Die exponierteste Stelle der A8: Hier kämpft die Autobahnmeisterei mit 1000 Tonnen gegen den Winter
Jeder kennt sie, kaum einer war schon drin: Die große, hölzerne Halle neben der A8 am Irschenberg beheimatet bis zu 1000 Tonnen Streusalz. Damit kämpft die Autobahnmeisterei gegen den Winter.
Irschenberg – Es gibt wohl kaum jemanden, der noch nie daran vorbeigefahren ist. Die riesige Halle direkt neben der Autobahn fällt seit ihrer Fertigstellung Ende 2023 täglich tausenden Auto- und Lkw-Fahrern ins Auge, die den Irschenberg überqueren. Nur was sich hinter der hölzernen Fassade verbirgt, wissen die wenigsten: Ein gigantischer Berg Streusalz, bis zu 1000 Tonnen, lagern nur wenige Meter von der Fahrbahn entfernt. Für die Autobahnmeisterei Holzkirchen neben der heimischen Halle der zweite, strategisch unverzichtbare Standort: „Wir sind an der exponiertesten Stelle der A8“, erklärt Leiter Benjamin Surner vor Ort. „Unsere Fahrzeuge müssen hier schnellstmöglich beladen werden.“
Einen Umweg könnten sich die Winterdienst-Kolonnen zeitlich nicht leisten – sie folgen bei Extremwetter einem einzigen Ziel: „Der Verkehr auf dem Berg darf nicht stehen.“ Auf 720 Meter Höhe, bei siebenprozentiger Steigung und einem ebenso steilen Gefälle, reichen nur zwei liegengebliebene Fahrzeuge, um alles zum Stillstand zu bringen. „Wenn ein Lkw steht und ein zweiter beim Überholversuch hängenbleibt, trifft‘s meistens alle“, sagt Surner. „Und die Lkw kommen von überall her, mit unterschiedlicher Bereifung und unterschiedlichem Fahrkönnen.“ Sobald aber der Winterdienst nicht mehr durchkommt, drohen auch andere Fahrzeuge einzuschneien.
Damit das nicht passiert, arbeitet die Autobahnmeisterei im Dreischichtbetrieb rund um die Uhr. „Dem Berg darf man nie den Rücken zudrehen“, sagt Surner. Früher, vor dem digitalen Zeitalter, gab's dafür noch einen Wettermelder, der von einem Stützpunkt auf der anderen Straßenseite aus alles im Blick hatte. „Wenn's in Holzkirchen sonnig ist, kann es am Irschenberg schon schneien“, verdeutlicht der 37-Jährige.
Mannschaft auf Abruf, wenn das Wetter unklar ist
Heute wachen zwar elektronische Glättemeldeanlagen und Kameras über die Straße. Die neue Salzhalle unweit des alten Standorts ist nicht mehr immer besetzt. Damit im Ernstfall schnell jemand vor Ort ist, sind Kollegen aber auch nachts auf Abruf. „Wenn das Wetter zweideutig ist, ist immer jemand in der Nähe“, sagt Surner.
Bevor dafür ein Telekoplader zum Einsatz kommt, der bis zu sieben Tonnen Salz mit Maschinenkraft auf die Fahrzeuge schaufelt, ist erstmal ordentlich Muskelkraft nötig. Der gebürtige Niederbayer muss sich kräftig gegen die Holztore stemmen, um sie nach links und rechts aufzuschieben. Sie sind fast fünfmal so hoch wie er – 8,50 Meter aus massivem Holz erklären, warum es an diesem Tor auf dem eingezäunten Gelände kein eigenes Schloss mehr braucht.
Die Höhe ist aber wichtig, damit Lkw bei der Lieferung auch mit aufgekippter Ladefläche noch darunter durchfahren können, erklärt er. Innen ist die Halle sogar an die elf Meter hoch. Das Salz – konkreter Natriumchlorid – das aus einem Stollen bei Heilbronn gebrochen wurde, reicht bis kurz unter den Dachstuhl. „Es wird nie ganz leer gefahren, damit wir einen Puffer haben“, sagt der Leiter der Autobahnmeisterei. Pro Saison landen zwischen Holzkirchen und Irschenberg rund 3000 bis 4000 Tonnen auf der Autobahn.
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Größe und Lage sind aber nicht die einzige Besonderheit der Halle. „Sie besteht komplett aus Holz, weil das nicht rosten kann“, erklärt Surner. „Salz frisst alles auf, was aus Metall ist.“ Die untersten Balken sind deshalb von Beton umschlossen, weiter oben halten Eichenzapfen das Bauwerk zusammen. Der Dachstuhl, der von der Form an eine Kathedrale erinnert, trägt sich ebenfalls selbst. Surner zeigt außerdem auf die Bretter an den Wänden: „Sie sind mit Holznägeln befestigt“, erklärt er.
Damit das Holz nicht modert, ist die Fassade aber mit Plexiglas verschalt. Ein ebenfalls nicht zufällig gewähltes Material. „Gutachter können so einfach durchschauen und prüfen, ob noch alles in Ordnung ist.“ Durch kleine Plexiglasfenster unter dem Dach scheint außerdem etwas Tageslicht auf den Salzberg. Davon kriegen die Fahrer aber nicht immer etwas mit: Wenn sie das Tor öffnen, um erst Salz und dann Sole aus einem Tank vor der Tür aufzufüllen, schneit es draußen oft schon bei Dunkelheit. Dann müssen sie sich beeilen, um den Verkehr am Laufen zu halten. „Der Berg darf nicht stehen“, erinnert Surner. nap
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