Ein klares Jein: Ampel-Koalition windet sich um Taurus-Frage herum

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Ein klares Jein: Ampel-Koalition windet sich um Taurus-Frage herum

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Ein Taurus-Marschflugkörper der deutschen Bundeswehr auf einer Ausstellung in Berlin (Archivbild, Juni 2022). © Imago/Arnulf Hettrich

Der Bundestag fordert die Ampel-Koalition auf, der Ukraine „weitreichende Waffensysteme und Munition“ zu liefern – was ist gemeint?

München – Die Rolle der Unbequemen ist ihr nicht neu, diesmal aber spielt sie sie nur ungern. Der Ukraine-Antrag der Ampel-Parteien sei „wirklich gut“, sagt Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP). Mit einer Ausnahme: Taurus komme darin nicht vor. Die Union sei da klarer, deshalb habe sie für deren Antrag gestimmt. Sie wolle sich „nicht eines Tages vorwerfen lassen, im richtigen Augenblick nicht das Richtige getan zu haben“.

Klingt ernst, ist es auch. Zwei Jahre nach dem Überfall Russlands ist die Ukraine in arger Bedrängnis. Deutsche Taurus-Marschflugkörper könnten ihr helfen, russische Nachschubwege zu zerstören, meinen Experten. CDU und CSU machen Druck, der Kanzler ziert sich. So geht das seit Monaten. Auch nach der gestrigen Debatte im Bundestag gibt es kaum mehr Klarheit.

Schließt der Antrag Taurus mit ein? Pistorius will sich nicht festlegen

Zwar fällt der Unions-Antrag, der ausdrücklich Taurus-Lieferungen fordert, klar durch. Der Bitte von Fraktionschef Friedrich Merz, die Ampel-Abgeordneten mögen sich anschließen, folgt einzig Strack-Zimmermann. Dafür nimmt das Parlament aber den Ampel-Antrag an, der immerhin einigen Raum für Interpretationen lässt.

Darin heißt es, man fordere die Regierung auf, „weitreichende Waffensysteme und Munition“ zu liefern, die Kiew in die Lage versetzen, „gezielte Angriffe auf strategisch relevante Ziele weit im rückwärtigen Bereich des russischen Aggressors“ zu starten. Viele Abgeordnete meinen, das sei nichts anderes als eine Umschreibung für Taurus.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will sich dennoch nicht festlegen. Auf die Frage, ob die Formulierung Taurus einschließe, sagt er knapp: „Das kann ich nicht beantworten.“ Er habe nicht am Antrag mitgearbeitet, ihn aber gelesen. „Die Antragsteller werden sich ihren Teil dabei gedacht haben.“ Die Vize-Fraktionschefin der SPD, Gabriela Heinrich, nennt es eine Interpretationsfrage. Taurus sei „nicht zwingend“ gemeint. Man habe aber „keine rote Linie gezogen“.

Strack-Zimmermann im Interview: Taurus? „Fragen Sie den Kanzler“

Klares Bekenntnis zu Taurus-Lieferungen scheitert bisher vor allem an der SPD

Kanzler Olaf Scholz, der gestern nicht im Bundestag ist, hatte die Frage bei der Münchner Sicherheitskonferenz umschifft, nicht Ja, aber eben auch nicht Nein gesagt, was man in Kiew positiv deutete. Der Antrag spiegelt das wider. Das klare Bekenntnis scheitert bisher vor allem an der SPD, die auf eine angebliche Eskalationsgefahr verweist. Vielen leuchtet das nicht ein. Scholz solle endlich erklären, „was denn nun das ganz große Problem bei der Taurus-Lieferung ist“, sagt der CDU-Abgeordnete Johann Wadephul. „Niemand weiß es.“

In der gestrigen Debatte geht es auch um das große Bild, die Frage, ob Deutschland insgesamt genug tut. Überraschend ist da wenig, die Pole sind seit Langem klar: Die Ränder stehen gegen die Mitte. So wirft der AfD-Politiker Alexander Gauland der Ampel vor, keine Verhandlungslösung anzustreben – auch Gregor Gysi (Linke) und Sevim Dağdelen (BSW) sehen das so. Letztere wettert, die Union wolle „die Schwelle zur direkten Kriegsbeteiligung Deutschlands überschreiten“. Pistorius, mehr als irritiert, spricht von den „beiden fünften Kolonnen Moskaus links und rechts“.

Strack-Zimmermann fürchtet, dass das Zögern bei Taurus Putin in die Hände spielt

Die Mehrheit ist sich indes einig: Putins Russland sei „die größte Gefahr für Freiheit und Frieden auf unserem ganzen Kontinent“, sagt Merz. „Beschwichtigungen und Besänftigungen“ nützten nichts, im Gegenteil. Man müsse sich fragen, ob man genug tue. Das ist natürlich rhetorisch gemeint.

Strack-Zimmermann fürchtet, dass das Zögern bei Taurus Putin in die Hände spielt. Es sei wie bei der Leopard-Diskussion, sagt sie. Am Ende kamen sie, aber die Russen nutzten die Zeit des Gezerres, um sich vorzubereiten. Auch deshalb sei die Gegenoffensive Kiews gescheitert. (Marcus Mäckler)

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