Experte erklärt, wie sich die Freisinger gegen steigende Mieten wappnen können

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Freising
  4. Freising

Kommentare

Ein Werkzeug für Frieden und Preisstabilität ist für Jurist Tobias Vollmar der 2024 in Kraft getretene Mietspiegel. © Lehmann

Seit bald einem Jahr gibt es in Freising einen Mietspiegel. Ein Experte sieht erste positive Effekte. Zugleich warnt er vor künftig steigende Mieten – und gibt Tipps.

Freising - Nach jahrzehntelangem Kampf gibt es ihn seit Anfang des Jahres, den qualifizierten Mietspiegel für die Stadt Freising, der auf der Grundlage einer repräsentativen Mieter- und Vermieterumfrage erstellt wurde und auf auf 936 Datensätzen beruht, die im Zeitraum Juli bis September 2023 bei zufällig ausgewählten mietspiegelrelevanten Haushalten schriftlich erhoben wurden. In der Jahreshauptversammlung des Mietervereins Freising zog Rechtsanwalt Tobias Vollmar ein erstes Fazit, und das fiel positiv aus.

„Auch wenn der Mietspiegel gerade erst beginnt, seine Wirkung zu entfalten, zeigt sich schon, dass er ein gutes Werkzeug ist, über eine Mieterhöhung zu diskutieren, weil man schnell zu einem richtigen Ergebnis kommt, ohne dass wir uns lange bei Gericht streiten müssen.“ Denn eine gerichtliche Auseinandersetzung, wo sich beide Seiten uneinig über die ortsübliche Vergleichsmiete sind, führt in der Regel zu einem Sachverständigengutachten. „Das kostet schnell mehrere tausend Euro, und wer verliert, bezahlt. Das ist ein Streit, den Mieter sich oft nicht leisten können.“

So hoch ist Freisings durchschnittlicher Mietpreis pro Quadratmeter

Seit Inkrafttreten des Mietspiegels habe es bisher kein Amtsgerichtsurteil gegeben, sagte Vollmar. „Auch wenn das mit Sicherheit irgendwann mal kommen wird, so ist es doch ein gutes Zeichen. Der Mietspiegel vermeidet Streit, weil der dafür sorgt, dass beide Seiten akzeptieren, was ein fairer Mietpreis ist.“ Der liegt in Freising im Durchschnitt bei 11,84 Euro pro Quadratmeter (siehe Infobox nach diesem Absatz), und damit deutlich niedriger, als viele im Vorfeld gemutmaßt haben. Zum Vergleich: Aktuelle Mietpreise in München liegen bei unmöblierten Wohnungen etwa bei 23 Euro pro Quadratmeter, bei möblierten Wohnungen gar bei 35 Euro. „Da ist Freising weit weg“, betonte Vollmar. „Und das soll bitte auch so bleiben.“

Die wichtigsten Zahlen

Der qualifizierte Mietspiegel Freising basiert auf einer umfangreichen Datenerhebung, die von der Stadt, dem Mieterverein und dem Haus und Grund e.V. vorgenommen wurde. Sowohl Vermieter- als auch Mietervertreter waren daran beteiligt.

Ein paar Zahlen aus dem Mietspiegel präsentierte Rechtsanwalt Tobias Volmar in der Jahreshauptversammlung des Mietervereins: Die durchschnittliche Wohnungsgröße in Freising liegt bei rund 74,74 Quadratmeter. Die durchschnittliche Kaltmiete beläuft sich auf rund 859 Euro für die Wohnung, entspricht 11,84 Euro pro Quadratmeter. Das ist die mittlere Miete über alle Größen und Baujahre der Wohnungen hinweg. Dabei liegen Wohnungen, die vor 1990 gebaut sind, unter der mittleren Miete, die später Gebauten eher darüber.

Laut Rechtsanwalt Tobias Vollmar liegt der reale Durchschnitt der Mieten wohl sogar noch niedriger. „Im Mietspiegel können nur die Wohnungen aufgenommen werden, für die sich die Miete in den letzten sechs Jahren verändert hat, entweder durch eine Neuvermietung oder durch Mieterhöhung. Nicht berücksichtigt werden konnten Wohnungen, bei denen in dieser Zeit Mieten nicht erhöht wurden, weil der Vermieter nett ist.“ Rund 22 Prozent der Wohnungen blieben so unberücksichtigt.

Auch hier, betonte der Rechtsexperte, sei der Mietspiegel, der auch Mieten in Einfamilienhäuser umfasst, von elementarer Bedeutung, weil er dank der Mietpreisbremse stabile Mieten gewährleiste. „Der Mietspiegel vermeidet nicht nur Streit von heute, sondern legt auch den Grundstein, dass die Preise aus München nicht so ohne Weiteres nach Freising schwappen.“ Dafür aber müssten auch alle Freisinger wachsam sein. Denn die Gefahr besteht.

Denn: Wer sich in München Wohnungen nicht mehr leisten kann, beginnt, ins Umland auszuweichen. Vollmar: „Wenn der in Freising aufschlägt, und der Vermieter will 17 oder 18 Euro haben, dann sagt der: ,Checkpot. Das ist viel billiger als in München, nehme ich sofort‘“, berichtete Vollmar und warnte: „Die Miete des Nachbarn von heute, der neu einzieht, ist die nächste Mietspiegelmiete von morgen.“ Denn das aktuelle Werk ist auf zwei Jahre begrenzt. Und Neuvermietungen bis dahin schlagen sich dann im Update wider.

Ratschlag an alle Mieter

Den Freisinger riet Vollmar im Interesse aller Mieter, neue Nachbarn darauf hinzuweisen, ihre Miete mit dem Spiegel zu vergleichen. Denn bei Neuvermietung darf die Miete nicht höher liegen als maximal zehn Prozent über dem Mietspiegel. Ist dies der Fall, hat der Mieter das Recht zur Mietpreisrüge. Möglich ist das bis drei Jahre nach Mietvertragsabschluss. Dabei besteht sogar die Möglichkeit, dass der Vermieter das Zuviel an bereits bezahlter Miete zurückerstatten muss.

Ein Online-Tool zur Mietpreisberechnung bietet die Stadt Freising an. Innerhalb von fünf Minuten gibt der Rechner verlässlich Aufschluss über die statthafte Miete für die eigene Wohnung – entsprechend Alter, Größe, Stadtlage und Sanierung. Hier geht es direkt zum Online-Tool.

Das sagt der Haus & Grundverein

Ohne den Haus- & Grundverein Freising hätte es den Mietspiegel nicht gegeben. Auf FT-Nachfrage zog auch dessen Vorsitzender Robert Hauner ein erstes Fazit: „Vor allem im Hinblick auf die Mietpreisbremse sorgt der Mietspiegel auch beim Vermieter für Sicherheit“, sagte er. Mussten bis dato für Erhöhungen drei Vergleichsmieten herangezogen werden, was manchmal gar nicht so einfach sei, gebe es jetzt eben verlässliche Zahlen.

Allerdings hätten ihm seine Mitglieder rückgemeldet, dass sie sich im Mietspiegel noch mehr Einzelfaktoren wünschen. So müssten Vermieter zum Beispiel mit Blick auf Energetische Sanierung ein Gesamtpaket an Maßnahmen erbringen, damit dies überhaupt auf die Miethöhe Auswirkungen habe, wohingegen einzelne erbrachte Leistungen keinen Effekt erzielen würden. Robert Hauner sagte dazu: „Da müssen wir beim nächsten Mal nachjustieren.“

Auch interessant

Kommentare