Im vergangenen Jahr sind weltweit 8,3 Millionen Hektar Wald zerstört worden - eine Fläche so groß wie Niedersachsen und Baden-Württemberg zusammen. Die Fläche, die dauerhaft verloren ging, vergrößerte sich im Vergleich zu 2022 um 1,7 Millionen Hektar, wie der aktuelle von Forschungsorganisationen und Verbänden veröffentlichte Waldzustandsbericht zeigt. 2022 waren demnach 6,6 Millionen Hektar Wälder verloren gegangen.
Trotz weltweiter Zusagen sei die Abholzung nicht deutlich verringert worden. Nun hoffen Aktivisten auf die UN-Klimakonferenz in Brasilien im November.
Entwaldung 3,1 Millionen Hektar über dem Höchstwert
Dabei hatten sich unter anderem mehr als 140 Länder auf der UN-Klimakonferenz 2021 in Glasgow verpflichtet, die globale Waldzerstörung bis 2030 zu stoppen. 350 Millionen Hektar geschädigter Landschaften und Wälder sollen bis dahin eigentlich wieder hergestellt werden.
Stattdessen lag die weltweite Abholzung im Jahr 2024 dem Bericht zufolge um 3,1 Millionen Hektar über dem Höchstwert, der zur Erreichung des Ziels für 2030 erforderlich gewesen wäre. „Die Entwaldung hat seit Beginn des Jahrzehnts nicht wesentlich abgenommen“, erklärte die Mitverfasserin des Berichts, Erin Matson. Eine nennenswerte Trendumkehr sei bisher nicht festzustellen.
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Tropenwälder: Katastrophale Verwüstungen
Agrarnutzung, Straßenbau oder Brennholzsammlung: Besonders alarmiert zeigen sich die Expertinnen und Experten über den Zustand der Tropenwälder. Selbst eigentlich abgelegene und unberührte Wälder hätten großen Schaden genommen. In Lateinamerika, Asien, Afrika und Ozeanien östlich von Australien hätten verheerende Brände 6,73 Millionen Hektar verwüstetet.
In den für die Biodiversität und die CO2-Aufnahme besonders wichtigen Urwälder in den tropischen Regionen von Lateinamerika, Asien, Afrika und Ozeanien östlich von Australien seien allein im vergangenen Jahr 6,7 Millionen Hektar Wald zerstört worden - eine Fläche von der Größe Bayerns. Es ist die größte Zerstörung seit 20 Jahren. Die Rekordzahl gehe vor allem auf große Brände zurück.
Vielfach seien die Brände absichtlich gelegt worden. Zerstörung durch Waldbrände hätten allein in den Ländern des Amazonasgebiets mehr Treibhausgas ausgestoßen als ein Industrieland wie Deutschland insgesamt in einem Jahr. Die Menge, 791 Millionen Tonnen Kohlendioxid und entsprechende Gase, sei siebenmal so groß wie in den zwei Vorjahren jeweils im Schnitt.
Treiber der Wald-Zerstörung
Häufigster Grund für Entwaldung ist dem Bericht zufolge die Landnutzung durch Landwirtschaft, um Platz etwa für den Anbau von Pflanzen für Kakao oder Palmöl zu schaffen. Die Landwirtschaft war demnach für 85 Prozent der Waldzerstörung im vergangenen Jahrzehnt verantwortlich.
„Ein weiterer wichtiger und zunehmend bedeutender Faktor ist jedoch der Bergbau und der Abbau von Gold, Kohle und zunehmend auch von Metallen und Mineralien, die für die Umstellung auf erneuerbare Energien benötigt werden“, erklärte Matson. Dieser Effekt ist den Forschern zufolge auf bestimmte Gebiete konzentriert, etwa im Kongo wegen Kobalt oder in Indonesien wegen Nickel.
Die Wälder sind an einem gefährlichen Kipppunkt
„Die Kluft zwischen Verpflichtungen und Realität wird jedes Jahr größer, mit verheerenden Auswirkungen auf Menschen, Klima und Wirtschaft“, sagte Studien-Mitautor Erin Matson von der für den Bericht mitverantwortlichen Beratungsfirma Climate Focus.
„Die Waldschädigung – einschließlich der verheerenden Auswirkungen von Waldbränden – bringt die Wälder näher an einen gefährlichen Kipppunkt“, erklärte der dortige Experte für Biodiversität, Ivan Palmegiani. Der Bericht („Forest Declaration Assessment“) wird seit 2015 jährlich von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Forschern herausgegeben.
Nur ein kleiner Teil der zerstörten Walder wird wiederaufgeforstet
Auch bei der Wiederaufforstung hinken die Staaten deutlich hinterher. So sind laut der Untersuchung auf rund 10,6 Millionen Hektar abgeholzter und geschädigter Wälder Wiederaufforstungsaktivitäten im Gang. Dies entspreche nur 5,4 Prozent der Fläche, die wieder aufgeforstet werden könnte und bleibe weit hinter den internationalen Wiederaufforstungszielen zurück. Mit zwei Drittel dieser Fläche liegt der Großteil in tropischen Regionen.
Die Studienautorinnen und -autoren beklagen, dass die Bemühungen zum Schutz der Wälder keine Chance hätten, solange schnelle Profite aus der Waldzerstörung belohnt würden.
Nur noch Rindfleisch, wenn dafür kein Wald gerodet wird
Doch gebe es auch Entwicklungen, die hoffen ließen. So bereite sich beispielsweise Brasilien darauf vor, nur noch Rindfleisch in die EU zu liefern, für das kein Wald zerstört worden sei - Hintergrund ist die Rodung für die Viehzucht. Dies geschehe wegen der Lieferkettengesetzgebung, nach der Menschenrechte in den Lieferketten eingehalten werden müssen. Zur Umsetzung dienten hier Systeme zur Rückverfolgbarkeit von Rindern.
Mehr Umweltschutzmaßnahmen solle es auch etwa in der Republik Kongo geben, nachdem dort ein erstes nationales Landnutzungsgesetz verabschiedet worden sei. Zudem verwiesen die Experten auf Bemühungen der Staatengemeinschaft um eine stärkere Finanzierung von Waldschutz.
Wissenschaftlerin Matson äußerte sich optimistisch über die anstehende Weltklimakonferenz im kommenden Monat im Amazonas-Regenwald in Brasilien. "Das ist die Wald-COP. Ich denke, es gibt hier viele Möglichkeiten", erklärte Matson. Brasilien will bei der Konferenz einen Fonds für tropische Wälder ins Leben rufen, um mit 125 Milliarden Dollar die Länder zu belohnen, die ihre Wälder schützen. Die COP30 findet vom 10. bis 21. November statt.
mit AFP-Material