Kreisbaumeister: „Viel Lärm um nichts“
Der Umbau des einstigen Anwesens „Weber in der Wies“ auf der Eck bei Gmund in eine Luxus-Immobilie sorgt für mächtig Gesprächsstoff. Während die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal (SGT) längst von „einem Skandal“ spricht, bezieht Christian Boiger, Kreisbaumeister und oberster Denkmalschützer im Landkreis, jetzt Stellung.
Gmund – Machen Kritiker hier nur „viel Lärm um nichts“, wenn sie sorgenvoll auf die riesige Baustelle auf der Eck bei Gmund schauen? Der frühere Bauernhof „Weber in der Wies“, der aus dem 16. oder 17. Jahrhundert stammt und mit seinem Wohnteil noch unter Denkmalschutz steht, wird aktuell mit viel Beton von der Kitzbüheler Prime Properties Gruppe zur Luxus-Immobilie mit 1266 Quadratmetern Wohnfläche umgebaut. Unter dem inzwischen von „Bauernhof-Gut“ in „Farm-Estate Tegernsee“ geänderten Namen soll das Anwesen einen neuen, wohlhabenden Inhaber finden.

Für die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal (SGT) ist der Vorgang „ein Skandal“. In ihrem aktuellen Newsletter macht die SGT die Baustelle zum Thema und stellt kritische Fragen. Zum einen sei unverständlich, warum das Bauvorhaben privilegiert sei. Kritisiert wird auch der Umfang der Maßnahme. Laut SGT sei der Ersatz für den früheren Wirtschaftsteil „höher, länger und vor allem tiefer dimensioniert, was die Maßstäbe eines ortsüblichen, historischen Zuhauses weit überschreitet“. Auf Kritik stößt zudem, dass alle neuen Bauteile in Betonkonstruktion ausgeführt und an der Nordseite ein Nebengebäude am Entstehen sei. Obendrein sei ein schmaler Weg, der früher zum alten Hof geführt hatte, jetzt ausgebaut.
Besorgt stellt sich die SGT die nächste Frage: „Wann findet der nächste kapitalstarke Investor gewinnbringend das nächste alte geschichtsträchtige Bauernhaus im Tegernseer Tal und wird folgerichtig auf die gleiche Privilegierung pochen?“ Sie schließe rechtliche Schritte nicht aus, kündigt SGT-Chefin Angela Brogsitter-Finck im Namen des Vorstands an. „Der Ausverkauf unserer Heimat, unserer Baukultur, unserer wertvollen Landschaft kann nicht weiter hingenommen werden, auch wenn man versucht, uns klarzumachen, dass nur auf diese Weise alte Denkmäler ,gerettet‘ werden können.“
Die SGT machte inzwischen deutlich, dass sie auch den Kontrollbesuch der Bauaufsicht vom Landratsamt Miesbach fordere. Diese Baukontrolle hat nun stattgefunden, wie Sabine Kirchmair, Sprecherin des Landratsamts, auf Nachfrage bestätigt.
In anderen Landkreisen würden solche Höfe verfallen.
Gegenüber der Tegernseer Zeitung äußert sich zudem Christian Boiger, Kreisbaumeister und oberster Denkmalschützer im Landkreis, zu dem laufenden Bauvorhaben, das bereits 2020 erstmals in Grundzügen genehmigt worden sei, ehe weitere Tekturen eingereicht worden seien. Grundsätzlich stellt Boiger fest, dass der unter Denkmalschutz stehende Wohntrakt unangetastet bleibe. „Wenn man aber in Betracht zieht, welches Konglomerat an An- und Zubauten an den unmöglichsten Stellen vorhanden war, dann ist das aktuelle Bauvorhaben nur zu begrüßen“, betont Boiger. „Es macht die Verfremdung rückgängig.“ Mit dem „Konglomerat“ meint Christian Boiger die An- und Zubauten aus den 1950er bis 1990er Jahren auf der West- und Nordostseite, unter anderem durch den Porträtmaler Paul Mathias Padua (1903-1981), der hier einst sein Atelier hatte. Laut Boiger könne man durchaus froh sein darüber, dass sich jemand für die alten Bauernhöfe interessiere. „In anderen Landkreisen würden sie einfach verfallen.“
Was die Genehmigung betrifft, so sei diese in mehrmaligen Absprachen und mit Zustimmung durch die Gmunder Gemeinderäte erfolgt. „Dass die Baugrube sehr dramatisch aussieht“, so Boiger, sei dem angrenzenden steilen Hang geschuldet. Der jetzige Anbau sei „verträglich“. Genaue Maße des früheren Wirtschaftsteils seien allerdings nicht bekannt. „In Summe sind die Neubauten aber nicht größer als das, was früher hier inklusive An- und Nebenbauten stand.“ Das Landratsamt könne als Behörde in einem Rechtsstaat nur nach Gesetzeslage genehmigen, so Boiger, „und zum Glück nicht nach Sympathie oder Willkür“.
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Er schätze ein waches Auge sehr, so Boiger, aber in diesem Fall würden keine unerwarteten Dinge passieren, das habe auch die Baukontrolle gezeigt. Was die Gestaltung betrifft, auf die das Landratsamt intensiv Einfluss genommen habe, so handle es sich um die neue Interpretation dessen, was früher für einen Bauernhof typisch gewesen sei, „etwa eine Katzenlaube oder ein Stalltor“.
Alle Kritiker hätten gerne auch schon früher mit ihm in Kontakt treten können, sagt Boiger, der findet, dass nun „viel Lärm um nichts“ gemacht werde.
Kritiker dürften dieses Spannungsfeld zwischen „Ausverkauf unserer Heimat, Baukultur und Landschaft“ (SGT) und Gewinnmaximierung von Investoren anders sehen.
gr