Waldbesitzervereinigung Kempten zieht positive Bilanz für 2023 und kritisiert manche politische Vorhaben

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Rote Karte gegen die Politik zeigten die Mitglieder der Waldbesitzervereinigung Kempten bei ihrer Jahresversammlung. © Fischer

Auf ihrer Jahresversammlung zog die „Waldbesitzervereinigung Kempten, Land und Stadt“ eine positive Bilanz für das Jahr 2023. Doch sie übte auch Kritik.

Kempten/Oberallgäu – Der Verein „Waldbesitzervereinigung Kempten, Land und Stadt“ (WBV) vertritt die Interessen des privaten Waldbesitzes im nördlichen Teil des Landkreises Oberallgäu und in Kempten. Ende 2023 gehörten ihm 1.630 Mitglieder an. Die meisten besitzen eine Waldfläche, die weniger als fünf Hektar umfasst.

Die Aufgaben der Waldbesitzervereinigung Kempten und Rückblick auf das Jahr 2023

Die Hauptaufgabe der Organisation ist die Holzvermarktung. Das Jahresergebnis 2023 mit 35.544 Festmetern (fm) lag unter dem des Vorjahres mit 41.478 fm, was auf die großen Niederschlagsmengen am Jahresende zurückzuführen ist, berichtete Franz Prestel, Erster Vorstand des Vereins, auf der Jahresversammlung in Buchenberg. Das Jahr 2024 habe gut angefangen, ergänzte Geschäftsführer Konstantin Lenk, man werde bis Dezember wahrscheinlich die Marke 38.000 fm erreichen.

Waldbauliche Beratung und Waldpflege gehören auch zu den Aufgaben der Waldbesitzervereinigung. Für Letztere wurden 2023 vier neue Verträge über acht Hektar abgeschlossen, hiermit übernimmt die Organisation für etwa 730 Hektar Waldfläche und rund 100 Vertragspartner die entsprechenden Arbeiten. Im Vereinsgebiet wurden 2023 insgesamt 50.835 Bäume gepflanzt, etwa 40 Prozent davon durch die WBV Kempten. Fichte und Tanne belegen die Spitzenplätze mit jeweils 27 Prozent der Neupflanzungen.

Neu im Jahresprogramm war ein Waldfamilientag für Jung und Alt. „Auch die, die sich um den Wald kümmern, benötigen junge Generationen“, betonte der Vorsitzende. Neben den klassischen Rundschreiben und Newslettern nutzt die WBV verstärkt Facebook und Instagram.

„Schlicht nicht praktikabel“: Kritik der Waldbesitzer an manchen politischen Vorgaben

Als Mitglied im Allgäuholz Markenverband leistet der Verein auch politische Lobbyarbeit, Gesetzesvorhaben der EU- und des Bundes werden von der WBV kritisch begleitet. Wichtig für Waldbesitzer ist das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law). Proteste löst die geplante Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten (EUDR) aus. „Diese wäre ein Bürokratiemonster par excellence, gegen die wir uns gemeinsam wehren müssen“, sagte Prestel. „Wir haben hierzulande kein Entwaldungsrisiko, unsere Waldflächen und Holzvorräte nehmen zu.“ Nach der Verordnung müssten Waldbesitzer ab 2025 jeden Stecken Holz, der verkauft werde, mit einer Geolokalisation nach Brüssel melden. Dass er gleich im Internet angeben müsse, wenn er etwas seinem Schwager verkaufe, findet der Vorsitzende „schlicht nicht praktikabel“.

„Unglaublich, was man sich da ausdenkt“, sagte Prestel zum Entwurf des neuen Waldgesetzes der Bundesregierung. Er sprach von „rückwärtsgewandter Planwirtschaft“, die die „nachhaltige, umweltgerechte und klimafreundliche Holzproduktion“ zurückdrängen wolle. Der Vorsitzende forderte die Mitglieder auf, ähnlich wie letztes Jahr bei der Infragestellung von Holz als regenerative Energiequelle, der Politik die Rote Karte zu zeigen. Josef Kiechle nutzte seinen Bericht als Kassenprüfer, um im Anschluss in einer persönlichen Ansprache noch kritischere Töne anzuschlagen: Als „unsere Feinde“ bezeichnete er die Umweltministerin, die NGOs und konkret den Verein Wildes Bayern, der „uns mit Klagen überzieht“.

Luitpold Titzler, Abteilungsleiter im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kempten, wies in seinem Kurzbericht darauf hin, dass die von Borkenkäfern verursachte Schadholzmenge den höchsten Stand erreichte, den es in Bayern je gab (siehe auch hier). Im Süden sei die Situation viel erträglicher als im Norden. Trotzdem gebe es eine latente Gefahr, rasches Handeln sei nötig: Das Schadholz müsse aus den Wäldern raus.

Die Weißtanne und der Generationswald als Hoffnungsträger

Den Fachvortrag des Abends hielt Professor Thomas Knoke, Lehrstuhlleiter für Waldinventur und nachhaltige Nutzung an der Technischen Universität München, über „Die wirtschaftliche Bedeutung der Weißtanne in ungleichaltrigen Mischwäldern“. Auf 15 Milliarden Euro bezifferte er die Waldschäden, die zwischen 2018 und 2021 in Deutschland durch Extremwetter entstanden sind. In dieser Situation stelle sich die Frage: Wie könnte ein ökonomisch optimaler Waldbestand aussehen?

Sein Vorschlag ist ein „Generationswald“, in dem junge, ältere, alte und sehr alte Bäume auf derselben Fläche stehen. Solche Misch­wälder entstehen durch Vorausverjüngung und bringen nach seiner Berechnung bis zu 25 Prozent mehr ein als Monokulturen. „Eine unsichere und anspruchsvolle Zukunft benötigt Vielfalt“, sagte Knoke. Der Weißtanne könne hierbei eine große Rolle zukommen, weil sie bei trockenem Wetter langsamer wachse und so stabil bleibe. Bei ausreichendem Niederschlag erhole sie sich schnell.

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