Geplantes Sportgymnasium: Erst auf die Skipiste, später online lernen

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Diskussionsforum: Interessierte tauschten sich mit den Initiatoren über das in Geretsried geplante Sportgymnasium aus. Es soll am Schulzentrum entstehen. Dafür müssen 20.000 Quadratmeter Stadtwald geopfert werden. Schule für 700 Kinder soll 2027 fertig sein Nachbar-Schulleiter sind aufgeschlossen für Kooperationen Vereine könnten Turnhalle nach Schulschluss nutzen Stadtwald: In der Erde liegen Altlasten Schulgebühr abhängig vom Einkommen? © Hans Lippert

In Geretsried soll ein Sportgymnasium entstehen. Am Samstag diskutierten Interessierte mit den Initiatoren. Diese zeigten sich zufrieden am Ende des Workshops.

Geretsried – Noch mehr Verkehr und noch mehr Flächenversiegelung, noch weniger Turnhallenkapazitäten – das sind die Hauptsorgen der benachbarten Schulleiter, der Vereinsvertreter und der Bürger bezüglich des geplanten Sportgymnasiums zwischen dem interkommunalen Hallenbad und dem Wohngebiet am Ahornweg. In einem Dialog-Workshop konnten sich alle Betroffenen am Samstagvormittag in den Ratsstuben in drei Gruppen zu dem Vorhaben äußern.

Am besten besucht war mit über 30 Teilnehmern die Gruppe der Bürgerinnen und Bürger. Rede und Antwort standen den Besuchern die Initiatoren des privaten Sportgymnasiums, Prokuristin Ute Hennekes sowie die Gesellschafter Florian Kurrle, Matthias Pohlus und Heiko Bonn. Business-Coach Gregor Eckert moderierte die Veranstaltung. Seitens der Stadt waren Wirtschaftsförderin Rebecca Geisler und Rathaus-Geschäftsführerin Ute Raach dabei.

Schule für 700 Kinder soll 2027 fertig sein

Die München Süd Sportschule Projekt & Immobilien Verwaltungs GmbH, kurz MS Sportschule, plant wie berichtet im Stadtwald auf 20.000 Quadratmetern Fläche ein staatlich genehmigtes und privat betriebenes Sportgymnasium zu errichten. Der Geretsrieder Stadtrat hat dem Projekt im Mai mit großer Mehrheit zugestimmt und das dafür notwendige Bebauungsplanverfahren angestoßen. Die Schule soll 2027 fertig sein und Platz für etwa 700 Mädchen und Buben bieten. Vorgesehen sind sowohl Klassen für Leistungssportler als auch für Breitensportler. Auch Schüler mit Behinderung will man an der barrierefreien Einrichtung aufnehmen. Die monatliche Schulgebühr soll zwischen 500 und 600 Euro betragen; Stipendien für sozial schwache Familien sind angedacht. Der Bau soll mithilfe von Investoren finanziert werden.

Nachbar-Schulleiter sind aufgeschlossen für Kooperationen

Von den drei Schulen des angrenzenden Schulzentrums waren Gymnasialdirektor Thomas Wendl und Realschulleiterin Christine Venus-Michel zum Workshop gekommen. Beide schilderten die Verkehrssituation morgens und mittags auf der Adalbert-Stifter-Straße. Ute Hennekes stellte in Aussicht, dass der Unterricht am Privatgymnasium früher starten könnte. Da es sich um eine Ganztagsschule handle, falle am Mittag und frühen Nachmittag kein zusätzlicher Verkehr an. Die beiden Schulleiter zeigten sich aufgeschlossen für verschiedene Kooperationen, etwa bei der Nutzung der Sporthallen. Das Sportgymnasium plant, eine eigene Dreifachhalle und einen multifunktionalen Außensportbereich zu bauen. Inhaltlich zeigte sich Hennekes vom pädagogischen Konzept des selbst organisierten Lernens an Gymnasium und Realschule beeindruckt. Gemeinsame Runde Tische zur besseren Vernetzung sollen folgen.

Vereine könnten Turnhalle nach Schulschluss nutzen

Die Hallenkapazitäten waren auch Thema beim Gespräch mit den Vereinsvertretern. Es wurde deutlich, dass das neue Gymnasium keinesfalls in Konkurrenz treten möchte mit den örtlichen Vereinen. Im Gegenteil – die eigene Dreifachturnhalle könnte den Vereinen nach Schulschluss zur Verfügung gestellt werden, sagte Heiko Bonn. Das Hallenbad und das Eisstadion möchte die MS Sportschule gerne in Absprache mit den anderen Nutzern mieten. Mathias Renz und Karina Rebele, die den TuS Geretsried vertraten, zeigten sich angetan von der Idee des Sportgymnasiums.

„Ich habe den Eindruck, es geht den Betreibern nicht nur darum, Leistungssportler hervorzubringen, sondern darum, die Werte des Sports zu vermitteln“, zog Renz am Ende Bilanz. Matthias Werner, Vorstandsmitglied und Trainer beim Eissportclub (ESC), meinte, das eine oder andere Talent könnte man durch die Zusammenarbeit mit dem Gymnasium in Geretsried halten. Denn ab etwa zwölf Jahren würden viele Jugendliche dem Sport verloren gehen, weil sie Schule und Training nicht unter einen Hut bringen würden. Andere wanderten in Ski-Internate oder andere spezialisierte Sporteinrichtungen ab.

Nicht ganz so begeistert vom Standort für das Projekt waren die Bürger. Resi Harth sagte, der Stadtwald sei die grüne Lunge von Geretsried, ein „Alleinstellungsmerkmal“, das die Kommune hegen und pflegen sollte, statt dort erneut etliche Bäume zu fällen wie schon für das Hallenbad und für den Neubau der Turnhalle der Freien Waldorfschule am Malvenweg. Anwohnerin Elke Müller ergänzte, ein gesunder Mischwald sei wichtig für die Umwelt, und der Stadtwald mit seinem Bewegungsparcours sei für viele ein Erholungsort. Der Parcours ist von der Planung jedoch nicht berührt.

Stadtwald: In der Erde liegen Altlasten

Wirtschaftsförderin Rebecca Geisler erinnerte daran, dass auf dem vorgesehenen Grundstück Altlasten in der Erde lagerten. Ein alter Schießplatz aus dem Zweiten Weltkrieg müsste vor Baubeginn aufwendig entsorgt werden. Man sei dem Bauherrn eigentlich dankbar, wenn er diese Aufgabe übernehme. Dieser sei außerdem verpflichtet, Ausgleichsflächen zu schaffen.

Auch interessant: Geretsrieder Sportgymnasium stößt auf Skepsis: Bürger haben Fragen zum geplanten Schulbau

Eine weitere Anwohnerin des Ahornwegs befürchtet Lärm durch den Schulbetrieb. Laut Ute Hennekes sollen das Gebäude und der Campus nach Norden, zum Schulzentrum hin ausgerichtet werden. Anne Feiglbinder fragte, ob durch den Neubau die Wiese verloren gehe, die für eine mögliche Erweiterung des Hallenbads um ein kleines Außenbecken gedacht war. Geisler verneinte das. Auch für eine von der Stadt ins Auge gefasste dritte Grundschule gebe es andere mögliche Standorte als den Stadtwald.

Schulgebühr abhängig vom Einkommen?

Der Sorge einiger Besucher, in Geretsried werde eine reine „Eliteschule“ entstehen, entgegneten Matthias Pohlus und Florian Kurrle, das sei nicht das Ziel. Man überlege, die Schulgebühr einkommensabhängig zu staffeln. Und was die Nachwuchsförderung angehe, würden „sicher nicht alle 700 Schüler einmal Olympiasieger werden“ so Pohlus. Man freue sich, wenn die Vereine aus dem Landkreis ihre Talente schicken würden, ansonsten wolle man ein Sportgymnasium mit modernem Unterrichtskonzept, Freude an der Bewegung und gesunder Ernährung für alle Schüler aus der Gegend sein. Der sonst übliche Notendurchschnitt von 2,3 beim Übertritt werde an der Privatschule nicht Voraussetzung sein.

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Pohlus nannte ein Beispiel, wie Sportförderung aussehen könnte: Junge Skifahrer könnten montags und dienstags auf der Piste trainieren, wenn dort wenig los sei. An diesen Nachmittagen könnten sie online den versäumten Unterricht nachholen. Den Rest der Woche hätten sie normal Schule und am Wochenende hätten sie – anders als sonst im Spitzensport – Zeit mit der Familie. Bei den an der Schule angebotenen Sportarten wolle man offen für alles sein, was eine Judo-Trainerin unter den Besuchern freute, die ihren Sport gerne an der Schule vorstellen würde.

Ute Hennekes war am Ende der Dialog-Workshops zufrieden. „Ich glaube, die Leute haben heute gesehen, dass wir sie von Anfang an einbeziehen und die Zusammenarbeit suchen“, sagte die Prokuristin.

tal

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