Der Renten-Vergleich: Bekommen Neurentner weniger Geld als Bestandsrentner?

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Fast die Hälfte aller Rentnerinnen und Rentner in Deutschland hat ein monatliches Nettoeinkommen von unter 1.250 Euro. Doch was ist die Höchstrente hierzulande? (Symbolbild). © IMAGO/Michael Bihlmayer/ Bihlmayerfotografie

Reizthema Rente: Bekommen Neurentner genauso viel wie jene Menschen, die schon länger Rente beziehen? Das sagen die Zahlen.

Berlin – Die Rentenhöhe ist ein ewiges Reizthema. Das trifft auf die Differenz zwischen der durchschnittlichen Rente von Rentnerinnen und Rentnern im Osten und der sonstigen Bundesrepublik genauso zu, wie auf die Ungleichheit der Rente zwischen Mann und Frau. Aufgrund der sich wandelnden Gesellschaft, Rentenreformen und der im Vergleich zu früheren Zeiten geringeren Arbeitslosigkeit dürfte sich das bei den kommenden Generationen an Rentnerinnen und Rentnern (etwas) ändern – zum Glück! Doch es gibt zwei weitere Gruppen, die in Bezug auf das Rentenniveau gerne beleuchtet werden: Bestands- und Neurentner.

  • Bestandsrentner: Jene Menschen, die schon vor mehreren Jahr(zehnt)en in Rente gegangen sind.
  • Neurentner: Jene Personen, die erst seit den vergangenen Jahren altersbedingt Rente beziehen.

Doch existiert zwischen diesen beiden Gruppen auch ein Unterschied bei der Rentenhöhe? Sind diese ebenfalls geografisch bedingt? Und lassen sich Neu- und Bestandsrentner überhaupt aussagekräftig miteinander vergleichen?

Neurentner versus Bestandsrentner: Wer bekommt wo mehr Rente?

952.658 Deutsche sind laut dem Deutschen Rentenversicherung Bund im Jahr 2023 altersbedingt in die Rente eingetreten. Die Zahl der Menschen, die altersbedingt in Rente gegangen sind, betrug 2022 rund 18,6 Millionen. Soweit zu den Zahlen. Eine These des Rentenatlas der Bild lautet, dass Männer, die in den vergangenen Jahren in Rente gegangen sind, im Ruhestand weniger Geld bekommen, als ihre Vorgänger, die schon länger dabei sind.

Die Tageszeitung beruft sich dabei auf aktuelle Zahlen des Deutschen Rentenversicherung Bund. Konkret sollen Neurentner demnach im Schnitt 1.229 Euro netto erhalten, während bei Bestandsrentnern durchschnittlich 1.328 Euro monatlich auf dem Konto landen. Es ergibt sich also ein Unterschied von 99 Euro. Die Deutsche Rentenversicherung schreibt den Neurentnern für 2023 in ihrem Statistikportal noch eine monatliche Rente in Höhe von 1.110,26 Euro zu.

Klar ist jedoch: Die Gründe für die Ungleichheit zwischen bestehenden und neuen Rentnern sollen in der Entwicklung der Bundesrepublik selbst begründet liegen – zum Beispiel in Rentenreformen vergangener Jahre. So waren etwa Renten bis 2005 weitgehend steuerfrei, ehe ab 2005 im Zuge des Alterseinkünftegesetzes eine schrittweise Erhöhung des zu versteuernden Prozentsatz beschlossen wurde. Auch die hohe Arbeitslosigkeit der vergangenen Jahrzehnte ist als ein Grund anzusehen.

Rente: Unterschied zwischen alten und neuen Bundesländern ist deutlich

Am höchsten ist der durchschnittliche Unterschied zwischen den (männlichen) Bestands- und Neurentnern deshalb auch in den neuen Bundesländern: In Sachsen (189 Euro Unterschied), Sachsen-Anhalt (187 Euro) oder Brandenburg (162 Euro) beziehen die Neurentner eine höhere Rente. Eine erste Erklärung ist die hier sehr verbreitete Arbeitslosigkeit nach der Wende, die etwa aufgrund von flächendeckenden Betriebsschließungen durchschnittlich höher als im übrigen Teil der Bundesrepublik war. Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wurden nach der Wiedervereinigung allein zwischen 1989 und 1991 mehr als 2,5 Millionen Menschen plötzlich arbeitslos. Die Quote unter Männern stieg zwischen 1991 und 2005 von rund 6,4 Prozent auf 13,3, Prozent.

„Spitzenreiter“ dieses Rente-Rankings ist die Region des früheren Ost-Berlins: Hier erhalten Bestandsrentner satte 232 Euro mehr als Neurentner. Zum Vergleich zu den alten Bundesländern: In Hessen bekommen Bestandsrentner derzeit durchschnittlich 83 Euro mehr als ihre nachfolgenden Mitbürger – in Bayern sind es immerhin 49 Euro.

Anders verhält sich die Verteilung bei den Frauen. Wenngleich das Rentenniveau bundesweit grundsätzlich nach wie vor deutlich unter jenem der Männer liegt, bekommen Neurentnerinnen in den alten Bundesländern durchschnittlich 956 Euro Altersrente – und somit 20 Euro mehr als Bestandsrentnerinnen. Eine Erklärung ist hier das steigende Lohnniveau bei Frauen in den vergangenen Jahrzehnten. In Bayern erhalten etwa die Neurentnerinnen (905 Euro) durchschnittlich 36 Euro mehr als Bestandsrentnerinnen (869 Euro) – in Hessen sogar 56 Euro. Womit beide Bundesländer unter dem deutschlandweiten Durchschnitt fallen. Vielmehr wird der vergleichsweise „hohe“ Durchschnitt von 956 Euro Altersrente von den neuen Bundesländern getragen. Hier erhalten die Bestands- und Neurentnerinnen eine höhere Rente als im Bundesdurchschnitt. Allerdings sind es hier erstere, die ein höheres Rentenniveau erreichen.

Der Ost-West-Vergleich bei den Frauen in der Übersicht:

Bundesland: Wer hat mehr? Differenz:
Bayern: Neurentnerinnen mit 905 Euro 36 Euro mehr als Bestandsrentnerinnen
Hessen: Neurentnerinnen mit 935 Euro 56 Euro mehr als Bestandsrentnerinnen
Saarland: Neurentnerinnen mit 845 Euro 95 Euro mehr als Bestandsrentnerinnen
Sachsen: Bestandsrentnerinnen mit 1.209 Euro 39 Euro mehr als Neurentnerinnen
Mecklenburg-Vorpommern: Bestandsrentnerinnen mit 1.216 Euro 58 Euro mehr als Neurentnerinnen
Ost-Berlin: Bestandsrentnerinnen mit 1.320 Euro 74 Euro mehr als Neurentnerinnen

Vergleich der Renten laut Deutscher Rentenversicherung wenig aussagekräftig

Kritik an obigen Vergleichen kommt von der Deutschen Rentenversicherung: Grundsätzlich hält sie derartige Vergleiche zwischen Bestands- und Neurentnerinnen für methodisch nicht aussagekräftig. Um tiefergehende Ableitungen zu treffen, seien die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für beide Gruppen zu unterschiedlich (gewesen). Argumente hierfür sind etwa:

  • Früher war es möglich, ohne Abschläge in Rente zu gehen
  • Beitragsfreie Zeiten wurden anders bzw. besser bewertet
  • Schul- sowie Hochschulausbildung wurden im Umfang von bis zu 13 Jahren als rentensteigernd anerkannt

Als weiteres Beispiel der völlig unterschiedlichen Bewertungskriterien dienen der Rentenversicherung die Jahre 2012 bis 2015 sowie 2017 bis 2021: Hier sei bei den Frauen der „durchschnittliche Zahlbetrag in den Zugängen größer als im Bestand“. Sprich: Neurentnerinnen erhielten eine höhere Rente als Bestandsrentnerinnen, was auf „biografische Ursachen“ zurückzuführen sei. Besonders deutlich sei das in Ostdeutschland gewesen: Vermutlich, so spekuliert der Faktencheck der Deutschen Rentenversicherung, seien Frauen zuvor weniger stark von der Arbeitslosigkeit nach der Wiedervereinigung betroffen gewesen als ostdeutsche Männer. Auch deshalb seien derartige Vergleiche meistens nur eine Momentaufnahme.

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