Nach Unterzeichnung der Friedenserklärung bekriegen sich in Gaza die Hamas und rivalisierende Clans. Dabei geht es um die Vorherrschaft in dem weitestgehend zerstörten Gebiet.
Hamas-Kämpfer haben in den vergangenen Tagen deshalb 32 Bandenmitglieder getötet, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. In sozialen Medien kursiert ein Video, das zeigt, wie sieben Männer auf offener Straße erschossen werden. Auch auf Seiten der Hamas gibt es mindestens acht Todesopfer, wie die BBC berichtet.
Großfamilien gegen Hamas: "Menschen rennen vor eigenen Leuten weg"
Der britische Sender berichtet, dass es im Viertel Tel al-Hawa im Süden von Gaza-Stadt zu heftigen Gefechten zwischen den Gruppen gekommen ist. Dabei seien Anwohner ins Gefecht geraten, Dutzende Familien seien aus ihren Häusern gerannt. "Diesmal sind die Menschen nicht vor israelischen Angriffen geflohen", sagte ein Bewohner der BBC. "Sie rannten vor ihren eigenen Leuten weg."
Beide Seiten machen sich gegenseitig den Vorwurf, für die Kämpfe verantwortlich zu sein. Auf Seiten der Clans ist es vor allem die Dughmush-Familie, die als einflussreich gilt und seit Langem ein angespanntes Verhältnis zur Hamas hat. Sie will sich nun offenbar als Sicherheitskraft profilieren und so zu einem wichtigen politischen Akteur nach dem Friedensschluss werden. Anfang Oktober gab es auch Auseinandersetzungen zwischen der Großfamilie al-Mujaida und der Hamas in Chan Junis.
"Völliger Wahnsinn": Israel hat Clans in Gaza bewaffnet
Dass die Clans immer mächtiger werden, liegt auch in Israels Verantwortung. Premierminister Benjamin Netanjahu hatte im Sommer bestätigt, dass seine Armee mit den Gruppen im Kampf gegen die Hamas kooperiert und sie dafür sogar mit Waffen ausstattet.
Allerdings gibt es bei den Clan-Milizen den Verdacht, dass sie einer anderen Terrorgruppe nahestehen: dem Islamischen Staat. Zudem gibt es Vorwürfe, manche Kämpfer hätten Lkw mit Hilfsgütern geplündert. Der israelische Oppositionspolitiker Avigdor Lieberman hatte Israels Kooperation mit den Clans deshalb als "völligen Wahnsinn" bezeichnet.
Trump erteilt Hamas die Erlaubnis, gegen Clans vorzugehen
Aber auch die Hamas will sich nach dem Friedensschluss als Ordnungsmacht in Gaza positionieren. Laut Reuters zeigen ihre Kämpfer wieder mehr Präsenz auf den Straßen. Laut BBC haben die Islamisten 7000 ihrer Sicherheitskräfte in den von israel geräumten Gebieten stationiert, um "Gaza von Gesetzlosen und Kollaborateuren Israels zu reinigen".
Auch das könnte politisch gedeckt sein. US-Präsident Donald Trump sagte am Montag über die Hamas: "Sie wollen die Probleme stoppen, und sie haben das offen gesagt, und wir haben ihnen für eine gewisse Zeit die Genehmigung erteilt." Damit widerspricht Trump seinem eigenen Plan: Der sieht ein entmilitarisiertes Gaza ohne Machtbeteiligung der Hamas vor. Die Hamas hat zwar erklärt, kein Teil einer neuen Regierung sein zu wollen. Eine Entwaffnung lehnen die Islamisten aber ab.
Wer auch immer den blutigen Machtkampf in Gaza gewinnen wird: Sowohl Hamas als auch Clans wie die Dughmush-Familie werden wahrscheinlich weiterhin Waffen besitzen und können das Gebiet damit destabilisieren. Zudem sind islamistische Ideologien unter allen Gruppen weit verbreitet – auch ohne Hamas könnte diese womöglich in einer neuen Regierung vertreten sein.