Zwischen Aufguss und Performance: Ein Ostallgäuer nimmt bei internationalen Sauna-Meisterschaften teil
Der Ostallgäuer Patrick Witte stellt sich bei den Aufguss-Meisterschaften der internationalen Konkurrenz. Im Gespräch mit dem Kreisbote sprach er über seine Leidenschaft und darüber, worauf es bei einer Meisterschaft im Saunen ankommt.
Ostallgäu – Ein heißer Sport, der offiziell nicht einmal als solcher deklariert ist. Man stelle sich zwei Teilnehmende vor, die sich bei über 60 Grad Celsius und 75 Prozent Luftfeuchtigkeit vor einer Jury tänzerisch zur Musik bewegen, dabei mit bravouröser Technik ihr Handgerät durch die Luft wirbeln, hochwerfen und es wieder auffangen.
Bei den Sauna-Meisterschaffen trifft Tanzperformance auf Aufguss
Obgleich es kein Sport ist, gibt es diverse Wettbewerbe, bis hin zur Weltmeisterschaft. Dabei werden unter anderem Technik, Ausführung, Musikalität und Tanz sowie Originalität bewertet. Doch im Gegensatz zur Rhythmischen Sportgymnastik oder Breakdance werden die Aufguss-Meisterschaften aller Wahrscheinlichkeit nach niemals olympisch. Denn im Fokus des Tuns, steht bei aller sportlicher und tänzerischer Performance: der Sauna-Aufguss.
Wie wird man Aufguss-Meister? Patrick Witte ist gelernter Fachangestellter für Bäderbetriebe. Die Ausbildung absolvierte der Fünfundzwanzigjährige in Bad Wörishofen. Dort lernte er seine heutige Freundin, Cindy Jahn, kennen. Nach viereinhalb Jahren Bäderbetrieb orientierte sich der gebürtige Kaufbeurer zunächst beruflich anders.
Doch Cindy und er waren Stammgäste in der Kristalltherme in Kochel und so kam es, dass sie vom dortigen Saunaleiter angesprochen wurden, der die beiden für die Kristalltherme in Schwangau gewinnen konnte. Da die Kristall Bäder AG Ausrichter der jährlichen „Masters Freestyle und Aufguss“ ist, für die sich international jede und jeder Interessierte bewerben kann, war die Hürde für eine Teilnahme für die Beiden gering.
So wird man Aufguss-Meister
Schritt eins für die Teilnahme ist ein Video auf Instagram unter dem Hashtag #mastersfreestyleaufguss. Wer es als einer der zehn Männer und zehn Frauen in die Qualifikation schafft, darf bei einer der fünf Qualifikationsrunden in Deutschland, Italien, Tschechien und den Niederlanden teilnehmen. Der Regel- und Kriterienkatalog ist äußerst umfangreich, wobei die Punkte, die von einer unabhängigen Jury vergeben werden, übersichtlich auf einer DIN A4-Seite zusammengefasst sind.
Per Losverfahren wird bei den Frauen und Herren getrennt ein Duo ausgewählt, das zusammen aufgießt, wobei die Saunen so groß sind, dass jeder seinen eigenen Aufgussbereich hat. Wer in der Therme Schwangau den großen Kaisersaal kennt, kann sich diesen mal zwei denken. Aufgegossen wird über vier Runden, insgesamt etwa 13 Minuten. Die erste und zweite Runde fällt unter den Begriff „Modern Classic“. Den begleitenden Song dürfen sich die Aufgießenden aussuchen, wobei dieser Vorteil aufgrund des Duos für jeden nur in einer der beiden Runden greift.
Auf die Rückfrage, man könnte sich hier zuvor absprechen, meint Witte: „Ne, ne, seinen Song verrät man nicht.“ Da bei den „Masters Freestyle Aufguss“ nicht nur der Wettkampfgedanke, sondern auch das miteinander Wedeln und voneinander Lernen im Fokus stehen soll, gibt es seit letztem Jahr als Drittes eine Kooperationsrunde. Hier muss sich das ausgeloste Duo eine gemeinsame Performance überlegen und zusammen ein Lied auswählen.
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Patrick Witte als Finalist in Kochel dabei
Witte und sein Kontrahent spielten 2023 zwei verlorene Brüder, die zunächst richtig sauer aufeinander waren, was sie der Jury in tänzerischem Ausdruck und epischen Handtuchwürfen präsentierten. In der vierten und letzte Runde sucht der DJ eine meist temporeiche Musik aus. Es gilt noch einmal alles an Wurf- und Tanztechnik zu zeigen und trotz des hohen konditionellen Anspruchs die Regeln für das Aufgießen nicht außer Acht zu lassen. Mit seiner Leistung konnte sich Witte im Gegensatz zu Jahn, deren Interesse mehr bei den klassischen Themenaufgüssen liegt, für das Finale 2024 in Kochel qualifizieren.
Dieses geht über mehrere Tage und fordert von jedem Finalisten vier solcher Aufgüsse bevor sich die beiden besten Damen und Herren in einem Grande-Finale messen. Leider konnte Witte 2024 sein Können nur bei zwei der vier Runden unter Beweis stellen. Aufgrund eines Magen-Darm-Infektes meldete er sich früh am Morgen des dritten Tages ab. Seine tägliche Übungszeit von 30 bis 45 Minuten an freien Tagen, neben den Aufgüssen bei der Arbeit, machte sich somit nur bedingt belohnt.
Auf die Frage, was ihn antreibe täglich besser zu werden, antwortet er: „Ich bin gar nicht so sehr der Wettkampftyp. Mein Ziel ist es, wieder beim Finale mit dabei zu sein und diesmal an allen vier Tagen!“ Das erinnert an den olympischen Gedanken: „Dabei sein ist alles!“.
Apropos Olympia, abgesehen davon, dass Sauna-Aufgüsse bis dato nicht als Sport deklariert sind, gibt es noch ein K.o.-Kriterium für eine Aufnahme in das olympische Programm, bzw. für eine weltweite TV-Übertragung: Das Publikum ist nackt.
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