Dekan Soffel wehrt sich gegen Versetzung: Pfarrer spricht von Intrige – schwere Vorwürfe an Kirche

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Der Tölzer Pfarrer und Dekan Heinrich Soffel hat juristisch Widerspruch gegen die Versetzung „in den Wartestand“ eingelegt. © Arndt Pröhl

Der Tölzer Pfarrer und Dekan Heinrich Soffel hat juristisch Widerspruch gegen die Versetzung „in den Wartestand“ eingelegt.

Bad Tölz – Die evangelische Landeskirche sieht eine „nachhaltige Störung“ der Wahrnehmung seines Dienstes in der Tölzer Kirchengemeinde und hat Soffel aller seiner Aufgaben enthoben. Das gab der 58-Jährige auf Anfrage unserer Zeitung in einem gemeinsamen Gespräch mit seinem Anwalt Michael Dreßler bekannt.

Pfarrer Heinrich Soffel wirft der Landeskirche juristische Verfahrensfehler vor

Wie Dreßler erklärte, hat die Landeskirche nun drei Monate Zeit, darüber zu entscheiden. Der Anwalt hält die Versetzung seines Mandanten „in den Wartestand“, wie es im Kirchenrechtsjargon heißt, für rechtswidrig. Der Landeskirchenrat hatte Anfang Mai bekannt gegeben, dass Soffel, der nach wie vor in seiner Dienstwohnung im Gemeindezentrum am Tölzer Schützenweg lebt, hier „nicht mehr tätig“ sei. Soffel und Dreßler behalten sich vor, in einem weiteren Schritt das Kirchenverwaltungsgericht anzurufen.

In dem eineinhalbstündigen Gespräch schilderte Soffel ausführlich seine Sicht auf die Situation in Bad Tölz. Der Pfarrer wirft der Landeskirche vor, juristische Verfahrensfehler begangen und seine Rechte verletzt zu haben. Die Landeskirche habe ihm gegenüber nie begründet, worin die sogenannte nachhaltige Störung bestehe und was die Ursache sei. Damit ein solches kirchenrechtliches Verfahren überhaupt hätte eingeleitet werden können, hätte es im Vorfeld eine Mediation mit allen Beteiligten geben müssen. Diese habe aber nicht stattgefunden, so Soffel. Die Landeskirche habe eine Mediation zwar angeordnet, aber dann abgelehnt mit der Begründung, sie sei zu teuer. „Es ist mir nach wie vor ein großes Anliegen, dass sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen und miteinander die Situation besprechen“, sagt Soffel.

Wenn ich durch die Stadt gehe, treffe ich immer wieder Menschen, die mich vermissen, und die mir von Gerüchten erzählen, was über mich verbreitet wird.

Der Geistliche, der 2021 die Leitung des Dekanats Bad Tölz mit rund 30 000 Protestanten in zwölf Kirchengemeinden in den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach übernommen hatte, sieht sich als Opfer einer Kampagne von „circa zehn Leuten, die hinter meinem Rücken gegen mich opponieren“. Momentan „treibt das Verfahren in Bad Tölz viele um“, sagt der Pfarrer. Wie berichtet, darf Soffel seit Anfang 2023 seine Ämter nicht mehr ausüben, weil die Landeskirche eine Untersuchung einleitete, die schließlich im Februar 2024 mit der Feststellung einer „nachhaltigen Störung“ und zum 1. Mai mit der Versetzung und dem Entzug aller Ämter endete.

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Seit das Verfahren der Landeskirche laufe, seien vier Personen aus dem Tölzer Kirchenvorstand ausgeschieden, berichtet Soffel. „Wenn ich durch die Stadt gehe, treffe ich immer wieder Menschen, die mich vermissen, und die mir von Gerüchten erzählen, was über mich verbreitet wird.“ Seine Familie leide unter der Situation. „Wir fühlen uns wie durch den Wolf gedreht.“

Soffel: Kirchengemeinde befindet sich in keiner leichten Situation

Wie berichtet, berief sich die Landeskirche in ihrer Entscheidung auf eine Kirchenvorstandssitzung im April 2022, in der es Streit über die Unterbringung von Flüchtlingen im Gemeindehaus und über die Betreuung von Schulkindern gegeben hatte. In beiden Fällen habe es einvernehmliche Beschlüsse des Kirchenvorstands gegeben. Anschließend hatten sich Zuhörerinnen an unsere Zeitung gewandt. Es sei eine „schwierige, emotionale Sitzung gewesen, mit Zwischenrufen von Zuschauern“, sagt Soffel. Die Tölzer Kirchengemeinde befinde sich gerade in keiner leichten Situation, unter anderem wegen Personalmangels.

Florian Gruber wird geschäftsführender Dekan

Der Wolfratshauser Pfarrer Florian Gruber (62) übernimmt ab 1. Juni als geschäftsführender Dekan die Leitungsaufgaben im evangelischen Dekanat Bad Tölz. Das teilte die bayerische Landeskirche am Donnerstag mit. Gruber vertrat bereits in den vergangenen 15 Monaten den bisherigen Dekan Heinrich Soffel, den die Kirchenleitung am 1. Mai wegen einer „nachhaltigen Störung“ im kirchlichen Dienst in den Wartestand versetzt hatte.

Zu seiner Berufung sagte Gruber, dass er das gegenseitige Vertrauen und die Zusammenarbeit im Dekanat wieder stärken wolle. Gruber stammt aus München und war nach einer Zeit als Assistent an der theologischen Fakultät der Universität München als Pfarrer in München und Unterhaching tätig, bevor er in die Kirchengemeinde Wolfratshausen kam.

Gruber werde mit einer halben Stelle die Leitungsaufgaben im Dekanatsbezirk Bad Tölz bis auf Weiteres übernehmen, so die Landeskirche. Mit der anderen halben Stelle bleibe Gruber in der Gemeinde in Wolfratshausen tätig. Am 23. Juni soll er in einem Festgottesdienst in Wolfratshausen durch den Münchner Regionalbischof Thomas Prieto Peral für seine neue Aufgabe gesegnet werden.

Im Vorfeld dieser Sitzung sei er unter Druck gesetzt worden, sofort in einer Dienstbesprechung eine weitreichende Entscheidung zu treffen, „aber ich wollte es Kirchengesetz-konform in der Kirchenvorstandssitzung machen“. Das sei dann auch richtigerweise geschehen. Kurz nach dieser Sitzung habe es im Mai eine Klausur des Kirchenvorstands gegeben, „in der wir gesagt haben: Es ist wieder alles in Ordnung“, sagt der Pfarrer. Anschließend sei das Gemeindeleben in gewohntem Umfang weitergegangen. Noch wenige Tage vor Beginn der Untersuchung habe man im Januar im Tölzer Kirchenvorstand lange und einvernehmlich getagt und einstimmige Beschlüsse gefasst.

Soffel will von Entscheidungen erst aus der Presse erfahren haben

Wie Anwalt Dreßler erklärt, müsse für eine „nachhaltige Störung“ und eine damit gerechtfertigte Versetzung einhergehen, dass der Pfarrer seinen Dienst vor Ort „nicht mehr nachhaltig erfüllen kann“. Das sei aber nicht der Fall. „Wir möchten von der Landeskirche tatsächliche Gründe für die Entscheidung mitgeteilt bekommen.“ Die bisherigen Unterlagen basierten nur auf „Wertungen und Abstraktionen“. Stattdessen werde Soffel vorgeworfen, „dass er die Gründe nicht sehe“. Soffel sagt, die Landeskirche habe sich darauf versteift, „dass ich wegmuss“. Er fühle sich in einer „ohnmächtigen Lage“. Rechtsanwalt Dreßler wirft der Landeskirche vor, Konfliktursachen zu personalisieren und durch eine Versetzung beseitigen zu wollen.

Soffel und Dreßler werfen der Landeskirche in dem gesamten Verfahren nicht nur juristische Fehler vor. Es geht beispielsweise auch darum, dass Soffel Entscheidungen zur Zukunft seiner Person erst aus der Presse erfuhr und dass seine Versetzung derart kurzfristig erfolgte, dass er innerhalb von wenigen Tagen seine Wohnung zu verlassen hätte.

Rechtsanwalt will „konstruktive Lösung“ mit der Kirche

Apropos Versetzung: „Das Amtsblatt ist voll von freien Stellen“, sagt Soffel. Allerdings wurde ihm von der Landeskirche mitgeteilt, „dass alle derzeit freien Stellen ihm nicht übertragen werden könnten“. Soffel sagt, er arbeite „seit über 25 Jahren unbeschadet für die evangelische Kirche“ und habe hervorragende Zeugnisse. „Worauf sollte ich mich denn jetzt bewerben? Und wohin so schnell wie möglich weggehen?“ Er fühle sich bei diesem Umgang in seiner Menschenwürde verletzt.

Die ehemalige Wirkungsstätte: Der in den „Wartestand“ versetzte Dekan Heinrich Soffel war in der Tölzer Johanneskirche tätig. In der Kirchengemeinde habe es eine „Kampagne“ gegen ihn gegeben, sagt der Geistliche.
Die ehemalige Wirkungsstätte: Der in den „Wartestand“ versetzte Dekan Heinrich Soffel war in der Tölzer Johanneskirche tätig. In der Kirchengemeinde habe es eine „Kampagne“ gegen ihn gegeben, sagt der Geistliche. © Arndt Pröhl

Rechtsanwalt Dreßler sagt, man sei bereit für ein Gespräch, „um eine andere konstruktive Lösung des Rechtsstreits zu finden“. Die Landeskirche wünsche sich „einen Neubeginn“ in Bad Tölz. „Es stellt sich jedoch die Frage, ob es wirklich dazu kommen könne, allein durch einen Wechsel seines Mandates.“ Tatsachen klar zu benennen, eröffne den Weg zu einer befriedenden Lösung.

Die Landeskirche schrieb in einer Mitteilung zur Causa Soffel Anfang Mai, dass „der Landeskirchenrat in Kürze beschließen wird, wie es vor Ort weitergehen kann“. Eine Nachfrage zum konkreten zeitlichen Rahmen und zur genauen Vorgehensweise blieb unbeantwortet. (müh)

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