Kempten: Christine Buschbeck beschreibt das Älter werden als einen Prozess mit vielen Möglichkeiten

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Impulse für vielfältigere Altersbilder setzte Dr. phil. Christine Buschbeck in ihrem Vortrag. © Mair

In ihrem Vortrag „Altersbilder“ sprach Dr. phil. Christine Buschbeck über die Ressourcen des Alters und die Rolle von Gesellschaft, Politik und Medien.

Kempten – „Wann habt ihr euch das erste Mal alt gefühlt?“ Diese Frage stellte Dr. Christine Buschbeck den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ihres Workshops „Altersbilder“, der kürzlich im Altstadthaus stattfand. Der 40. Geburtstag des Sohnes, das Entsetzen der Kinder, wenn die Eltern mit in die Disco oder auf ein Konzert wollen, im Bus oder Zug einen Platz angeboten bekommen oder einfach das Gefühl, dass so manches langsamer geht als früher.

Die Antworten waren sehr unterschiedlich und natürlich abhängig vom individuellen Empfinden. Es wird deutlich, dass das Alter nicht eindeutig definiert werden kann. Es ist eine Lebensphase, die mit etwa 60 Jahren beginnt und für jeden einzelnen unterschiedliche Bedürfnisse und Herausforderungen aber auch Ressourcen und Kompetenzen mit sich bringt.

Vielfalt des Älterwerdens sichtbar machen

Leider ist der Begriff „Alter“ in der Gesellschaft, den Medien oder der Politik überwiegend mit traditionellen und stereotypen Vorstellungen behaftet – abnehmende Leistungsfähigkeit, Krankheit, Pflege, Verluste, hohe Kosten, Belastung … sind nur einige davon. Ältere Menschen werden hier in problematischen Extremformen dargestellt. Natürlich ist es so, dass momentan um die 5,7 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig sind und dass, statistisch gesehen, jeder zweite im Laufe seines Lebens pflegebedürftig wird.

Aber wäre es nicht wünschenswert, die ganze Altersvielfalt und die damit verbundenen Möglichkeiten aufzuzeigen, um die alternde Gesellschaft in ihrem Sein und Handeln zu stärken? Das Altern umfasst immerhin ein Viertel der gesamten Lebenszeit. So machten es auch die Teilnehmer des Workshops. Neben wenigen negativen Aspekten wie Trauer, Verlust oder körperlichen Beschwerden nannten sie überwiegend positive Gesichtspunkte des Älterwerdens: ein intensiveres Leben als in jungen Jahren führen, mehr Freiheit haben, die Zeit mit Enkeln, Familie und Freunden genießen können, die bisherige Lebenserfahrung nutzen, mehr Gelassenheit zeigen können, Zeit für Ehrenämter oder Hobbys haben, dankbar für das Leben sein, gezielt und bewusst den Körper und den Geist fit halten.

Und es ist tatsächlich so. Laut neuester Alterspsychologiestudien ist Altern zwar mit Funktionseinbußen verbunden, es ist aber keine Krankheit. Unsere Entwicklung ist bis ins höchste Alter (mit)gestaltbar und veränderbar. Hierzu benötigt es zum einen die eigene Motivation, zum anderen ist es aber auch äußerst wichtig, ältere Menschen in ihrer Vielfalt sichtbarer zu machen und sie so in ihrem Alterungsprozess zu unterstützen. Sie bereichern Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft und sind Träger von Wissen und Erfahrung. Durch die Wahrnehmung und Anerkennung solch vielfältiger Altersbilder können wir neue Entwicklungsspielräume schaffen und uns als Gesellschaft weiterentwickeln.

Wie werden ältere Menschen in ihrer Vielfalt sichtbarer? Was kann man tun gegen Diskriminierung?

Um so weit zu kommen, sind aber noch andere Veränderungen nötig. Eine Teilnehmerin des Workshops berichtet von dem vermeintlichen Kompliment. „Für dein Alter siehst du aber noch gut aus“ oder wie oft lesen wir in Stellenanzeigen „Junges dynamisches Team sucht Verstärkung“. Ageismus ist hier das Schlagwort. Diskriminierung aufgrund des Alters ist die häufigste Form von Diskriminierung und darf niemals als „normal“ hingenommen werden.

Systemische Probleme wie zum Beispiel ein flexibles Rentenalter sollten angegangen werden, das Gesundheitssystem im Hinblick auf die Pflege zu Hause oder im Heim muss optimiert werden und die Themen Krankheit, Tod und Sterben dürfen nicht länger tabuisiert werden. Diese Tabus engen das Älterwerden ein und behindern eine positive Auseinandersetzung mit dem Alter.

Das Alter sollte als Lebensphase mit neuen Entwicklungsmöglichkeiten und Chancen gesehen werden. Laut Buschbeck bewirkt eine gesellschaftlich negative Altersbewertung: schnelleren geistigen Abbau, Gesundheitsrisiken, geringere soziale Beteiligung, einen ungesunden Lebensstil und die Einschränkung der vorhandenen Entwicklungspotenziale.

Auch die älteren Menschen können einen persönlichen Beitrag leisten

Um dem entgegenzuwirken, muss zum einen die Gesellschaft umdenken und anfangen zu handeln, gleichzeitig muss aber auch jeder Einzelne in seine Ressourcen investieren – die Gesundheit durch gute Ernährung und Bewegung fördern, ein emotional und kognitiv anregendes Leben führen und soziale Beziehungen pflegen. Denn wie schon Eckart von Hirschhausen sagte: „Wer positiv auf das Älterwerden schaut, wird älter.“ Und schließlich bleiben wir ja alle nicht für ewig jung.

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