Mit einem Staatsempfang zum 150. Geburtstag von Thomas Mann wird in Bad Tölz der Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger gewürdigt.
Bad Tölz – Zu Ehren von Thomas Manns 150. Geburtstag wurde am Freitag zu einem Staatsempfang ins Tölzer Kurhaus geladen. Der Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger hatte 1909 in der Tölzer Heißstraße für sich und seine Familie ein „Herrensitzchen” erbauen lassen. Während seine Münchner Villa im Krieg zerstört wurde, ist das Tölzer Landhaus heute der einzige noch im Originalzustand erhaltene Wohnsitz der Familie im deutschsprachigen Raum.
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Geladene Gäste aus Politik und Kultur
Im Beisein geladener Gäste aus Politik und Kultur würdigte Staatsminister Markus Blume in seiner Festansprache das literarische Werk Thomas Manns und sein Engagement als prominenter Gegner der NS-Diktatur. Bad Tölz sei „der richtige Ort” für dieses Gedenken, sagte Blume und wies darauf hin, dass dies der erste Staatsempfang im Freistaat für einen Schriftsteller überhaupt sei. Blume würdigte Thomas Mann als „bedeutendsten deutschen Autor des 20. Jahrhunderts, Weltbürger, unbeirrbaren Humanisten, moralischen Kompass und wachsamen Demokraten – höchste Zeit also für eine solche Ehrung“.
Kampf gegen Barbarei der Nazis
Im Zusammenhang mit dem Gedenken an das Ende von Krieg und NS-Gewaltherrschaft vor 80 Jahren stand an diesem Abend Thomas Manns Engagement aus dem Exil gegen das Terrorregime der Nationalsozialisten im Vordergrund. Dabei war das nicht unbedingt vorhersehbar: Lange nahm er eine unpolitische Haltung ein. Beteiligt an seinem Wandel zum entschiedenen Pazifisten und Demokraten war seine Tochter Erika. Die Künstlerin und politische Aktivistin ermutigte den 58-Jährigen zum Gang ins Exil und zum Kampf gegen Ungeist und Barbarei der Nazis.
Brief an die Uni Bonn, die Mann die Ehrendoktorwürde aberkannte
Schauspieler Thomas Loibl las Auszüge aus Briefen, die der Schriftsteller Anfang 1937 aus dem Exil und kurz nach Ende des Kriegs verfasst hatte. Mann beschreibt darin „Herzasthma und Verlorenheit” eines Ausgebürgerten, zeigte sich aber kämpferisch: Im Brief an den Dekan der Universität Bonn, die ihm die Ehrendoktorwürde aberkannt hatte, benannte er „eine gravierende Mitschuld der Universitäten an der politischen Willfährigkeit, dem moralischem Niedergang Deutschlands und der Ertüchtigung zu Krieg und Weltfeindschaft”. Dem Schrifsteller Walter von Molo – er hatte 1933 bis 1945 im Land ausgeharrt – entgegnete er, dass die während dieser Jahre in Deutschland erschienenen Bücher „mehr als wertlos“ seien und „einen Geruch der Schande” hätten. Deutschland sei dem Nationalsozialismus in die Hände gefallen, doch der stehe in keinster Weise für das Deutsche. Das, so Mann, werde daher in alter Größe fortbestehen.
Pianist Gerold Huber spielte unter anderem Schuberts letzte B-Dur-Klaviersonate. Dieses Werk war passend gewählt: Bei Schubert vollziehen sich Dramen gleichsam im weichgezeichneten Verborgenen. Wer nicht robust genug war für das Exil, der konnte daran auch wie ein Stefan Zweig im Stillen zerbrechen.
Thomas Manns Spuren in Bad Tölz
Durch den Abend führte Dritter Bürgermeister Christof Botzenhart, den Staatsminister Blume eingangs zum „Tölzer Kulturbürgermeister” geadelt hatte. Botzenhart ging den Spuren nach, die Thomas Mann und seine Familie in Bad Tölz hinterlassen haben. Er führte dazu auch einen Image-Film vor, der an der Villa und am Klammerweiher entstanden ist und viele Originalfotos aus den Tölzer Jahren von 1909 bis 1917 zeigt. Thomas Mann selbst hat in der Stadt keine Kontakte geknüpft geschweige denn Freundschaften geschlossen. Ohne ein Gefühl von Sentimentalität hat er das Haus wieder verkauft. Für seine Kinder Erika, Klaus, Golo und Monika war der Abschiedsschmerz dafür umso größer, was sie auch vielfältig bezeugt haben.
Botzenhart machte deutlich, was nach Jahrzehnten eines gewissen Tölzer Desinteresses für Thomas Mann inzwischen alles gewachsen ist: ein Thomas-Mann-Gedenkweg, sein nachgestelltes Tölzer Arbeitszimmer in der Stadtbücherei, Exponate im Stadtmuseum und natürlich auch das Tölzer Thomas-Mann-Festival, das Literaturfreunde aus aller Welt anzieht. Bad Tölz sei dabei, der Landeshauptstadt den Rang als Thomas-Mann-Stadt abzulaufen. Auch der touristische Mehrwert dieser Entwicklung sei nicht hoch genug einzuschätzen.