„So konnte man den Betrieb nicht weiterführen“: Pflegeheim in Bad Heilbrunn steht vor dem Aus

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Das Heilbrunner Seniorenheim wird zum 30. Juni seine Türen schließen. (Archivfoto) © Arndt Pröhl

19 verbliebene Bewohner des Pflegeheims „Zum Jaud“ in Bad Heilbrunn brauchen neue Plätze. Die Einrichtung, für die seit einem Jahr ein Aufnahmestopp gilt, schließt.

Bad Heilbrunn – Es ist eine traurige Nachricht für die Gemeinde Bad Heilbrunn sowie die Bewohner des örtlichen Seniorenheims: „Die Geschäftsführung hat beschlossen, den Betrieb einzustellen“, teilt Insolvenzverwalter Hans-Christian Detzer auf Nachfrage mit. Angehörige und Bewohner seien bereits informiert worden. Ende Juni wird das Heim, das im April einen Insolvenzantrag gestellt hatte, geschlossen.

Seit einem Jahr Aufnahmestopp in Lenggrieser Pflegeheim

Bereits seit etwa einem Jahr hatte beim „Jaud“ ein Aufnahmestopp gegolten. Verhängt wurde er vom Landratsamt, das dem Heim Pflegemängel vorgehalten hatte. „Wir haben uns bemüht, dass dieser Aufnahmestopp aufgeweicht wird, dass wir Modalitäten finden“, sagt Rechtsanwalt Detzer. Ohne Erfolg. „Das Landratsamt hält daran fest.“

Ohne neue Aufnahmen ging die Zahl der Bewohner zurück. „Das ist die Ursache der Krise“, so Detzer. Dazu kam, dass in diesem Monat die Pflegeleitung kündigte, was den ohnehin vorherrschenden Fachkräftemangel verschärfte. „So konnte man den Betrieb nicht weiterführen“, bedauert Detzer. Ganz losgelöst von den wirtschaftlichen Zahlen habe die Geschäftsleitung nur diese Lösung wählen können.

Bad Heilbrunn: 40 Pflegeheim-Mitarbeitern gekündigt

Den über 40 Mitarbeitern wird nun zum 30. Juni gekündigt. Die Bewohner sollen auf jeden Fall bis dahin betreut werden können. Manche Senioren hätten bereits neue Plätze gefunden. Übrig sind derzeit noch 19 Bewohner, für die die Angehörigen eine Unterbringung suchen. Dabei hilft auch das Landratsamt.

Dieses habe umliegende Seniorenheime kontaktiert, um Kapazitäten auszuloten. „Das ist alles nicht einfach“, sagt Detzer. Pflegeheime seien ausgelastet, Angehörige würden ihre Verwandten selbstverständlich am liebsten vor Ort belassen. „Sie zu verlegen bringt Probleme.“ Für jetzt sei die Entscheidung getroffen, so Rechtsanwalt Detzer. „Hier geht es nicht um eine Dosenfabrik, sondern um Menschen. Da müssen wir vorausschauend handeln und können nicht bis zum letzten Moment abwarten.“

Bürgermeister „zutiefst betroffen“ über Pflegeheim-Schließung

Er sei „zutiefst betroffen“ gewesen, als er von der Schließung erfuhr, sagt Heilbrunns Bürgermeister Thomas Gründl. „Die Pflege ist ein genauso bedeutendes Thema wie die Kinderbetreuung.“ Er sei stets stolz auf das Pflegeheim gewesen, habe dort oft Bewohner zu deren Geburtstagen besucht. Er hoffe nun auf tatkräftige Unterstützung durch das Landratsamt.

Letzteres erfuhr am 10. Mai, dass das Seniorenheim „Zum Jaud“ schließen werde, teilt Sprecherin Marlis Peischer in einer schriftlichen Stellungnahme mit. Die schwierige Situation des Seniorenheims sei dem Amt bereits bekannt gewesen. Der Aufnahmestopp im Juni 2023 sei verhängt worden aufgrund von Mängeln in den Bereichen „Körperpflege, Prophylaxen – also Maßnahmen, die dazu dienen, eine Beeinträchtigung der Gesundheit durch Risikofaktoren zu verhindern –, Umgang mit entsprechenden Hilfsmitteln dazu, Ernährung und im Bereich der Behandlungspflege in der Ergebnisqualität“. Dazu sei der akute Mangel an Fachkräften gekommen, der nicht mehr kompensiert werden konnte.

Mängel in Pflegeheim konnten nicht grundlegend behoben werden

Das Landratsamt sei über den gesamten Zeitraum mit der Geschäftsführung des Seniorenheims sowie den gesetzlichen Vertretern in Kontakt gestanden, so Peischer weiter. Einen engen Austausch habe es auch mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MD) sowie zuletzt auch mit der Regierung von Oberbayern, welche die obere Aufsichtsbehörde ist, gegeben. Der MD sowie das Landratsamt hätten ihre Beurteilungen unabhängig voneinander getroffen, seien aber in allem deckungsgleich gewesen.

Ein Aufnahmestopp in einem Heim werde erlassen, damit die Einrichtung entsprechende Maßnahmen treffen könne, um festgestellte Mängel zu beheben. „Die verschiedenen Mängel konnten jedoch über den gesamten Zeitraum seit dem Aufnahmestopp nur in Teilbereichen verbessert und in den grundlegenden systemischen Mängeln nicht behoben werden“, teilt Peischer weiter mit. „Aus diesem Grund konnte der Aufnahmestopp nicht aufgehoben und stattdessen eine höhere Belegung zugelassen werden.“

Angehörige wurden am Mittwoch informiert

Es sei unbestritten, dass durch den Aufnahmestopp Pflegeplätze wegfallen, welche dann in der Finanzierung der Einrichtung fehlen, so Peischer. „Doch muss das Landratsamt dafür Sorge tragen, dass gewisse Standards eingehalten werden, damit die Situation für die Menschen in einer Pflegeeinrichtung nicht gesundheitsgefährdend wird.“ Vor dem Hintergrund, dass Pflegeplätze dringend benötigt werden, sei die Schließung der Einrichtung „sehr bedauerlich“.

Die Angehörigen der 19 Bewohner seien am Mittwoch im Beisein von Mitarbeitern des Landratsamts über die Situation informiert worden. Soweit möglich, versuche die Behörde, den Betroffenen bei der Suche zu helfen. Umliegende Pflegeheime seien gebeten worden, freie Plätze zu melden.

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Das Seniorenheim „Zum Jaud“ wurde 2015 von der Familie Lachmuth übernommen. Zuvor war es als „Alpenhof“ ebenfalls ein Pflegeheim gewesen. Heilbrunns Bürgermeister Thomas Gründl würde sich für die Zukunft wünschen, „dass die Eigentümer wieder etwas ähnliches für unsere ältere Generation eröffnen“.

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