In Schongau werden die Lebensretter der Zukunft ausgebildet: „Ja, uns gibt es noch“

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Gute Versorgung, gute Laune: Die Patientinnen Christine Krois (l.) und Anna Weber (r.) mit der Auszubildenden Milena Heberle und Ausbilder Thomas Meyer auf der Station der Akutgeriatrie im Schongauer Gesundheitszentrum. © Sebastian Tauchnitz

Die Berufsfachschule für Pflege der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH ging im Streit um die Zukunft des Schongauer Krankenhauses immer ein bisschen unter. Dabei werden hier derzeit rund 100 dringend benötigte künftige Fachkräfte ausgebildet. Und das geht in Zukunft auch so weiter.

Der Mangel an Pflegekräften ist deutschlandweit ein großes Problem. Ein probates Mittel, dem zu begegnen, ist, seinen Mitarbeiternachwuchs einfach selbst auszubilden. Seit über 50 Jahren gibt es nun schon die Berufsfachschule für Pflege in Schongau. Sie findet sich auf dem Gelände des Gesundheitszentrums. Rund 100 junge Menschen absolvieren dort gerade ihre Ausbildung. Entweder die einjährige zur Pflegefachhilfe oder die dreijährige als Pflegefachmann/-frau.

95 Prozent der Auszubildenden sind direkt bei der Krankenhaus GmbH beschäftigt, dazu kommen vier Auszubildende vom Klinikum in Garmisch und eine von der AWO in Peiting. Die genannten Unternehmen sind dann die Träger der praktischen Ausbildung, erklärt Simone Klausmann, die diesen Teil koordiniert. Denn die jungen Menschen drücken nicht nur in Schongau die Schulbank, sie sammeln auch wertvolle Praxiserfahrungen.

Debatte über Schongaus Krankenhaus hinterließ Spuren

Es gibt immer noch viele junge Menschen, die sich für den Beruf entscheiden, sagt Schulleiter Thomas Schäfer. Allerdings hat die jahrelange, erbittert geführte Debatte über die Zukunft des Schongauer Krankenhauses auch bei der Pflegeschule Spuren hinterlassen. „Vielen fragen uns, ob es uns überhaupt noch gibt, nachdem das Krankenhaus in ein Gesundheitszentrum umgewandelt wurde“, sagt Schäfer. Und stellt klar: „Uns gibt es noch.“

Er kann nicht sagen, ob es an der Debatte oder an der aktuellen Arbeitsmarktlage liegt, dass es deutlich schwieriger als früher ist, Bewerber zu finden. Aber es falle schon auf, dass es großer Bemühungen bedarf, um die Klassen voll zu bekommen. Vor Jahren noch undenkbar, aber mittlerweile Realität: Für das im September beginnende Ausbildungsjahr stehen 30 Plätze bereit, erst 23 sind besetzt. Die Berufsfachschule für Pflege in Schongau steht mit diesem Problem freilich nicht alleine da. Bundesweit seien derartige Bildungseinrichtungen nur zu etwa 70 Prozent ausgelastet, sagt Schäfer.

Der Wettbewerb ist also hart, aber die Schongauer sind sich sicher, dass sie ein gutes Paket geschnürt haben, mit dem sie bei den Bewerbern punkten können. Dazu gehört auch, dass bei Bedarf Wohnraum für die Auszubildenden vermittelt werden kann. In Schongau gibt es ein Wohnheim, in Weilheim stellt die Krankenhaus GmbH Wohnungen für Azubi-WGs bereit. Auf ihrer Homepage wirbt die Schule damit, dass die Azubis alle ein iPad gestellt bekommen und keine Bücher mehr schleppen müssen, weil die nötigen Lehrbücher alle als eBook vorliegen.

Eingespieltes Team: Die Koordinatorin der praktischen Ausbildung, Simone Klausmann, und Schulleiter Thomas Schäfer von der Berufsfachschule für Pflege in Schongau.
Eingespieltes Team: Die Koordinatorin der praktischen Ausbildung, Simone Klausmann, und Schulleiter Thomas Schäfer von der Berufsfachschule für Pflege in Schongau. © Sebastian Tauchnitz

Deutlich wichtiger sind allerdings auch die Rahmenbedingungen. „Ich kenne kaum eine Ausbildungseinrichtung, bei der Station und Schule so gut vernetzt sind wie bei uns“, sagt Simone Klausmann. Pflegedirektorin Anne Ertel ergänzt: „Als ich 2014 bei der Krankenhaus GmbH angefangen habe, gab es keinen zentralen Praxisanleiter. Jetzt haben wir mittlerweile zehn Kollegen, die freigestellt sind und sich ausschließlich um die Ausbildung des Nachwuchses kümmern.“

Gute Chancen auf Übernahme nach Ende der Ausbildung

Das zahlt sich aus. Insbesondere mit Blick darauf, dass sich die Ausbildung seit 2020 fundamental geändert hat. Nun wird ein generalistischer Ansatz verfolgt, wird nicht mehr zwischen Alten- und Krankenpflege unterschieden. „Dadurch lernen die Auszubildenden alle Bereiche der Pflege besser kennen“, sagt Schulleiter Schäfer. Es wird mehr Augenmerk auf die Pflege und die Organisation gelegt. Den Schülern fehlt bisweilen dabei aber ein bisschen die naturwissenschaftliche und medizinische Tiefe in der Ausbildung.

Dies wird zu großen Teilen durch die Praxisanleiter aufgefangen, die sich dafür besonders qualifiziert haben. Dennoch sagt auch Schäfer: „Schlecht wäre es nicht, wenn sich an die dreijährige Ausbildung noch ein weiteres Jahr anschließen würde, in dem die Absolventen berufsbegleitend noch eine Weiterbildung im fachlichen Bereich durchlaufen.“ 2025 soll eine Evaluierung stattfinden, da könnte das durchaus zur Sprache kommen, hofft er.

Ein weiterer Punkt, der bislang für eine Ausbildung an der Fachschule für Pflege in Schongau sprach, war, dass man sich in der Regel keine Gedanken machen musste, wo man im Anschluss an die Lehre arbeitet. Ganze Jahrgänge wurden nach dem Abschluss komplett von der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH übernommen. Und auch heuer werde man versuchen, „dass die Schüler, die im Anschluss an ihre Ausbildung bleiben wollen, auch ein Angebot bekommen“, verspricht Pflegedirektorin Anne Ertel im Gespräch mit der Heimatzeitung.

In den vergangenen Wochen und Monaten riss die Debatte um die Transformation der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH nicht ab. Nach Massenentlassungen im März wurde das Krankenhaus geschlossen und in ein Gesundheitszentrum verwandelt. Im Anschluss beklagten ehemalige Mitarbeitende, dass, nur wenige Wochen nach ihrer Entlassung und Umsetzung eines teuren Sozialplans, schon wieder um neue Mitarbeiter geworden wurde. Zudem sollten die Entlassenen auf einmal einen Teil der Abfindung wieder zurückzahlen. Die Krankenhaus GmbH verweigerte dazu nähere Auskünfte.

„Man muss gern mit Menschen arbeiten“

Die Corona-Pandemie warf ein grelles Licht auf die Zustände in der Pflegelandschaft. Auf der einen Seite gab es Wertschätzung und Applaus, auf der anderen Seite wurden aber auch die Bezahlung und die Arbeitsbelastung thematisiert. Ob das Auswirkungen auf die Bewerberzahlen bei der Berufsfachschule für Pflege in Schongau hatte, kann deren Leiter Thomas Schäfer nicht sagen. Dafür weiß er genau, welche Fähigkeiten gefragt sind, wenn man sich für einen Beruf in der Pflege interessiert: „Man muss gern mit Menschen arbeiten.“ Das sei eine der Grundvoraussetzungen und gleichzeitig einer der Hauptgründe, warum sich junge Menschen für die Ausbildung entscheiden. Dazu komme noch Empathie, Teamfähigkeit, Neugierde und ein ausgeprägtes Organisationstalent. Denn Pflegekräfte seien schon lange nicht mehr nur die Menschen im Hintergrund, die neben dem Arzt stehen. Sondern selbstbewusste Manager mit großer Eigenverantwortung.

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