994.
In jenem Jahr gastierte im Oktober auch der chinesische Staatszirkus in der Stadt, und die Artisten unterschrieben im Buch. Es sind nicht die einzigen chinesischen Schriftzeichen: Im Februar 1999 war eine Delegation chinesischer Wirtschaftswissenschaftler zu Gast in Bad Tölz. 2001 hinterließ Sir Edmund Hillary, der Erstbesteiger des Mount Everest, einen freundlichen Gruß im Buch. 2002 unterschrieben amerikanische Einsatzkräfte, die nach dem Anschlag vom 11. September 2001 in New York vor Ort waren, während ihres Aufenthalts in Bad Tölz. Und auch Tenzin Takiha, der Neffe und Privatsekretär des Dalai Lama, bekam 2002 eine Seite, als er anlässlich der Tölzer Rosentage hier weilte. Natürlich ist auch dem „Bullen von Tölz“ ein Eintrag gewidmet. Und Etappenort der Deutschlandtour zu sein, feierte man 2006. Auf drei Seiten haben sich Radsportler verewigt.
Der bislang letzte Eintrag erfolgte beim Staatsakt zu Ehren von Thomas Mann im Tölzer Kurhaus.
Das Goldene findet sich im Internet auf www.stadt.bad-toelz.de/bad-toelz/unsere-stadt/goldenes-buch