150. Geburtstag und 70. Todestag: Im Jubiläumsjahr 2025 richten sich alle Augen auf Thomas Mann. Davon könnte auch das Festival profitieren, das am 1. Juni in Bad Tölz startet.
Bad Tölz – Das Tölzer Thomas-Mann-Festival fällt in ein ganz besonderes Jahr. Denn heuer wird sowohl der 150. Geburtstag des Literatur-Nobelpreisträgers gefeiert als auch seines 70. Todestages gedacht. Kein Wunder, dass sich das Interesse der Literaturwelt stark auf Thomas Mann richtet. Davon könnte Bad Tölz profitieren, wenn sich ab Sonntag, 1. Juni, eine hochkarätige Veranstaltung an die andere reiht. Ein Höhepunkt: Am Freitag, 6. Juni, findet im Tölzer Kurhaus nach den Worten von Festival-Organisator Christof Botzenhart „die zentrale Veranstaltung der Staatsregierung zu Thomas Manns Geburtstag“ statt: ein Staatsempfang mit dem bayerischen Kulturminister Markus Blume.
Thomas Mann ging 1933 ins Exil
Thematisch steht bei der dritten Festival-Auflage das Thema „Exil“ im Mittelpunkt, wie Botzenhart erläutert. Thomas Mann verließ Deutschland bereits im Februar 1933, also kurz nach der Machtergreifung durch die Nazis. Über Stationen etwa in Sanary-sur-Mer in Frankreich und Küsnacht in der Schweiz führte sein Weg schließlich 1938 in die USA.
Ein Vergleich zwischen seinem dortigen Domizil im kalifornischen Pacific Palisades und seinem Sommerhaus nahe dem Klammerweiher in Bad Tölz, wo er mit seiner Familie von 1907 bis 1917 jeweils die Sommermonate verbrachte, lässt sich bei der Ausstellung „Architekten im Exil“ ziehen. Die Vernissage am Sonntag, 1. Juni, bildet den Auftakt zum Festival. Gezeigt werden Werke des Fotografen Jean Molitor. Der für Bad Tölz besonders interessante Aspekt der von der Geretsrieder Architekturhistorikerin Dr. Kaija Voss kuratierten Schau ist die Gegenüberstellung der modernen Villa in den USA mit dem Tölzer Bau im Heimatschutzstil mit Jugendstilelementen. Hier erhielt Molitor Zutritt, der der Öffentlichkeit sonst verwehrt ist.
Annäherung an Thomas Mann über die Musik
Im anschließenden Festvortrag am Abend lässt sich dann erfahren, wie das Thema Thomas Mann in eine weitere Kunstform einfloss: die Graphic Novel. Eine solche verfasste der Bamberger Professor Friedhelm Marx zusammen mit Magdalena Adomeit und Julian Voloy über Thomas Manns ersten Besuch in Deutschland nach 16 Jahren Exil. Der Titel: „Thomas Mann 1949. Rückkehr in ein geteiltes Deutschland“. In seinem Vortrag wird Marx diese brisante Reise aus Anlass von Goethes 200. Geburtstag analysieren.
Eine Besonderheit des Tölzer Thomas-Mann-Festivals ist die Annäherung an den Literaten über die Musik. Diesmal sah das Programm einen thematischen Bezug zu Thomas Manns Exilorten USA und Tschechoslowakei vor, wo Mann 1936 die Staatsbürgerschaft erhielt. Entsprechend sollten zwei renommierte Streichquartette in Bad Tölz gastieren. Doch der Termin mit dem amerikanischen „Abeo Quartet“ am Montag, 2. Juni, wurde mittlerweile wegen zu geringer Nachfrage abgesagt. Es bleibt der Auftritt des „Zemlinsky Quartet“ aus Prag am Donnerstag, 5. Juni.
Exkursion mit einem Literaturexperten
Eine personelle Konstante aller Tölzer Thomas-Mann-Aktivitäten ist der Münchner Literaturwissenschaftler Dr. Dirk Heißerer. Er lädt am Dienstag, 3. Juni, zu einer Exkursion nach München ein. Dort hatte sich rund um Manns Wohnort an der Poschingerstraße eine literarisch-musikalische Nachbarschaft gebildet, die teilweise bis ins amerikanische Exil beibehalten wurde.
Das Programm
Sonntag, 1. Juni:
Vernissage der Ausstellung „Architekten im Exil“, Fotos von Jean Molitor, 16 Uhr, Stadtmuseum. Festvortrag „Thomas Mann 1949. Rückkehr in ein geteiltes Deutschland“ von Prof. Friedhelm Marx, 19 Uhr, Stadtmuseum, Eintritt: 5 Euro an der Abendkasse.
Dienstag, 3. Juni:
Exkursion „Nachbarschaften – Thomas Mann im Münchner Herzogpark“ mit Dr. Dirk Heißerer, Abfahrt am Vichyplatz um 13.30 Uhr, Treffpunkt in München: 15 Uhr; Preis: 29 Euro (ermäßigt 27 Euro). Tickets in der Tourist-Info und über München-Ticket.
Mittwoch, 4. Juni:
Vortrag „Mein Heimweh nach dem alten Zustande ist übrigens gering – Thomas Mann und die Seinen im südfranzösischen Exil“ von Dr. Magali Nieradka-Steiner, 19.30 Uhr, Stadtmuseum, Eintritt frei.
Donnerstag, 5. Juni:
Konzert mit dem „Zemlinsky Quartet“, 19.30 Uhr, Kurhaus, Tickets für 39 Euro (ermäßigt: 19,50 Euro) oder 34 (17) Euro (bei der Tourist-Info oder über München-Ticket.
Freitag, 6. Juni:
Staatsempfang zu Thomas Manns 150. Geburtstag, nur für geladene Gäste.
Samstag, 7. Juni:
Lesung aus dem Briefwechsel zwischen Thomas Mann und Stefan Zweig mit Stefan Hunstein und August Zirner, 19.30 Uhr, Stadtmuseum, Tickets für 19 Euro in der Tourist-Info oder über „München Ticket“.
Alle Infos auf bad-toelz.de/thomasmann
Unter dem Titel „Mein Heimweh nach dem alten Zustande ist übrigens gering – Thomas Mann und die Seinen im südfranzösischen Exil“ hält Dr. Magali Nieradka-Steiner von der Universität Heidelberg am Mittwoch, 4. Juni, einen Vortrag über jene Tage, in denen Thomas Mann genauso wie viele andere prominente Vertreter der Weimarer Republik noch vorübergehend ein Gefühl von Freiheit genossen – bis sich diese „Hauptstadt der deutschen Literatur“ nach Kriegsbeginn in eine Falle verwandelte.
Stefan Hunstein und August Zirner in Bad Tölz
Zwei bekannte Schauspieler treten am Samstag, 7. Juni, im Stadtmuseum auf. Stefan Hunstein und August Zirner lesen aus dem Briefwechsel zwischen Thomas Mann und Stefan Zweig. Was davon erhalten ist, hat einen großen Wert als Dokument der Zeitgeschichte gerade für die Zeit des Exils, in das auch Stefan Zweig nach dem Anschluss Österreichs gehen musste und an dem er letztlich zerbrach. (ast)