Millionen „Tiger und Fliegen“: So hart kämpft China gegen Korruption bei Banken, Fußball und Pharma

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China startet neue Großkampagne gegen Korruption – Banken, Pharma, Staatskonzerne und Fußball im Visier © Maximilian Litzka/Dalle (KI-generiert)

Chinas Kampagne gegen Korruption im Militär läuft, und Staatschef Xi Jinping hat bereits Filz-Sektoren der Wirtschaft im Visier: „Es gibt kein Zurück, kein Nachlassen und keine Gnade.“

Gegen bestechliche Militärs geht China bereits mit harter Hand vor: Generäle wurden geschasst, und auch der Verteidigungsminister wurde kommentarlos ausgetauscht. Nun bahnt sich eine massive Anti-Korruptionskampagne auch in anderen Bereichen an. Staats- und Parteichef Xi Jinping persönlich rief kürzlich bei einer Plenarsitzung der gefürchteten Zentralen Disziplinkommission der Kommunistischen Partei zu mehr Anstrengungen im Kampf gegen Korruption in Sektoren wie Finanzen und Pharma auf. Die Korruptionsbekämpfer sollten dabei vor allem gegen geheime Absprachen zwischen Regierungsbeamten und Geschäftsleuten vorgehen, sagte Xi nach einem Bericht des chinesischen Wirtschaftsmagazins Caixin.

Die Disziplinkommission gab prompt ein Kommuniqué heraus, in dem sie Ermittlungen bei Finanzwirtschaft und Pharmaindustrie, aber auch in der Landwirtschaft, im Sport, in der Tabakindustrie, sowie ganz allgemein bei Staatsunternehmen ankündigte. Sie gab kürzlich beispielsweise bekannt, dass Xu Wenrong, früherer leitender Manager des staatlichen Ölkonzerns China National Petroleum, wegen „schwerwiegender Verstöße gegen Disziplin und Gesetz“ aus der KP ausgeschlossen wurde. Auf diesen Schritt folgt in der Regel ein Gerichtsverfahren gegen die Betreffenden, bei dem wenig Gnade zu erwarten ist.

Zu Beginn jeder Ermittlung aber ist die Disziplinkommission zentraler Akteur im Kampf gegen die Korruption. Denn in China geht nicht in erster Linie der Staat gegen bestechliche Offizielle vor, sondern die KP ermittelt gegen sich selbst und die eigenen Funktionäre. Auch in der Armee sucht derzeit die Abteilung für den Einkauf von Waffen und Ausrüstung nach Filz in den eigenen Reihen. Der geschasste Verteidigungsminister Li Shangfu war einst ihr Chef – aber der Verdacht liegt nahe, dass nicht nur er allein dort in krumme Geschäfte verwickelt war.

Xi Jinping sieht Kampf gegen Korruption seit Jahren als Schwerpunkt

Xi Jinping geht schon seit seinem Machtantritt 2012 hart gegen Millionen „Tiger und Fliegen“ vor – Synonym für hohe und niedrigrangige Funktionäre. Damit hat er durchaus etwas erreicht, auch wenn seine Kampagne nebenbei auch politische Rivalen von der Macht entfernte. Auf dem angesehenen Korruptionsindex der Organisation Transparency International kletterte China zwischen 2012 und 2022 von Rang 80 auf Rang 65 von 180 Ländern – nun gleichauf mit Kuba und knapp vor Bulgarien oder Südafrika.

Auch bei der Bevölkerung ist die Kampagne durchaus populär: Viele Menschen, vor allem in den – weniger im Fokus der Pekinger Zentrale stehenden – kleineren Städten und auf dem Land, leiden unter korrupten Lokalbeamten, die Geld in die eigenen Taschen schaufeln anstatt sich um Infrastruktur, Schulen und Soziales in ihrer Kommune zu kümmern.

Presseberichte enthüllten vor Jahren regelmäßig Fälle von Kadern, die Millionen veruntreuter Yuan in Casinos der Sonderverwaltungszone Macau verprassten. Macau war einst portugiesische Kolonie und ist der einzige Ort Chinas, in dem das Glücksspiel erlaubt ist. Andere gaben Staatsgelder für feudale Bankette mit Geschäftsleuten aus. Das Verbot solcher Gelage in Sternehotels gehörte daher zu den ersten Maßnahmen in Xis Anti-Korruptionskampagne. Auch nach Macau trauen sich die Kader längst nicht mehr.

Xi: „Kein Zurück“ beim Kampf gegen die Korruption

Man habe einen „überwältigenden Sieg“ gegen die Korruption errungen, pries Xi vor der Disziplinkommission seine Kampagne. „Die Situation bleibt aber ernst und komplex.“ China werde mit „versteckten Risiken“ in Sektoren aufräumen, in denen sich Macht und reiche Ressourcen konzentrierten, so Xi: „Es gibt kein Zurück, kein Nachlassen und keine Gnade bei der Bekämpfung der Korruption.“

Die Disziplinkommission ermittelte laut Reuters im vergangenen Jahr gegen die Rekordzahl von 45 Spitzenfunktionären unter anderem der Zentralbank und der Staatsbanken wie den damaligen Chef der Bank of China, Liu Liange. Liu stürzte über die Korruptionsvorwürfe. Laut Caixin gingen die Ermittler 2023 zudem landesweit gegen mehr als 150 Krankenhausdirektoren vor.

China: Mit öffentlicher Schmach gegen Korruption

Eine spezielle Rolle kommt bei all dem der öffentlichen Beschämung zu: In den jährlichen TV-Dokus über korrupte Funktionäre in Sektoren von Hochfinanz bis Fußball müssen diese persönlich auftreten und ihre Taten bereuen.

In einer CCTV-Doku über Korruptionsermittlungen im Fußball etwa erzählte der frühere Direktor des chinesischen Fußballverbandes CFA, Chen Xuyuan, wie er 2019 in der Nacht vor seiner Ernennung zum Verbandschef von zwei Klubfunktionären jeweils 300.000 Yuan (39.000 Euro) als „Glückwunsch“ erhalten habe. Das hätten die Männer als „traditionelle Spielregeln“ bezeichnet. Ex-Nationaltrainer Li Tie räumte ein, Spieler bestochen zu haben. „Die Korruption im chinesischen Fußball existiert nicht nur in bestimmten Einzelbereichen“, sagte der im September 2023 verurteilte Verbandschef Chen in dem Film. „Sie steckt überall, in jedem einzelnen Aspekt.“ Als Fußballfan dürfte Xi das besonders wurmen. Er will China zu Erfolg im Weltfußball verhelfen und einmal die WM ausrichten. Doch mit einer verfilzten Liga ist das kaum möglich.

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