Gefängnisstrafe: Polizist (36) vergewaltigt Kollegin

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Wegen Vergewaltigung: Zwei Jahre, zehn Monate lautet das - noch nicht rechtskräftige - Urteil des Gerichts. © Arne Dedert

Ein 36-jähriger Polizist wurde vom Schöffengericht am Amtsgericht Wolfratshausen wegen Vergewaltigung einer Kollegin zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Die Tat liegt bereits drei Jahre zurück.

Zwei Jahre und zehn Monate Gefängnis: Das ist die Strafe, zu der das Schöffengericht am Amtsgericht Wolfratshausen einen Polizisten (36) verurteilte, der angeklagt war, bei einem Event am Walchensee eine Kollegin (29) vergewaltigt zu haben (wir berichteten). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Die Tat liegt bereits drei Jahre zurück. Warum das Opfer das Geschehen nicht gleich angezeigt hatte, sondern der Fall erst zwei Jahre später im Rahmen eines Fortbildungsseminars  „ins Rollen kam und nicht mehr einzufangen war“, so der Vorsitzende Richter Helmut Berger in seiner Urteilsbegründung, war eine zentrale Frage in dem zweitägigen Prozess.

„Es war ihr Lebenstraum, zu dieser Gruppe dazuzugehören. Dafür tat sie alles“, gab der Vorsitzende die Einschätzung des Gerichts wieder. Weil sie wusste, welche beruflichen Konsequenzen ein Strafverfahren für den Angeklagten, aber auch für sie selbst haben würde, habe sie „lange alles versucht, damit es nicht zum Verfahren kommt“.

Einzige Frau unter 14 Männern

Die Geschädigte war Mitglied eines Mobilen Einsatzkommandos (MEK), als einzige Frau unter 14 Männern. Am 19. Mai 2022 traf sich die Gruppe zur Einstandsfeier eines Kollegen in einer Hütte am Walchensee. Am Abend wurde gefeiert, mit lauter Musik und reichlich Alkohol. „Wir waren alle in einem einen freien Willen ausschließenden Zustand“, beschrieb ein Zeuge den Alkoholkonsum an jenem Abend.

Die Frau hatte eingeräumt, ein paar Radler, Aperol und Cocktails getrunken zu haben. Als ihr davon schlecht wurde, wollte sie sich schlafen legen. Der Angeklagte, ihr Einweisungsbeamter, mit dem sie sich zuvor „fachlich gut unterhalten“ hatte, folgte ihr, brachte der jungen Kollegin ein nichtalkoholisches Getränk und ein Gefäß, falls sie sich übergeben müsse. Er habe sich zu ihr aufs Bett gesetzt, dann sei er eingeschlafen, erklärte der Angeklagte. An mehr könne er sich nicht erinnern.

Tat drei Jahre her

Für das Gericht stand fest, was weiter passierte: Irgendwann in der Nacht sei die Frau aufgewacht und habe schockiert wahrgenommen: „Ihr Einweisungsbeamter hatte eine Hand in ihrer Hose und einen Finger in der Scheide.“ Dass sie, nachdem sie die Hand weggestoßen hatte, gleich wieder eingeschlafen sei, schrieb das Gericht der Alkoholisierung zu. Die Verteidigung war anderer Meinung. „Dass eine Frau in diesem Schockzustand gleich wieder einschläft, das glaube ich nicht“, sagte Anwältin Maria Isabella Kirkitadse.

Zwar hatte sich die Polizistin später einem Freund, ebenfalls Polizist, anvertraut, aber sich massiv dagegen gewehrt, dass dieser den Vorfall zur Anzeige brachte. „Wenn es zur Verhandlung komme, werde sie alles leugnen“, berichtete der Zeuge aus Gesprächen. „Irgendwann habe ich entschieden, dass mir die Freundschaft zu ihr wichtiger war, als eine Strafverfolgung.“ Zwei Jahre dauerte es, bis die junge Frau das Geschehen in einem Seminar zum Thema „Konfliktbewältigung mit Vorgesetzten“ thematisierte – und damit ein Strafverfahren in Gang setzte.

Angeklagter streitet alles ab

Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe. Er bezichtigte die Frau, die ihm als Nebenklägerin im Gerichtssaal gegenübersaß der Schauspielerei. „Sie ist nicht so, wie sie sich in diesen Momentaufnahmen hier vorstellt“, erklärte der derzeit suspendierte MEK-Beamte. Er beteuerte: „Ich war besoffen, habe geschlafen und bin wieder aufgewacht. Ich habe niemanden angefasst. Ich habe das nicht gemacht.“

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Die Staatsanwältin beantragte eine Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Verteidigerin Kirkitadse forderte wegen „begründeter Restzweifel“ einen Freispruch. Ihr Anwaltskollege Andreas Schröger war der Meinung, die Beweisaufnahme reiche „nicht aus, um zu einer Verurteilung zu kommen, die dies Konsequenzen nach sich zieht.“ Das Gericht wertete den „unglaublichen Vertrauensmissbrauch“ durch den Angeklagten und die bis heute anhaltende psychologische Belastung der Geschädigten strafverschärfend. Berufliche Konsequenzen für den Angeklagten (das Opfer hat die Dienststelle längst verlassen) erfolgten zu Recht, betonte der Richter: „Wer sich so verhält, hat bei der Polizei nichts zu suchen. Ein Polizist soll Vorbild sein.“

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