Alter Hof „Weber in der Wies“ wird zur Luxus-Immobilie

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Viel Beton wurde bisher für das „Bauerhof-Gut Tegernsee“ verarbeitet, für das der Kitzbüheler Investor wirbt. Der vordere Wohnteil steht unter Denkmalschutz und muss erhalten bleiben. © Privat

Das Anwesen „Weber in der Wies“, einst Bauernhof, später Wohnsitz des Portraitmalers Paul Mathias Padua, wird zur Luxusimmobilie umgebaut. Nicht nur die Nachbarschaft beklagt die Entwicklung. Die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal spricht von einem erschreckenden Präzedenzfall.

Gmund – Was im Gmunder Ortsteil Eck derzeit mit einem teils denkmalgeschützten ehemaligen Bauernhaus passiert, treibt nicht nur Heimatschützern, sondern auch Nachbarn die Zornesröte ins Gesicht. „Das Tegernseer Tal ist doch nicht mehr zu retten“, heißt es resignierend aus der Nachbarschaft des Anwesens mit dem früheren Namen „Weber in der Wies“. „Bauernhof-Gut Tegernsee“ lautet jetzt der Name, mit dem die Prime Properties Gruppe aus Kitzbühel auf ihrer Homepage wirbt. Ausschließlich Luxus-Immobilien „von den Kitzbüheler Alpen über die Strände des Mittelmeeres bis hin zu der unberührten Natur des Atlantiks“ gehören zum Portfolio. Dazu zählt jetzt auch das „Bauernhof-Gut“, das an einem Wiesenhang entsteht.

Auf sage und schreibe 120 000 Quadratmeter Grund, 1266 Quadratmeter Wohnfläche, sieben Schlafzimmer und neun Badezimmer sowie Annehmlichkeiten mit „High-End Luxusstandard“ darf sich freuen, wer das Objekt einmal erwirbt. „Preis auf Anfrage“ heißt es auf der Homepage, von 20 Millionen Euro wird jedoch gemunkelt. Genug der Werbung, Luxus-Anwesen dieser Art haben sie ohnehin nicht nötig.

Idyllisch, aber mit unpassendem Anbau versehen: der ehemalige Hof „Weber in der Wies“ von 2019.
Idyllisch, aber mit unpassendem Anbau versehen: der ehemalige Hof „Weber in der Wies“ von 2019. © Privat

Wohnsitz des Malers Paul Mathias Padua

Seit 2022 wird hier gebaut, berichtet die aufmerksame Nachbarschaft. Erst sei wochenlang nur gebaggert und Aushub wieder abtransportiert worden, dann sei der Beton gekommen, und zwar „Unmengen“, sagen Beobachter. Kein Wunder, geht es doch weit in die Tiefe, um das Luxus-Reich zu schaffen.

Wer in der Umgebung lebt oder gelebt hat, der denkt beim Anblick der Baustelle mit Wehmut an vergangene Tage zurück. An Zeiten, als ein Landwirt namens Lorenz Eckl das Anwesen an den Portraitmaler Paul Mathias Padua (1903-1981) verkaufte. 1950 verließ Padua, der auch als Kriegsmaler der Propagandakompanie der Wehrmacht zugewiesen war, den Hof auf der Eck und ließ sich in einem stattlichen Uferanwesen in Rottach-Egern nieder. Vom Motorradhersteller Zündapp ist dann als Eigentümer die Rede. Nicht das hier typische Miesbacher Fleckvieh, sondern eine graue Rinderrasse und auch Schafe gehörten zum Anwesen, ein Hausmeister mit einem motorisierten Fahrrad kümmerte sich um das Vieh, erinnern sich Nachbarn. Dann taucht der Name des Münchner Bekleidungsunternehmens Hirmer in der Liste der Eigentümer auf, die Hirmer Immobilien GmbH & Co. KG ist bekanntlich aktuell mit dem früheren Hotel Bachmair am See in Rottach-Egern beschäftigt. Von einem Miesbacher Bauunternehmer ist dann die Rede und nun von der Kitzbüheler Firma.

Denkmalschutzbehörde sieht Verbesserung

Wie konnte der Hof diese Entwicklung nehmen und sich vom überwiegend schmucken Bauernhaus zum Beton-Koloss verändern? Auf Nachfrage erklärt Landratsamts-Sprecherin Sophie Stadler, dass die Entwicklung des Anwesens von der Unteren Denkmalschutzbehörde eng begleitet worden sei. „In der Mitte und der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts wurden Teile an das ursprüngliche, schützenswerte Gebäude angebaut, wodurch es seinen ursprünglichen, schützenswerten Charakter als Einfirsthof verlor“, sagt Stadler, die damit das angebaute Atelier Paduas meint.

Das Denkmal insgesamt werde nun wiederhergestellt beziehungsweise verbessert, indem die hinzugefügten Teile abgebrochen und ein ursprünglicher Charakter des Hauses hergestellt werde, sagt die Behörden-Sprecherin. „Im Sinne des Denkmalschutzes handelt es sich also um eine große Verbesserung“, so Stadler. Aufgrund des Denkmalschutz-Status’ sei das Vorhaben „teilprivilegiert“, sodass es trotz Außenbereichs teilweise umgenutzt und erweitert werden dürfe, „natürlich in enger Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde“ – so wie es das Baugesetzbuch vorsehe. Stadler: „Die Gemeinde erteilte das Einvernehmen, das Staatliche Bauamt genehmigte, und jetzt wird gebaut.“ Punktum.

Vorhaben war im Bauausschuss umstritten

Auf Nachfrage erklärt die Gmunder Bauamtsleiterin Christine Wild, dass das jetzt geplante Vorhaben durchaus umstritten gewesen sei. Mehrmals hatten sich die Mitglieder des Bauausschusses damit befasst und über Tekturen diskutiert, die wegen großer Glasanteile und mit Verweis auf die Unvereinbarkeit mit der Gestaltungssatzung abgelehnt wurden. Am Ende gab es aber doch Zustimmung. Und auf der Eck muss man sich an ein luxuriöses Bauernhof-Gut gewöhnen und eine Klientel, die sich das leisten kann.

Schutzgemeinschaft spricht von Skandal

Für Angela Brogsitter-Finck, Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal (SGT) ist der Fall bedauernswert und klar: „Es ist ein Skandal, ein erschreckender Präzedenzfall. Um einen alten denkmalgeschützten Bauernhof zu ‚erhalten’ wird eine Verfälschung seiner historischen Struktur, seiner Einzigartigkeit, seines Charakters, seiner Geschichte und seiner umgebenden Natur, durch einen auswärtigen reichen Investor hingenommen, genehmigt!“ Vom Landratsamt fordert die SGT den Besuch der Bauaufsicht.

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