Ein generationenübergreifendes Projekt feiert am Samstag in Weyarn Premiere: Künstler Gunnar Matysiak (78) und Schülerin Christina Kapfhammer (15) stellen ihr gemeinsames Kinderbuch „Moosmurmel und Nebelmaus“ vor.
Weyarn – „Dass ein junges Mädchen und ein alter Mann sich zu einem gemeinsamen Projekt zusammenfinden, ist wohl in heutiger Zeit eher ungewöhnlich“, meint Matysiak. Der 78-Jährige, der in Holzolling lebt und als Zeichner von „Rennschwein Rudi Rüssel“ sowie als Verpackungs- und Markendesigner sehr erfolgreich war, hat in den 80er-Jahren viel fürs Kinderfernsehen gearbeitet. Seine „Zugmaus“ war damals der größte Zeichentrickfilm-Auftrag des WDR, es folgten etliche Aufträge für den Bayerischen Rundfunk. „Ein Kindermärchen konnte ich aber nicht mehr realisieren, weil das Sendeformat geändert wurde“, erinnert sich Matysiak: „Der ,Tigerenten Club‘ hatte Magazincharakter, da gab es keine 30-Minuten-Geschichten mehr.“
So blieb die Geschichte „Moosmurmel und Nebelmaus“ in der Schublade. 35 Jahre lang. Bis jetzt. Vor einigen Monaten habe der Förderverein Bücherei bei ihm angefragt, ob er nicht im Herbst mal wieder eine Lesung machen wolle. „Und meine Tochter wollte, dass ich für die Enkelkinder was lese, auch auf Tonträger.“ So machte sich Matysiak ans Werk. Aber nicht allein.
Denn Malen nach Vorlage, das kommt für den Künstler im Ruhestand nicht mehr infrage – „selbst wenn es meine eigene Geschichte ist“, sagt er. Sein Motiv sind inzwischen Bäume, die er mit so feinem Strich und detailversessen malt, dass sie gleichermaßen realistisch wie sphärisch wirken – wie ein Bild gewordener Traum. Als er überlegte, wer die Illustration der Geschichte übernehmen könnte, fiel ihm ein besonderes Talent ein, das ihm vor drei Jahren bei einem Ferienkurs aufgefallen war, den er für Kinder gegeben hatte. Christina Kapfhammer wohnt mit ihren Eltern gerade mal zwei Häuser weiter. Und hatte gleich Lust auf das Projekt, auch wenn die Mittelschülerin wegen der Quali-Prüfungen den Auftrag in die Sommerferien legte.
Malen als Leidenschaft
Das Malen ist – neben dem Bogenschießen – eine richtige Leidenschaft von Christina. „Ich male, seit ich einen Stift halten kann“, sagt die 15-Jährige. Sie hat Kurse besucht, doch das meiste brachte sie sich selbst bei. Sie arbeitet mit Bleistift, Buntstiften, Acrylfarbe. Und besonders gern: mit Aquarellfarbe. Die Technik wählte sie auch für die Illustration von „Moosmurmel und Nebelmaus“. Auch wenn es natürlich Tage gab, an denen ihr die Gemälde nicht so leicht von der Hand gingen: Die Inspiration fiel der jungen Künstlerin nicht allzu schwer. „Der Text ist sehr gut geschrieben, ich hab‘ gleich gesehen, was ich malen will.“
Profi Matysiak war bass erstaunt über die Schaffenskraft seiner jungen Nachbarin. „Bei mir trafen bündelweise Zeichnungen ein.“ Insgesamt rund 40 wunderbar zarte Illustrationen. Das Buch, das die beiden drucken ließen, hat 64 Seiten. Auf jeder Doppelseite ist ein ganzseitiges Bild von Christina abgebildet. Ihre Werke sollen natürlich auch bei der Lesung am Samstag, 16. November 2024, um 15 Uhr bei freiem Eintritt im Bürgergewölbe in Weyarn groß rauskommen: Sie werden, begleitend zur Geschichte, mit einem Beamer an die Wand projiziert. Das Märchen für alle ab fünf Jahren lesen der alte Profi und die junge Nachwuchskünstlerin abwechselnd.
Lesung im Bürgergewölbe
Darin geht es um den Mausebuben Hermann und seinen Kumpel Murmel, den kleinen Kieseltroll mit dem Moos auf dem Kopf. Weil eines Tages alle Büsche und Bäume, die bisher grün waren, grau oder fast schwarz geworden sind, machen sich die beiden auf den abenteuerlichen Weg, die Sache wieder in Ordnung zu bringen... Das Buch (Hardcover, 64 Seiten) gibt es ausschließlich bei der Lesung vor Ort zu 15 Euro zu kaufen. Die Auflage ist mit 40 Exemplaren sehr begrenzt. Den Erlös teilen sich der 78-Jährige und die 15-Jährige ebenso wie die Investitionskosten. Richtig professionell eben.
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Zum Beruf machen wird die junge Künstlerin ihre kreative Leidenschaft wohl nicht. Auch Matysiak rät davon eher ab. Er rechnet damit, dass gerade in der heutigen Zeit mit rasanten Entwicklungen in der KI noch weniger Aufträge bleiben für handgemachte Illustrationen und Grafiken. Christina strebt derzeit die Mittlere Reife im M-Zug der Mittelschule an, will sich danach für eine Ausbildung zur Gärtnerin bewerben. Aber das Malen und Zeichnen wird sie weiter durchs Leben begleiten, da ist sich die junge Holzollingerin sicher.